Traum von umweltfreundlichen Zügen ist geplatzt
Sowohl die Bahn als auch das Wirtschaftsministerium wollen von Pilotprojekt nichts wissen
KEMPTEN/OBERALLGÄU - Es wäre so schön gewesen: Der Vorstoß, auf der Bahnstrecke Kempten-Oberstdorf umweltfreundliche Hybrid-Züge mit einer Antriebskombination aus Dieselverbrennung und Elektrobatterie oder Wasserstofftechnik einzusetzen, ist gescheitert. Sowohl die Bahn blockt mit Hinweis auf technische Probleme als auch das bayerische Wirtschaftsministerium, das ein derartiges Pilotprojekt offenbar anderswo umsetzen will. Dies bestätigte der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz (CSU) auf Anfrage. Bei einem internen Treffen heimischer Politiker mit Bahn-Verantwortlichen krachte es aus ganz anderem Grund: Die Allgäuer wollen nicht länger hinnehmen, dass die Bahn seit Jahren ein ums andere Mal den Umbau gefährlicher unbeschrankter Bahnübergänge zusichert, bisher allerdings nichts umgesetzt hat.
„Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu internen, vertraulichen Gesprächen nicht öffentlich äußern. Sobald die Angelegenheiten spruchreif sind, werden wir uns selbstverständlich dazu äußern.“Zu einer weitergehenden Stellungnahme war am Freitag Bahn-Pressesprecher Anton Knapp nicht bereit. Bei dem Termin Mitte vergangener Woche ging es eigentlich weit im Vorfeld der nordischen Ski-Weltmeisterschaften 2021 in Oberstdorf um Sonderzüge und einen verdichteten Fahrplan für die voraussichtlich Hunderttausende Besucher. Schon im Oktober dieses Jahres soll ein Sonderfahrplan fertig sein, ab Weihnachten der Vorverkauf starten, war das Besprechungsergebnis. Die bayerische Eisenbahngesellschaft als Interessensvertreter des Freistaats sieht im Gegensatz zur Bahn kein Problem, Details mitzuteilen: Es soll einen Sonderzugverkehr in ähnlichem Umfang wie zur Ski-WM 2005 geben. „Dies waren damals rund 23 000 ZugKilometer“, sagt Pressesprecher Wolfgang Oeser.
Nach der WM-Absprache wurde der Termin für die Bahn-Vertreter ungemütlich. Landrat Klotz will eigenen Worten nach das „Herumgeeiere“und die „Ausreden“bei der Entschärfung gefährlicher Übergänge nicht länger hinnehmen.
Bereits lange vor einem tödlichen Unfall, bei dem 2016 ein radelnder Urlauber südlich von Fischen von einem Zug erfasst wurde, hatte man sich geeinigt: Sechs Bahnübergänge im Bereich Fischen sollen beseitigt und acht sicherungstechnisch modernisiert werden. Insgesamt gibt es 29 Bahnübergänge zwischen Immenstadt und Oberstdorf. Bei der jüngsten Bürgerversammlung hatte Fischens Bürgermeister Edgar Rölz dann gewettert: „Die Bahn schafft es seit Jahren nicht, eine Baugenehmigung zu bekommen.“Die Gemeinde habe ihren „Job gemacht, die anderen nicht“.
Zu wenig Geld und Ingenieure
Bei dem jetzigen Treffen bat dem Vernehmen nach Karl Heinz Holzwarth, der Qualitätsbeauftragte der Bahn für Bayern, um Verständnis: Es fehle angesichts einer Vielzahl an Projekten beim Unternehmen am Geld, man habe zu wenige Ingenieure für die Planung und auch Baufirmen für die Umsetzung seien nur schwer zu finden.
„Wir haben trotzdem eine Zusage bekommen, dass sich jetzt etwas tut“, sagte am Freitag Landrat Klotz, und zwar bis zum Jahr 2020. Dies sei auch im Hinblick auf die Ski-Weltmeisterschaften wichtig. Denn angesichts „des Rattenschwanzes ungesicherter Bahnübergänge“, wie es vor einiger Zeit ein Kreisbeschäftigter formulierte, müssen Züge zwischen Immenstadt und Oberstdorf viel langsamer fahren als ansonsten auf freier Strecke. Zu Zeiten eines Sonderfahrplans spielt dies eine große Rolle. Maßgeblichen Einfluss hätte das auch auf die Pläne für eine Regionalbahn zwischen Kempten und Oberstdorf mit viel mehr Haltepunkten als bisher. Für dieses Vorhaben hatte die Oberallgäu FDP den Einsatz von Hybrid-Zügen ins Spiel gebracht. Nach dem Motto „Wasserdampf statt Dieselschwaden“sollten mit Wasserstoff angetriebene Züge eingesetzt werden, die in Niedersachsen bereits in Betrieb sind, argumentierte jetzt erneut Kreisvorstandsmitglied Anton Sommer. Doch daraus wird nichts, bestätigte Landrat Klotz, der Hybrid-Züge als Modellprojekt ebenfalls befeuern wollte. Im Wirtschaftsministerium habe man ihm die kalte Schulter gezeigt. Er habe die Idee deshalb fallen gelassen.