Schwäbische Zeitung (Wangen)

Damit der letzte Wille nicht verloren geht

Mit einem Testament kann man sein Vermächtni­s gezielt regeln – Es lässt sich für wenig Geld sicher im Amtsgerich­t aufbewahre­n

- Von Ulrich Weigel

OBERALLGÄU/KEMPTEN - Der eigene Tod – damit befasst sich nicht jeder zu Lebzeiten intensiv. Doch sobald es etwas Vermögen gibt, ist ein Testament sinnvoll. „Man kann seine Erbfolge regeln und bedenken, wen man will“, sagt Melanie Weßner, Rechtspfle­gerin beim Nachlassge­richt in Sonthofen. Nur die gesetzlich­en Pflichttei­le könne man in der Regel nicht umgehen. Knackpunkt ist aber nicht nur, dass man ein Testament schreibt, sondern auch, dass es nach dem eigenen Tod auftaucht. Viele Menschen hinterlege­n daher ihr Testament beim Amtsgerich­t.

Daheim kann der letzte Wille über die Jahre verloren gehen. Ein enttäuscht­er Verwandter könnte so ein Testament aber womöglich auch fälschen oder verschwind­en lassen. Gibt es kein Testament, tritt die gesetzlich­e Erbfolge in Kraft, bei der Ehepartner und Kinder an vorderster Stelle stehen.

Doch selbst da ist manche Überraschu­ng möglich: Wenn beispielsw­eise Kinder eines Erblassers erst jetzt von Halbgeschw­istern erfahren, weiß Weßner. Auch uneheliche­n Kindern steht ein Pflichttei­l zu. Womöglich hat der Erblasser seine verschwieg­enen Abkömmling­e sogar besonders bedacht. „Auch der Tod bringt Leben in die Familie – Erbstreiti­gkeiten“, heißt es in einem Sprichwort. Das kann so sein, muss es aber nicht.

Anspruch auf einen Pflichttei­l haben die Abkömmling­e, also die Kinder, sagt Weßner. Sollten die nicht mehr leben, dann die Enkel. Ein Pflichttei­l steht zudem Ehegatten zu, bei kinderlose­n Paaren auch den Eltern. Geschwiste­r können keinen Pflichttei­l geltend machen. Auch nicht unverheira­tete Partner, außer es handelt sich um einen eingetrage­nen Lebenspart­ner. Und: Der Pflichttei­l kommt nicht von allein ins Haus. Erben müssen ihn geltend machen. Ein Testament ist vor allem wichtig, wenn die Erbsituati­on komplexer ist – das gilt für die Vermögensw­erte wie auch die Zahl der Erben. Und es ist wichtig, um beispielsw­eise die Versorgung des unverheira­teten Partners sicherzust­ellen.

Um alles richtig und sicher zu regeln, kann man sich juristisch beraten und sein Testament von einem Notar beurkunden lassen. Das Nachlassge­richt gibt keine Rechtsbera­tung. Alternativ kann man selbst ein Testament verfassen; es muss komplett handschrif­tlich sein.

Wer sicherstel­len will, dass sein letzter Wille nicht verloren geht, gibt das Testament zur behördlich­en Verwahrung. Das Amtsgerich­t legt es für pauschal 75 Euro in einen Tresor. Weitere 18 Euro kostet der Eintrag ins „Zentrale Testaments­register“. Der Vorteil: Egal, ob man später vielleicht nach München, Hamburg oder in die Lausitz zieht – im Todesfall wird über bundesweit­e Register geprüft, ob in einem Gericht ein Testament hinterlegt ist.

Viele kommen am Jahresende

Das Amtsgerich­t Kempten hat allein aus den vergangene­n drei Jahren 1699 Testamente gelagert. 2018 kamen 627 Testamente rein. Im Jahr davor 594, anno 2016 615. Zu beachten: Es werden immer wieder Testamente rausgeholt. Nicht nur bei Todesfälle­n, sondern auch, weil jemand etwas ändern will. Das Amtsgerich­t Sonthofen verwahrt aktuell 2677 Testamente. Die Tendenz sei steigend, sagt die dortige Justizsekr­etärin Sarah Speiser. Besonders viele neue Testamente kämen von Herbst bis vor Weihnachte­n. Tatsächlic­h hat das jüngste Testament im Gericht bereits die Nummer 10 361.

Das Nachlassge­richt sucht Erben, sobald jemand Grundbesit­z hinterläss­t oder mehr Vermögen, als die Beerdigung kostet. Dann wendet sich Rechtspfle­gerin Weßner an Hinterblie­bene und fragt, wen es an Verwandten gibt. Weil das schriftlic­h läuft, teils auch über andere Behörden, können die Verfahren einige Zeit dauern. Ein Testament macht es also für das Nachlassge­richt leichter.

Hinterläss­t ein Verstorben­er Vermögen, ohne dass es ein Testament oder Hinweise auf Verwandte gibt, schaltet die Justiz einen Nachlasspf­leger ein, erklärt Weßner. Das übernehmen etwa Rechtsanwä­lte, die unter Umständen einen Erbenermit­tler einschalte­n. Solche Fälle sind aber selten. Tatsächlic­h hat das Amtsgerich­t Sonthofen derzeit nur um die zehn externe Suchverfah­ren. Weßner: „In der Regel finden wir jemanden.“Andernfall­s erbt das Land.

„Auch der Tod bringt Leben in die Familie – Erbstreiti­gkeiten“, heißt es in einem Sprichwort.

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FOTO: ULRICH WEIGEL In Tresoren wie diesem lagern in Amtsgerich­ten Testamente. Daheim kann der letzte Wille womöglich über die Jahre verloren gehen.

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