„Unsere Ordnung gilt, ohne Wenn und Aber“
Der ehemalige bayerische Justizminister Bausback spricht darüber, wie sich der Rechtsstaat gegenüber dem politischen Islam verhalten sollte
MÜNCHEN - Mehrere Millionen Muslime leben in Deutschland. Die Frage, ob ihre Religion, der Islam, zu Deutschland gehört, spaltet Deutschland seit Jahren. Winfried Bausback, ehemaliger bayerischer Justizminister und stellvertretender Vorsitzender der CSU-Fraktion im bayerischen Landtag, hat zu diesem Thema ein Buch herausgegeben – zusammen mit Carsten Linnemann, Vorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung. Titel: „Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland“. Ralf Müller hat mit Bausback gesprochen – über Grenzen der Religionsfreiheit und die Aufgaben der Integration.
Herr Bausback, Kann man den „politischen“vom „nicht politischen“oder „rein religiösen“Islam trennen? In Ihrem Buch stehen viele Argumente dafür, dass man es eigentlich nicht kann.
Es gibt nicht den Islam, sondern unzählige Strömungen, dabei leider nicht nur friedliebende. Der „politische Islam“als Sammelbegriff umfasst nach unserem Verständnis diejenigen radikalen Ausprägungen, die den westlichen Lebensstil zum Feindbild erheben und unsere freiheitliche demokratische Rechtsordnung zu unterlaufen suchen. Die also die Sprache der Religion nutzen, um politische Vorherrschaft zu gewinnen. Ich habe in den vergangenen Jahren muslimische Männer und Frauen kennengelernt, die sich in beeindruckender Weise für die Werte unserer Gesellschaft einsetzen, etwa wenn es um die Bekämpfung von Paralleljustiz oder Unterdrückung in patriarchalischen Strukturen geht. Hier ist es wichtig, dass wir differenzieren zwischen denen, die mit uns für unsere freiheitliche Ordnung stehen und jenen, die sie unterlaufen.
Ihr Buch trägt den Titel „Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland“. Das nimmt ja schon das Ergebnis vorweg. Aber gehört denn der religiöse Islam zu Deutschland?
Niemand wird bestreiten, dass inzwischen viele Muslime unter und mit uns leben; diese Menschen gehören zu Deutschland. Ebenso klar ist, dass Deutschland von anderen Werten geprägt ist als islamische Staaten. Die entscheidende Frage ist eine andere: Wie geht unser demokratischer Staat mit denen um, die unsere freiheitliche Ordnung dazu nutzen wollen, eben diese zu beseitigen? Oder wie es der Philosoph Karl Popper formuliert hat: Sind wir bereit, unsere tolerante Gesellschaft gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen? Entscheidend ist, wie wir uns gegenüber dem politischen Islam aufstellen.
Sie setzen sich mit juristischen Aspekten islamischer Werteordnung wie Zwangs- und Kinderehe auseinander, lehnen jeden „kulturellen Rabatt“bei der Strafzumessung ab. Deutet das auf eine Inkompatibilität unserer Rechtsordnung mit dem Islam allgemein hin?
Klar ist, dass Regelungen islamischer Rechtsordnungen zum Teil im Widerspruch zu grundlegenden Werten unserer Verfassungsordnung stehen. Deshalb dürfen wir meiner Überzeugung nach einer Kinderehe, die etwa in Syrien bei Zustimmung des Vaters oder Großvater und im Beisein zweier weiblicher oder eines männlichen Zeugen vor einem Imam geschlossen wurde, wenn das Kind nach Deutschland kommt, in unserem Rechtssystem keine Wirkungen beimessen. Und auch wenn der Ehebruch in islamischen Staaten als todeswürdiges Verbrechen angesehen wird, darf dies nach meiner Überzeugung in unserem Strafrecht keine Strafmilderung auslösen, wenn ein muslimischer Ehemann in Deutschland versucht, seine vermeintlich untreue Frau zu töten. Dies sollten wir auch unmissverständlich klarstellen.
Im Beitrag von Carsten Linnemann findet sich der Satz „Wenn auch in Zukunft über 80 Millionen Menschen friedlich in Deutschland zusammen leben wollen, kann es nur eine Rechts- und Werteordnung geben: Die Unsrige. Und zwar ohne jede Einschränkung.“Was aber bleibt dann von einem „deutschen Islam“noch übrig?
Entscheidend ist, dass unsere Ordnung gilt, ohne Wenn und Aber! Es gibt nicht wenige Muslime – ob sie sich nun säkular definieren oder einer liberalen Richtung des Islam zugehörig fühlen –, die sich ohne Wenn und Aber für unsere freiheitliche Gesellschaft einsetzen. Wer unsere Rechts- und Werteordnung nicht achtet, muss und wird die Konsequenzen spüren. Ich glaube an die Anziehungskraft unserer freiheitlichen Ordnung. Übrigens, wenn die Autorinnen und Autoren unseres Buches und wir als Herausgeber Probleme benennen, dann nicht, weil wir kulturpessimistisch unsere Freiheit verloren geben, sondern weil wir im Gegenteil wollen, dass sich unser Staat den Gefahren stellt.
Würden Sie der These zustimmen, dass wir in Deutschland gegenüber den nicht kompatiblen Teilen der islamischen Werteordnung – Stichwort „kultureller Rabatt“– zu viel Toleranz entgegenbringen?
Wichtig ist, dass Toleranz nicht mit der Aufgabe der Durchsetzung der eigenen Werte und Regeln verwechselt wird. Dafür werben wir mit dem Buch. Und immerhin haben wir in der Diskussionsrunde, aus der das Buch entstanden ist, einige sehr namhafte Experten zusammengebracht und machen am Ende ganz konkrete Vorschläge, wie unsere freie Gesellschaft auf die Herausforderungen des politischen Islam reagieren sollte.
Der Präsident des Gemeindetags, Uwe Brandl, hat kürzlich ein vernichtendes Urteil abgegeben, was den Integrationswillen der Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen angeht. Die Mehrheit von ihnen wolle sich gar nicht integrieren. Stimmen Sie dem zu?
Es ist wichtig für unsere Gesellschaft zu differenzieren. Sowohl in meiner Zeit an der Uni als auch bei meiner politischen Tätigkeit habe ich viele beeindruckende Persönlichkeiten kennengelernt, die aus islamischen Ländern stammend für unsere freiheitliche Gesellschaft streiten. Klar ist aber auch, dass wir denen, die sich nicht in unsere freiheitliche Ordnung integrieren wollen, deutlich machen, dass sie auf Dauer keinen Platz bei uns haben.