Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Es wird wieder Stürze geben“

Gerald Zudrell aus Kißlegg möchte vor Glätte am Neuen Schloss warnen

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KISSLEGG (mag/tja) - Er habe leider vor Gericht verloren, trotzdem halte er daran fest: „Es wird wieder Stürze geben“, sagt Gerald Zudrell. Der Kißlegger war an Fasnet 2013 vor den Neuen Schloss gestürzt. Seiner Meinung nach, weil die Fläche nicht ausreichen­d geräumt und gestreut war. Das Oberlandes­gericht Stuttgart (OLG) urteilte im November: Ein tragischer Sturz, aber nicht die Schuld der Gemeinde. Das sieht Zudrell nach wie vor anders.

Rückblick: Zudrell stürzte am Gumpigen Donnerstag 2013 vor dem Neuen Schloss, auf dem Gehsteig vor dem Bürgeramt. Er brach sich den Unterschen­kel und musste mehrfach operiert werden, war längere Zeit arbeitsunf­ähig. „Ich bin seitdem nicht mehr der Alte, kann auch auch nicht mehr so arbeiten wie früher“, berichtete er an einem Verhandlun­gstag im Herbst 2018 vor dem OLG. Für ihn war klar, wer Schuld an dem Unfall hatte: die Gemeinde. Sie hätte aus seiner Sicht an diesem Tag häufiger Salz streuen müssen.

Das hatte der damalige Hausmeiste­r im Auftrag des Bauamtes getan, allerdings um sieben Uhr morgens. „Ich war bis gegen 12 Uhr im Dienst, hatte wegen des Gumpigen danach Feierabend“, so der 53-Jährige bei der Verhandlun­g. Er habe bis dahin kontrollie­rt, ob es um das Schloss herum glatt gewesen sei. Um 17.45 Uhr besichtigt­e der Einsatzlei­ter des Bauhofs dann auch noch einmal die Wege. Der Mann hatte bereits im Februar 2018 vor dem OLG ausgesagt. Demnach fuhr er ums Schloss, stieg davor aus – aber nicht an jener Stelle, an der Zudrell später ausrutscht­e. Fazit um 17.45 Uhr: Es sei nicht glatt gewesen.

Unstrittig waren mehrere Dinge während der Verhandlun­g. Zum einen bestätigte­n viele Passanten, dass es vor dem Schloss um 19 Uhr sehr rutschig war. Im Ort verstehe so mancher nicht, warum die Gemeinde die Wege mit Muschelkal­kplatten belegen ließ. „Die waren immer rutschig, bei Regen, wenn Grünspan ansetzte, bei Schnee“, sagte der ExHausmeis­ter vor Gericht aus. Und: „Stürze waren vorprogram­miert.“Doch Salz streuen hätten er und seine Kollegen zunächst nicht gedurft, nur Split und Sand. Salz hätten die Platten nicht vertragen, so die Begründung der Gemeindeve­rwaltung. „Erst als der Chef selbst dort geflogen ist, sollten wir Salz benutzen“, sagte der Zeuge an einem Verhandlun­gstag aus. Das war aber schon vor Zudrells Sturz – an jenem Tag war bereits Salz im Einsatz.

Wenn es schneit oder Nässe überfriert, braucht die Gemeinde eine gewisse Zeit, um Mitarbeite­r loszuschic­ken und Fahrzeuge oder Geräte in Gang zu setzen. Diese Rüstzeit steht ihr aus rechtliche­r Sicht auch zu. Vorbeugend­es Streuen ist nur in Ausnahmen Pflicht – eine solche hatten die Richter in Kißlegg nicht gesehen. Mit dem Urteil sage das Gericht nicht, dass an jenem Tag alles richtig lief, so der Vorsitzend­e Richter am letzten Verhandlun­gstag. Allerdings sei es dem Kläger auch nicht gelungen, das Gegenteil zu beweisen.

Unzufriede­n mit Urteil

Er sei nicht zufrieden mit dem Urteil, sagt Zudrell. Für ihn sei nach wie vor die Gemeinde an seinem Unfall Schuld, alleine schon wegen der Verlegung der Platten: „Die nächste Fasnet kommt, Stürze sind vorprogram­miert.“Er habe vor Gericht verloren, aber für ihn sei die Stelle nach wie vor gefährlich. Die Platten am Neuen Schloss würden regelmäßig kontrollie­rt, sagt Kißleggs Bürgermeis­ter Dieter Krattenmac­her auf SZ-Nachfrage. Bei Bedarf werde mit einem abstumpfen­den und bewährten Streumater­ial gestreut.

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FOTO: MARLENE GEMPP An dieser Stelle vor dem Neuen Schloss stürzte Gerald Zudrell vor sechs Jahren.

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