Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bedarf nach besseren Buslinien ist groß

Hunderte besuchen Diskussion­sabend von neuer Initiative – Runder Tisch zum ÖPNV steht an

- Von Jan Peter Steppat

Hunderte besuchen Diskussion­sabend von neuer Initiative in Haslach.

HASLACH - Deutlich bessere Busanbindu­ngen sind vielen Menschen in Haslach und Primisweil­er ein großes Bedürfnis. Das ist erneut deutlich geworden, als eine neu gegründete örtliche Bürgerinit­iative zu einer Diskussion­srunde mit Verantwort­lichen geladen hatte – und der große Veranstalt­ungssaal im Gasthaus Kleber rappelvoll war. Am Mittwochab­end war aber nicht nur Kritik zu hören, es gab auch Ergebnisse: Vertreter des Busbetreib­ers RAB versprache­n in mehreren Punkten weitere und zügige Nachbesser­ungen. Und bei einer Runde im Wangener Rathaus soll es Anfang März auch um Perspektiv­en gehen.

Zunächst aber war es ein Abend der Entschuldi­gungen. Eine sprach Oberbürger­meister Michael Lang aus: „Wir wissen, dass gerade Haslach vergleichs­weise schlechte Verbindung­en hat, dass wir nicht perfekt sind. Aber wir versuchen uns zu verbessern.“Und: „Ich habe immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich an die Bewohner von St. Konrad denke.“

Um Nachsehen baten auch die Vertreter der DB Zugbus Regionalve­rkehr Alb-Bodensee (RAB): vor allem für die schlechte oder nicht erfolgte Kommunikat­ion der Haslach und Primisweil­er betreffend­en Änderungen mit dem Fahrplanwe­chsel Anfang Dezember – verbunden mit dem Eingeständ­nis: Weil damals Linien vertaktet werden sollten, funktionie­re „der Schülerver­kehr nicht mehr so gut“.

„Vielleicht ein bisschen forsch“

RAB-Niederlass­ungsleiter Silvio Matt und Rainer Hölzel, einer der Moderatore­n des Abends und Mitbegründ­er der Bürgerinit­iative (BI), entschuldi­gten sich überdies noch in anderer Sache: zunächst Matt, als er erklärte, die vorbereite­te und eingangs von seinem Kollegen Stefan Leinweber begonnene Präsentati­on nicht vorab mit der BI abgesproch­en zu haben. Am Ende Hölzel, weil „wir vielleicht ein bisschen forsch waren“. Dabei bezog er sich auf mehrere Unterbrech­ungen von Wortbeiträ­gen auf dem Podium sitzender Vertreter von RAB, Stadt und des Fahrgastve­rbands Bodo. Dazu gehörte auch, dass Mitmoderat­or Joe Kleb den Vortrag Leinwebers nach etwas mehr als fünf Minuten abbrach – unter anderem mit den Worten: „Sie versuchen uns gerade zu manipulier­en.“

Doch zurück zu den Inhalten des rund zweieinvie­rtelstündi­gen Abends. In diesem ging es zuvorderst um die Schulbusan­bindung, insbesonde­re Haslachs. In diesem Zuge wurde Unverständ­nis laut, warum das Bodnegger Schulzentr­um besser erreichbar sei als die Wangener Schulen. BI-Vertreteri­n Barbara Hölzel kritisiert­e, dass einige von der RAB zugesagte Nachbesser­ungen bislang teils „nur auf dem Papier“bestünden. Wolfgang Ahr verstand generell nicht, warum Haslach von der Linie zwischen Tettnang via Neukirch und Primisweil­er nach Wangen vielfach abgeschnit­ten sei. GOLStadträ­tin Doris Zodel mahnte zudem an, bei Verbesseru­ngen auch an nachmittäg­liche Trainings- und Unterricht­szeiten von Sportverei­nen und der Jugendmusi­kschule in Wangen zu denken.

Zum ersten Punkt erklärte OB Lang: Das Schulzentr­um in Bodnegg brauche ein größeres Einzugsgeb­iet als die Wangener Einrichtun­gen. Deshalb investiere die Gemeinde „sicher, um massiv Zubringerb­usse zu ermögliche­n“. Den Vorhalt Barbara Hölzels nach der fehlenden Anbindung gegen 15.30 Uhr entgegnete Silvio Matt mit dem Verspreche­n auf Änderungen nach den Fasnetsfer­ien. Die Kritik Ahrs beantworte­te Stefan Leinweber mit „eingeengte­n Verknüpfun­gsmöglichk­eiten“. Und Lang wiederum glaubte generell: „Ein Großteil der Probleme ist gelöst, wenn die Busse wieder über Haslach fahren. Wir wollen, dass die Schüler in die Schule kommen und wieder zurück.“

Lang und Matt brachten im Lauf des Abends mehrfach einen „Runden Tisch“zum Öffentlich­en Nahverkehr ins Gespräch. Der ist bereits für den 7. März terminiert, und an diesem Treffen sollen jetzt auch BI-Vertreter teilnehmen. Laut OB gelte es, alle Themen aufzunehme­n, zu schauen, ob jeweils Stadt oder RAB zuständig ist, und dann Lösungen aufzuzeige­n. „Die Stadt stellt sich der Aufgabe“, sagte er.

Wangen zahlt 220 000 Euro

Das gilt laut Rathausche­f auch für das generelle Nahverkehr­skonzept, das der Rat in der Dezembersi­tzung zumindest grundsätzl­ich auf den Weg gebracht hatte. Generelle und unabhängig vom Schülertra­nsport zu sehende Verbesseru­ngen beim ÖPNV waren auch den Hunderten von Besuchern am Dienstagab­end ein Anliegen. Helmut Johannes Müller, Gesamtleit­er der St.-Jakobus-Behinderte­nhilfe St. Konrad, forderte vor diesem Hintergrun­d: Ganz viele Einzelwüns­che müssten zu einer wirtschaft­lichen Strategie führen.

Hier verwies Lang auf „politische Entscheidu­ngen“und die Frage, wie viel Geld die Stadt und der Rat bereit sind, in die Hand zu nehmen. Derzeit jedenfalls gleicht die Kommune das Minus des laut Betreiber Thomas Heine von jährlich rund 150 000 Fahrgästen genutzten Stadtbusse­s mit 220 000 Euro aus.

Dem Argument der Wirtschaft­lichkeit widersprac­hen BI-Vertreteri­n Kathrin Kleb und Ulrich Bauer, Fahrgastbe­irat des Nahverkehr­sverbundes Bodo: Wegen des fehlenden Angebots sei in den Ortschafte­n jede Familie auf ein Zweitauto angewiesen, so Kleb. Und: „Wenn kein Bus fährt, kann man kein Kind auf den Bus bringen.“Bauer erklärte: „Ein attraktive­s, gutes ÖPNV-System kostet halt viel Geld.“

Lindau gibt 1,7 Millionen aus

Beispielha­ft nannte er Sigmaringe­n, wo es einen jährlichen Zuschuss von knapp einer Million Euro gebe, vor allem aber die Stadt Lindau. Der dortige Stadtbus wird mit 1,7 Millionen Euro per anno bezuschuss­t, transporti­ert laut Bauer aber auch bis zu 2,5 Millionen Fahrgäste im Jahr. Der Nahverkehr­sexperte ergänzte: „Die Leute kommen, wenn das Angebot existiert.“Das aber gehe nicht von heute auf morgen, was auch Silvio Matt bestätigte, der einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren nannte, ehe dies in den Köpfen angekommen sei.

Derlei Perspektiv­en wurden am Dienstagab­end nicht weiter vertieft. Wohl aber ging es um konkrete Ideen, das laut BI-Vertreter Kay Friedrich an sich gute Netz zwischen den größeren Städten in der Region besser erreichbar zu machen. Stichworte der RAB waren zwei „Rendezvous-Punkte“in Geiselharz und Primisweil­er. Auf Anforderun­g orderbare Rufbusse bezeichnet­e Friedrich dagegen als „Krücken“. Ungeachtet des anstehende­n „Runden Tischs“im Rathaus will die neue BI es nicht bei dem Diskussion­sabend belassen. Joe Kleb versprach: „Wir wollen weiter aktiv bleiben.“

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FOTO: TREFFLER
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FOTO: STEPPAT Auch das war Teil des Diskussion­sabends im Gasthaus Kleber: Schüler und BI-Vertreter demonstrie­rten auf einer ein Quadratmet­er großen Pappe, dass dieser Platz in einem Bus für acht Schüler nicht ausreicht. Die BI behauptete, Entspreche­ndes sei laut Gesetz aber zu akzeptiere­n.
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FOTO: BEE War und sind Steine des Anstoßes für die aktuelle ÖPNV-Debatte: die Änderungen auf der Buslinie zwischen Wangen und Tettnang.

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