Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein Masterplan, der funktionie­rt hat

Für die neue Spannung in der Volleyball-Bundesliga gibt es gute Gründe – Ligasponso­r soll bald kommen

- Von Christian Schyma

FRIEDRICHS­HAFEN - Die Volleyball­er des VfB Friedrichs­hafen können am Samstag mit einem Sieg gegen den Dritten Lüneburg (19.30/sporttotal.tv) in der ZF-Arena die Tabellenfü­hrung in der Bundesliga übernehmen – aber auch nur, weil das Spiel der Alpenvolle­ys gegen VCO Berlin wegen des Schnees in Unterhachi­ng abgesagt wurde.

Die Alpenvolle­ys spielen bisher eine hervorrage­nde Saison in der Bundesliga, haben den VfB geschlagen und erst einmal verloren. 26 Punkte hat das Kooperatio­nsprojekt aus Innsbruck und Unterhachi­ng, 24 der VfB. Dahinter liefern sich die SVG Lüneburg, (23), die United Volleys Frankfurt (20), die Powervolle­ys Düren (20) und der Deutsche Meister, die Berlin Volleys (20), ein Kopfan-Kopf-Rennen. In der Volleyball­Bundesliga geht es so eng und spannend zu wie zuletzt Ende der 1990er Jahre. Und die SVG Lüneburg bestätigt mit dem Einzug ins Pokalfinal­e gegen die Häfler den Eindruck, zur Spitzenman­nschaft gereift zu sein.

„Zeit ist nicht mehr so weit, dass ein anderer Club Meister wird“

„Die Zeit ist nicht mehr so weit, dass mal ein anderer Club als Berlin oder Friedrichs­hafen deutscher Meister wird“, glaubt Bernd Schlesinge­r, der sportliche Leiter der SVG Lüneburg. Der 59-Jährige ist ein alter Hase im Volleyball-Zirkus, hat in den mehr als drei Jahrzehnte­n seines Schaffens die Glückwünsc­he aber durchweg zum Bodensee oder nach Berlin schicken müssen. Der Volleyball in Deutschlan­d habe gerade in den vergangene­n Jahren deutliche Schritte nach vorne gemacht – was das spielerisc­he Niveau, aber auch die Profession­alität in den Vereinen betrifft. „Das Spiel ist viel dynamische­r geworden, es wird intensiver trainiert, das Niveau ist gestiegen“, sagt Schlesinge­r.

Als einen Grund für den Aufschwung nennt Schlesinge­r den von der Volleyball-Bundesliga erstmals 2013 auferlegte­n sogenannte­n „Masterplan“. Dieser Plan habe „viel bewirkt, auch wenn er die Vereine zunächst unter Druck gesetzt hat und sie nicht ad hoc alles umsetzen konnten“, so Lüneburgs Manager. Die Vereine verpflicht­eten sich in diesem Masterplan, dem 2017 eine aktualisie­rte Version folgte, unter anderem dazu, ihre Strukturen zu profession­alisieren.

Klaus-Peter Jung, der Geschäftsf­ührer der Volleyball-Bundesliga, sieht im Masterplan den Schlüssel für den Aufschwung vieler Bundesliga­vereine. „Der Weg in den vergangene­n vier Jahren war eine Herausford­erung. Wir haben in die Liga investiert, Medienvert­räge abgeschlos­sen, bei der wirtschaft­lichen Ausstattun­g geholfen und an einem einheitlic­hen Erscheinun­gsbild gearbeitet.“Und inzwischen habe man es geschafft, konkurrenz­fähig gegenüber Sportarten wie Basketball, Handball oder Eishockey zu sein. Sporttotal.tv überträgt seit dieser Saison alle Bundesliga­spiele live per Internetst­ream, daneben werden einige ausgewählt­e Spiele auf Sport 1 und die Champions-League auf Eurosport live übertragen. Bislang hatte praktisch nur das Duell zwischen dem VfB und den Berlin Volleys für großes mediales Interesse gesorgt, doch inzwischen sei man schon auf dem Weg dahin, „dass alle Bundesliga-Partien interessan­t werden“. Da helfe es enorm, dass die Liga so ausgeglich­en daherkommt wie in dieser Saison. Die Nachverwer­tung im öffentlich-rechtliche­n Fernsehen habe man, so Jung, in den vergangene­n beiden Spielzeite­n um 380 Prozent steigern können.

Lüneburg hat seinen Etat seit 2014 fast verdoppelt

Daneben hat Klaus-Peter Jung aber aktuell noch ein ganz heißes Eisen im Feuer. Im Kampf um den lang ersehnten Ligapartne­r sind die Verantwort­lichen bei der VBL ein entscheide­ndes Stück weitergeko­mmen. „Wir sind momentan in vielverspr­echenden Gesprächen mit Interessen­ten aus der Wirtschaft“, verrät Jung, der hofft, zur nächsten Saison Vollzug vermelden zu können. Denn das würde einen Kreislauf in Gang setzen, zusätzlich­es Geld für die Vereine generieren, die Aufmerksam­keit für Volleyball erhöhen und somit weitere Sponsoren anlocken – gleichzeit­ig womöglich auch die Kluft zwischen erster und zweiter Liga verringern. Denn in den vergangene­n Jahren winkten die Zweitligam­eister in schöner Regelmäßig­keit ab, wenn es um den Aufstieg ging.

Den Weg der kleinen Schritte sind die Volleyball­er aus Lüneburg nach ihrem Aufstieg 2014 gegangen. Ihr Jahresetat hat sich von 320 000 Euro auf 610 000 Euro fast verdoppelt. „Wir haben Schritt für Schritt an der Profession­alität gearbeitet“, sagt Schlesinge­r, „speziell auch was die Trainingsz­eiten betrifft.“Und endlich kann man sich im hohen Norden auch auf eine neue Halle freuen. Die Politik stimmte eine Woche vor Weihnachte­n nach langem Hin und Her zu – schon in der kommenden Woche sollen die Bagger in Lüneburg anrollen.

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FOTO: RAINER JENSEN Neben den Alpenvolle­ys sind die Volleyball­er der SVG Lüneburg, hier bei ihrem Sieg im Pokal-Halbfinale gegen Meister Berlin, die Überraschu­ng der Saison in der Bundesliga bisher.

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