Neureuther scheitert und schimpft
Coup bei der WM bleibt aus – Der 34-Jährige macht sein Karriereende auch von Veränderungen beim DSV abhängig
ÅRE (SID) - Als Felix Neureuther nach der Pleite im vielleicht letzten großen Rennen seiner erfolgreichen Karriere die kleine Matilda auf den Arm nahm, konnte er endlich wieder lachen. Doch auch das Wangenküsschen für seine Tochter und die Umarmung mit Ehefrau Miriam konnten seine bittere Enttäuschung über die Disqualifikation im WMSlalom nicht verbergen. Neureuther war sauer auf sich selbst – und auf den Deutschen Skiverband. Ob er doch nach diesem Winter noch weitermache, hänge nicht nur von ihm ab, sagte er zerknirscht.
„Es müssen schon auch ein paar Dinge geändert werden“, sagte Neureuther mit ernster Miene und betonte: „Fakt ist, so wie es momentan ist, lass ich es bleiben.“Er müsse wissen, „in welche Richtung der Verband ziehen will. Wenn ich das Gefühl habe, dass das die richtige Richtung ist, bin ich dabei und hätte große Freude daran.“So, wie es aktuell laufe, „wie ein paar Entscheidungen getroffen werden, war es für mich klar, dass es schwierig wird“. Was genau er meinte? „Das ist intern.“
Der 34-Jährige hatte seit seinem Comeback nach dem Kreuzbandriss im November 2017 immer wieder gesundheitliche Schwierigkeiten, dazu kamen Materialprobleme. All das hatte dazu geführt, dass Neureuther den Anschluss an die absolute Weltspitze um Marcel Hirscher, der in Åre zum dritten Mal Slalom-Weltmeister wurde, verlor. Doch das allein schien ihn nicht umzutreiben. Er übte Kritik an den Kollegen, nahm namentlich nur Stefan Luitz und Dominik Stehle aus, und forderte wiederholt eine Richtungsänderung.
„Es kann nicht sein, dass es immer nur von einer Person abhängt, ob wir Erfolg haben oder nicht“, schimpfte Neureuther, der im Finale eingefädelt Felix Neureuther
hatte. Fühlt er sich alleine gelassen? „Nein.“Auch an den Trainern habe es nicht gelegen, „hinter ihnen stehe ich wie noch was“.
An wem dann? Alpinchef Wolfgang Maier sagte zu Neureuthers kryptischen Aussagen: „Es steht außerhalb jeglicher Diskussion, dass wir uns mit Blick auf die Slalommannschaft berechtigter Kritik unterziehen müssen. Es kann ja unser Anspruch nicht sein, was wir in dieser Saison gezeigt haben.“
Neureuther, nur so viel stand zunächst fest, wird die Saison zu Ende fahren und an den Weltcup-Rennen in Kranjska Gora sowie am Saisonfinale im März in Andorra teilnehmen. Und danach? Wenn er nicht das Gefühl habe, noch einmal ganz vorne angreifen zu können, sagte er, „bin ich Realist genug zu sagen, okay, das macht für mich keinen Sinn. Und dann habe ich überhaupt kein Problem damit aufzuhören, ganz im Gegenteil.“Er freue sich auf das Leben danach mit seiner Familie, „aber ich bin halt auch noch leidenschaftlicher Skifahrer“.
Das zeigte er in Åre zum vielleicht letzten Mal auf großer Bühne. Am Ende blickte er verkniffen auf die Anzeigetafel, winkte ins Publikum, aber zurückhaltend. Kurze Zeit später bestätigte der Stadionsprecher auf Schwedisch: „Kein Resultat für Neureuther“, aus der Wertung genommen nach dem „Einfädler“an einer blauen Torstange auf dem Åreskutan, wo er so gerne noch einmal eine Medaille geholt hätte.
Beim DSV richten sich die Verantwortlichen auf den baldigen Abschied ein. Im Gegensatz zu seiner Familie ist etwa Alpinchef Maier nicht über Neureuthers Pläne informiert, sagte: „Er ist 34 Jahre alt, da ist es dann irgendwann vorbei, so wehmütig man das sieht von allen Seiten her. So einer fehlt definitiv.“
Neureuther, betonte Maier, könne „die Top Drei allemal wieder erreichen“, wenn er weitermachte, müsste aber härter trainieren. Ob er das will? Auch das blieb an diesem letzten WM-Tag offen.
„Fakt ist, so wie es momentan ist, lass ich es bleiben.“
WM, Slalom der Männer: Gold: Hirscher (Österreich) 2:05,86 Minuten, 1:00,60 +1:05,26), Silber: Matt (Österreich) 0,65 Sekunden zurück (1:01,95 +1:04,56), Bronze: Schwarz (Österreich) 0,76, 25. Tremmel (Rottach-Egern) 3,92 (1:05,04 +1:04,74), 28. Straßer (München) 5,75 (1:05,58 +1:06,03), disqualifiziert: Neureuther (Garmisch-Partenkirchen).