Kreisräte sträuben sich gegen Neubau
Vier Ideen für die Bündelung der Verwaltungsstandorte des Landkreises Ravensburg werden weiterverfolgt
RAVENSBURG - Von einem Dutzend Ideen, wie die derzeit acht Standorte der Landkreisverwaltung in Ravensburg und Weingarten zukünftig gebündelt werden könnten, sind vier übrig geblieben: Der Kreistag gab der Verwaltung am Dienstag in Vogt den Auftrag, die Varianten detaillierter vorzuplanen und die Kosten durchzurechnen. Auf Antrag der Freien Wähler kam zu den drei favorisierten Vorschlägen der Verwaltung noch die Lösung hinzu, durch eine entsprechende Sanierung und eine Erweiterung des Kreishauses II (früheres Telekom-Gebäude an der Gartenstraße) alle Ämter an nur einem Standort zu bündeln.
In der Debatte betonten mehrere Kreisräte, dass die Sanierung der Kreisschulen nach wie vor an erster Stelle stehe. „Für die CDU-Fraktion sind die Schulen von höchster Bedeutung“, meinte etwa der Ravensburger Oberbürgermeister Daniel Rapp. Gleichwohl bekenne sich die größte Fraktion im Kreistag „zur zukunftsfähigen, adäquaten Unterbringung der Kreisverwaltung“. Man könne diese ja schon einmal planen, auch wenn der Bau in frühestens fünf bis acht Jahren beginnen könne.
Die CDU tendiert offenbar ähnlich wie die zweitgrößte Fraktion im Kreistag, die Freien Wähler, zur Sanierung der Bestandsgebäude – und ist eher gegen einen Neubau, wie er Landrat Harald Sievers für die Charlottenstraße vorschwebt – als verkehrsgünstig gelegenes Bürgerservicezentrum. Rapp: „Es ist eine Frage der Vernunft, erst die Bestandsgebäude zu betrachten, bevor man neu baut.“Das betreffe im Übrigen auch die Schulen. Seine Fraktion habe ein „Prä für Variante 11“. Diese sieht weiterhin vier Standorte in Ravensburg und Weingarten vor und ist darüber hinaus auch noch die billigste Lösung.
„Die zukunftsfähige Unterbringung der Verwaltung ist auch in unserem Sinne“, meinte der Vogter Bürgermeister Peter Smigoc (Freie Wähler). Er vermisste eine Abschätzung der Folgekosten in der ersten Untersuchung und brachte die EinStandort-Lösung an der Gartenstraße wieder ins Gespräch. Die Nachbarschaft zu den Schulen, die Parkmöglichkeiten und die gute Anbindung an den Busverkehr würden dafür sprechen. Außerdem sei das Gelände so riesig, dass dort alle Ämter gebündelt werden könnten. Auf seinen Antrag hin wurde die sogenannte Variante 1 wieder in die Vorplanung aufgenommen.
Kritik: Energiekosten fehlen
Ulrich Walz (Grüne, Bad Wurzach) wollte am liebsten gleich nachhaltige Baustandards nach einem anerkannten Zertifizierungsmodell in die Vorplanung mit aufnehmen. Er bemängelte, dass Energiekosten in die Betrachtungen bislang nicht mit einbezogen worden seien. „Wir bauen bis in die 30er-Jahre hinein, und diese Gebäude sollen bis Ende des 21. Jahrhunderts halten.“Die Grünen finden, dass die Lösung 7a (inklusive dem Neubau auf dem Gelände des alten EnBW-Gebäudes an der Charlottenstraße) „einen gewissen Charme hat“– mit dem verkehrsgünstig gelegenen Bürgerservice. Eine Festlegung auf zertifizierte Baustandards hielten die anderen Fraktionen zwar für verfrüht, als Kompromiss nahm die Verwaltung allerdings auf, Grundsätze des nachhaltigen Bauens zu erarbeiten.
„Der Landkreis verfolgt keinen übertriebenen Aufwand“, meinte SPD-Kreisrat Gerhard Lang aus Wangen. Er warb dafür, keine Angst vor der Verwirklichung beider „ehrgeizigen Projekte“zu haben, auch wenn die im Raum stehenden Zahlen von 250 Millionen Euro für die Schulen und vielleicht noch einmal 200 Millionen Euro für die Kreisverwaltung auf den ersten Blick erschrecken könnten. „Die SPD unterstützt beides und will die Projekte nicht gegeneinander ausspielen.“Durch die Verteilung der Kosten auf zwei Jahrzehnte sei die finanzielle Belastung zu stemmen.
Weitaus kritischer sieht die FDP das Thema. „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht verzetteln. Die Schulen sollen nicht zum Nachzügler werden“, sagte der Weingartener Kämmerer Daniel Gallasch. „Man kann Tempo bei der Planung machen, aber nicht bei der Umsetzung.“Ihn stört zudem, dass bei der Sanierung der Bestandsgebäude „durchgehend ein Neubaustandard“angesetzt worden sei. Das treibe die Kosten unnötig in die Höhe.
Für nur einen Standort, der „hyperbescheiden“ausfallen sollte, sprach sich Siegfried Scharpf (ÖDP, Ravensburg) aus. Wenn der Kreistag die Steuergelder der Bürger mit vollen Händen ausgeben sollte, würden damit noch mehr Menschen in die Arme von Protestparteien wie der AfD getrieben.
Wie geht es nun weiter? Eine detaillierte Bestandsuntersuchung soll Aufschluss über den baulichen Zustand inklusive Brandschutz und Barrierefreiheit der Gebäude geben. Auf der Basis dieser Untersuchung können Instandhaltungsmaßnahmen beschrieben und deren Kosten geschätzt werden. Außerdem muss ermittelt werden, wie viel Platz die Mitarbeiter brauchen. Am Ende der Vorplanung, die eine Weile dauern kann, weil die Kreisschulen Priorität haben, steht eine Umsetzungsstrategie mit Zeit- und Kostenplänen, bevor sich der Kreistag für eine endgültige Lösung entscheidet.