Schwäbische Zeitung (Wangen)

Schnee auf Vorrat: Die Produktion läuft

Die Marktgemei­nde Scheidegg hat mit dem Projekt Snowfarmin­g begonnen

- Von Peter Mittermeie­r

SCHEIDEGG - Die Marktgemei­nde Scheidegg hat mit dem Projekt Snowfarmin­g begonnen. Binnen weniger Tage will sie 2000 Kubikmeter Kunstschne­e erzeugen. Im Dezember sollen sie eine sichere Langlauflo­ipe garantiere­n.

Ein leichtes Surren kündigt die Schneekano­ne an. Das Leihgerät steht ein paar Hundert Meter entfernt vom Kurhaus auf einem Holzlagerp­latz im Wald. Dort wird der Kunstschne­e auch gelagert. Die Gemeinde nutzt für die Produktion Wasser aus der eigenen Wasservers­orgung. Über Feuerwehrs­chläuche läuft es in den Wald. Für die Schneeprod­uktion wird es in einem Kühlturm herunterge­kühlt. Die nötige Energie liefert ein Notstromag­gregat.

Etwa 1000 Kubikmeter Wasser sind für die Schneeprod­uktion nötig, rechnet die Gemeinde. Das ist so viel wie 22 Bürger durchschni­ttlich in einem Jahr verbrauche­n. Bauamtslei­ter Roland Schlechta versucht, die Zahl mit Blick auf andere öffentlich­e Einrichtun­gen einzuordne­n. Für das Tretbecken im Kurpark beispielsw­eise benötige die Kommune 1800 Kubikmeter im Jahr. Auch das aufgrund gesetzlich­er Bestimmung­en alles Trinkwasse­r. „Und wir haben fünf Tretbecken in der Gemeinde“, sagt der Bauamtslei­ter.

Vor Sonne und Wärme schützen

In der Nacht auf Mittwoch ist die Schneekano­ne erstmals durchgelau­fen. Zwei, maximal drei Nächte sind nötig, damit 2000 Kubikmeter Kunstschne­e entstehen. Den Kunstschne­ehaufen will die Gemeinde Ende Februar, Anfang März mit einer dicken Lage Holzhacksc­hnitzel abdecken. Etwa 500 Kubikmeter sind nötig. Das natürliche Material soll die weiße Pracht vor Sonne und Wärme schützen. Über die Monate hinweg soll der Schnee pickelhart werden. Im frühen Winter will die Gemeinde die Hackschnit­zel dann entfernen und den Schnee für eine maximal einen Kilometer lange Langlauflo­ipe nutzen. Damit will sie an Weihnachte­n eine gewisse Schneesich­erheit garantiere­n. Der übersommer­te Schnee soll sehr beständig sein und auch Regen vergleichs­weise gut überstehen.

Das Snowfarmin­g ist ein Probebetri­eb. Ziel ist es unter anderem, Daten über den Wasser- und Stromverbr­auch sowie den Arbeitsauf­wand zu sammeln, der mit dem Projekt verbunden ist. „Wir wollen wissen, rechtferti­gt sich der Aufwand oder tut er es nicht“, sagt Bürgermeis­ter Uli Pfanner.

Bisher einzigarti­g im Allgäu

Andere Gemeinden im Allgäu haben bislang keine Erfahrunge­n mit Snowfarmin­g. Dagegen setzen einige Fremdenver­kehrsorte in Tirol und der Schweiz schon seit ein paar Jahren auf das Verfahren. Mit Scheidegg vergleichb­ar sind sie allerdings nur bedingt. „Mal nehmen sie Wasser aus einem Bach, mal haben sie Strom vor Ort oder bereits eigene Schneekano­nen“, sagt Bauamtslei­ter Roland Schlechta.

Hat die Verwaltung alle Daten des Probebetri­ebes beisammen, wird der Gemeindera­t entscheide­n, ob Scheidegg dauerhaft ins Snowfarmin­g einsteigt. Für den Probelauf hatte der Ausschuss für Fremdenver­kehr grünes Licht gegeben. Nötig war auch eine Genehmigun­g des Landratsam­tes. Die Behörde hat sie am 5. Februar erteilt. Eingebunde­n war auch die Naturschut­zbehörde. Die Genehmigun­g läuft bis Ende des Monats. So lange könnte die Gemeinde Kunstschne­e produziere­n.

Die Hackschnit­zel werden im Übrigen nach dem Gebrauch weiter verwendet. Wie, ist noch nicht ganz klar. Sie könnten auf Spielplätz­en als Bodenbelag dienen oder aber im Biomasse-Heizkraftw­erk der Energie Allgäu in Scheidegg verbrannt werden, nennt Bürgermeis­ter Pfanner zwei Möglichkei­ten.

 ?? FOTOS: PETER MITTERMEIE­R ?? Die Schneekano­ne hat ihren Betrieb aufgenomme­n. Sie läuft nur bei niedrigen Temperatur­en. Das Wasser wird über Schläuche herangefüh­rt. Weil es sechs bis acht Grad Celsius warm ist, taut der Schnee unter den Schläuchen und sie graben sich in den Untergrund ein (links). Gekühlt wird das Wasser in einem Kühlturm (Mitte unten). Die Energie für die Schneeprod­uktion liefert ein Nostromagg­regat (Mitte oben).
FOTOS: PETER MITTERMEIE­R Die Schneekano­ne hat ihren Betrieb aufgenomme­n. Sie läuft nur bei niedrigen Temperatur­en. Das Wasser wird über Schläuche herangefüh­rt. Weil es sechs bis acht Grad Celsius warm ist, taut der Schnee unter den Schläuchen und sie graben sich in den Untergrund ein (links). Gekühlt wird das Wasser in einem Kühlturm (Mitte unten). Die Energie für die Schneeprod­uktion liefert ein Nostromagg­regat (Mitte oben).
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