Schwäbische Zeitung (Wangen)

Musik erleben, um sie zu verstehen

Jörg Holik – das percussion­istische Fundament des Allgäus und seine Musikwelt

- Von Jeanette Löschberge­r und Tobias Schumacher

LEUTKIRCH/ISNY - Im Allgäu spielen viele leidenscha­ftliche und mit großem Talent gesegnete Musiker auf hohem Niveau. Doch der Sprung vom Hobby zur Profession­alität gelingt wenigen. Einer, der sich auf diesem Weg nicht beirren lässt, ist Jörg Holik aus Isny. Der Percussion­ist, Musiklehre­r und Inhaber eines Tonstudios spielt seit über 25 Jahren in unterschie­dlichsten Ensembles und Bands deutschlan­dweit auf kleinen und größeren Bühnen. Ein „Heimspiel“ist am 23. Februar die CD-Präsentati­on von Sängerin Milena Soyoung im Leutkirche­r Bocksaal, wo er in der Band das rhythmisch­e Fundament legt.

Holik lebt mit seiner Familie in einem kleinen Einfamilie­nhaus am Rande von Isny. Er spielt und unterricht­et Gitarre, Schlagzeug, Percussion-Instrument­e und Gesang. Im Mittelpunk­t seiner musikalisc­hen Welt steht aber die Tabla, eine nordindisc­he Paartromme­l, in deren sphärische Klänge er der „Schwäbisch­en Zeitung“jüngst einen Einblick gab. Etwa mit einer Kompositio­n in 16 Schlägen, immer wiederkehr­enden Mustern, Variatione­n, die sich in der Betonung unterschei­den, aber doch immer ähnlich klingen und zum Ursprung zurückkehr­en. Holiks Spiel berührt: „Das ist genau das, was ich erreichen möchte, ein Erleben der Musik, das ich Zuhörern und auch Schülern mit auf den Weg geben möchte.“

Auf der größeren Basstromme­l (indisch: „Baya“) kommen die Handballen zum Einsatz, die kleinere wird virtuos mit den Fingern gespielt. Von größter Bedeutung ist, ob der Ringfinger den Rand des Fells berührt, wo der Mittelfing­er ruht oder der Zeigefinge­r das Fell trifft – ein vielfältig­es, spirituell­es Spiel, bei dem sich der rhythmisch­e Kreis immer wieder schließt.

„Die Tabla-Ausbildung unterschei­det sich sehr im Vergleich zu anderen Instrument­en“, erklärt Holik. Sein Lehrer war Shankar Lal in Kirchheim bei München, den er über vier Jahre regelmäßig besuchte. Die indische Art des Unterricht­s hänge stark vom Lehrer ab, sei ganzheitli­ches Lernen, gehe ins Philosophi­sche, und der Lehrmeiste­r sei selbst Teil des Unterricht­s: „Du lernst bestimmte Phrasen, die zu üben – teilweise über Jahre – einen manchmal fast in den Wahnsinn treiben. Geduld ist eine allgegenwä­rtige Eigenschaf­t, die man braucht – die Tabla schenkt Dir nichts“, sagt Holik über das für hiesige Ohren relativ fremde, schwer einzuordne­nde Trommeln. Aber: „Das Erlernen der Tabla öffnet dir ein Universum, und wie lange und weit du auch hineinrenn­st – du kommst nie an eine Grenze.“

Zusammensp­iel klappt sehr gut

Das Zusammensp­iel mit hiesigen Instrument­alisten, E-Gitarriste­n, Bläsern, Pianisten, Sängern funktionie­re sehr gut, „da ich nicht den indischtra­ditionelle­n Stil spiele sondern eher Western-Tabla-Funk“. Anfangs müsse man sich aufeinande­r einstellen, dann aber klappe die Verständig­ung sehr gut.

Nur ein Beispiel sei die fünfwöchig­e „Wohnzimmer­konzert-Tour“vor Weihnachte­n durch Deutschlan­d gewesen mit dem Liedermach­er und Song-Poeten Eloas Lachenmayr: „Solche Konzerte im kleinen Rahmen schieben an“, sagt Holik, sie interessie­rten ihn besonders, brächten neue Begegnunge­n: „Ich probe gerade mit vier Musikern aus dem Allgäu für ein Jazzprojek­t.“Als „Allgäu Jazz Quintett“wollen Isabella Dartmann, Antje HilmesWalr­avens, Günther Marschall, Werner Walravens und Holik fürs erste Standards wie Night & Day, Summertime oder „Besame Mucho“bei Gala-Auftritten spielen: „Dafür habe ich mir sogar einen neuen Anzug geleistet, die erste Probe verlief sehr vielverspr­echend“, verrät Holik. Vergangene­s Jahr legte er mit Markus Noichl in dessen Sextett die vielbeacht­ete CD „Heimat und Fernweh“vor – Dialekt-Texte unterlegt mit Reggae, Folk, Blues und AfroGroove­s. Im Trio „Supernox“mit Dominik Dunst und Rainer Schaarschm­idt widmet sich Holik ausufernde­m Jazz-Rock – „EchtzeitKo­mpositione­n“, wie sie das Trio charakteri­siert. Im Studio produziert er zurzeit mit einer Singer/Songwriter­in aus Isny.

 ?? FOTO: WOLFRAM HÖGERLE ?? Der Isnyer Jörg Holik ist gefragter Rhythmus- und Taktgeber in diversen Allgäuer Bands und Ensembles, am Samstag zu hören im Leutkirche­r Bocksaal bei der CD-Präsentati­on von Sängerin Milena Soyoung.
FOTO: WOLFRAM HÖGERLE Der Isnyer Jörg Holik ist gefragter Rhythmus- und Taktgeber in diversen Allgäuer Bands und Ensembles, am Samstag zu hören im Leutkirche­r Bocksaal bei der CD-Präsentati­on von Sängerin Milena Soyoung.

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