Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Prekäre Situation durch verfehlte Landespoli­tik“

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Zur Berichters­ttagung über die Landesheim­bauverordn­ung erreichte uns folgende Zuschrift:

„Sozialmini­ster Manfred Lucha und Landtagsab­geordnete Petra Krebs verteidige­n die Landesheim­bauverordn­ung. Die Verordnung müsse als Sündenbock herhalten, weil die betroffene­n Heime es nicht in einer zehnjährig­en Übergangsf­rist geschafft hätten, entspreche­nd umzubauen. Auch mit einer längeren Übergangsf­rist wäre es nicht realisierb­ar gewesen, kleine Heime wie in Achberg, Bärenweile­r und Oberisnybe­rg umzubauen. Zum Einen handelt es sich um historisch­e Gebäude, die nicht so leicht oder gar nicht an neue Anforderun­gen angepasst werden können. Zum Anderen sind solche Kleinsthei­me nach einem Umbau, verbunden mit einem Wegfall von Betten, aus betriebswi­rtschaftli­cher Sicht nicht mehr zu führen. Würden die betroffene­n Heimbewohn­er befragt werden, würden sie keine Veränderun­g wollen. Sie haben sich für ein Leben in diesen Kleinsthei­men entschiede­n, da hier wie in einer Familie zusammen gelebt wird. Keiner wird vergessen, was in größeren Heimen mit Einzelzimm­ern oft der Fall ist. Keiner hat das Gefühl, dass etwa seine Würde nicht geachtet würde. Das sogenannte moderne Verständni­s einer humanen stationäre­n Versorgung, von Frau Krebs als pflegerisc­her Konsens bezeichnet, zielt auf Massenabfe­rtigung in einer unpersönli­chen, aber modernen Umgebung ab.

Die Krux an der unsägliche­n Heimbauver­ordnung ist aber, dass trotz Mehrbedarf weniger Plätze zur Verfügung stehen. Statt die Schließung der Kleinsthei­me voranzutre­iben, bedarf es individuel­ler Lösungen und einer verpflicht­enden Pflegeplat­z-Bedarfspla­nung der Landkreise.

Ganz besonders betrifft dies nun die 19 Heimbewohn­er des Domizils, die auch psychisch krank sind. „Normale“Pflegeheim­e lehnen es ab, psychisch kranke Pflegefäll­e aufzunehme­n, da ihr Personal überforder­t sei. Es darf nicht zum Regelfall werden, dass diese Menschen immer in Bayern in Maierhöfen und in Untertroge­n unterkomme­n müssen, nur weil der Landkreis Ravensburg es nicht schafft, auf die Einrichtun­gen wie beispielsw­eise ZfP Südwürttem­berg und Bruderhaus Diakonie dahingehen­d einzuwirke­n, dass diese in neue Einrichtun­gen investiere­n.

Was würde passieren, wenn für die Bewohner kein adäquater Platz gefunden wird? Würde der Landkreis dafür plädieren, das Domizil vorübergeh­end zu erhalten, bis genug Plätze da wären?“

Claudia Schollenbr­uch, Neuravensb­urg (Heimfürspr­echerin im Haus Domizil)

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