Ein Workshop für den Nachwuchs
Musiker geben vor dem Altstadtkonzert einem Streichquartett der Jugendmusikschule Tipps
WANGEN (sz) - Erstmals haben die Altstadtkonzerte mit einem Vorspiel von erfolgreichen Schülerinnen der Jugendmusikschule Württembergisches Allgäu begonnen. Vorausgegangen war ein einstündiger Workshop mit den Mitgliederns des Varian Fry Quartetts, Philipp Bohnen, Marlene Ito, Martin von der Nahmer und Rachel Helleur. Die Stadt Wangen und die Kulturgemeinde erhoffen sich laut Mitteilung mit Angeboten wie diesen noch mehr junge Menschen an die Altstadtkonzerte heranzuführen. Nachfolgend ein Bericht von Susanne Müller von der Wangener Stadtverwaltung:
Die Spannung ist spürbar, als Antonia Baumann, Violine, Susanna Leonhardt, Violine, Laura Lingg, Viola, und Siri Schönegge, Cello, auf der Bühne der Stadthalle in die Saiten greifen und die Canzonetta aus dem Streichquartett Es-Dur von Felix Mendelssohn-Bartholdy spielen. Kein Wunder, in der ersten Reihe sitzen vier Mitglieder der Berliner Philharmoniker, einem der renommiertesten deutschen Orchester.
Spannung weicht der Erleichterung, als das Stück zu Ende ist
Doch die Spannung weicht der Erleichterung, als das Stück zu Ende ist, denn Philipp Bohnen lächelt freundlich und spricht erst einmal ein dickes Lob aus: „Ihr spielt wunderschön zusammen.“Und er fragt dann angesichts hoch aufragender Notenständer: „Aber seht ihr euch eigentlich?“Er gibt einen kleinen Exkurs dazu, wie wichtig es innerhalb des Ensembles ist, während des Spielens Kontakt zu halten, und packt mit an, als sich das Quartett die Notenständer ein ganzes Stück niedriger einstellt.
Dann spielen die vier Musikerinnen wieder los. Nach ein paar Takten unterbricht Bohnen und gibt Tipps zu den „Pizzis“, der Zupftechnik also. Marlene Ito, Geigerin wie Bohnen, versucht mit einem Bild die Schülerinnen zu einem beherzteren hohen Ton zu ermutigen: „Ich bin so begeistert von den Bergen hier. Stellt euch die Noten auch so vor. Es ist wie ein Aufstieg bis ganz hinauf.“
Ein paar Stellen weiter tritt Philipp Bohnen noch einmal an den Bühnenrand. Sein Hinweis: „In den Piano-Stellen – da spielt würdig, denkt an einen König. Ihr müsst nicht schneller werden, ihr könnt diese Stellen einfach ausspielen und genießen.“Genießen – gar nicht so einfach.
Das zweite Stück, das Streichquartett Nr. 3 von Heiter Villa-Lobos, hat einige Dissonanzen. Bohnen fragt: „Wenn das Stück eine Person wäre, was hätte sie wohl für einen Charakter?“Eine Antwort zu finden, fällt den Mädchen schwer. „Macht nichts, aber denkt ein bisschen drüber nach. Das Publikum hört es, wenn ihr eine Vorstellung von dem habt, was ihr spielt“, sagt Bohnen. Ob das Quartett öfter solche Workshops anbietet? „Zu viert normalerweise nicht“, sagt Bohnen. „Aber wir unterrichten auch alle.“
Keine Frage, viel von dem, was in diesem Workshop gelaufen ist, bespricht auch Ensemble-Leiter Klaus Nerdinger mit dem Quartett. „Aber“, sagt er, „es schadet nie, wenn die Rückmeldung mal von jemand anderem kommt.“
Später im Konzert des Varian Fry Quartetts konnten die Mädels dann erleben, was die Musiker zuvor im Workshop mit ihnen besprochen hatten. Denn Bohnen, Ito, von der Nahmer und Helleur kommunizierten permanent, nicht nur um die Einsätze exakt zu setzen. Sie lächelten sich auch zu, wenn sie sich über besonders schön gespielte Passagen freuten. Und wie es klingen kann, wenn exzellente Musiker genussvoll langsame Pianostellen ausspielen, wurde ebenso deutlich – ein wunderbares Lehrstück.
Nachdem sie auch ein schönes Vorspiel hingelegt hatten, war der Abend für die Nachwuchsmusikerinnen allemal ein tolles Erlebnis. Und den ganz großen Lohn gab es für sie am Ende. Als sie den Gästen aus Berlin auf der Bühne kleine Geschenke der Stadt überreichten, durften sie sich einreihen und den großen Applaus mitabholen.
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