Deutschland hinkt beim Klimaschutz hinterher
Bevölkerungswachstum und die gute Konjunktur dämpfen die Bestrebungen für eine Reduzierung der Emissionen
RAVENSBURG - Einst galt Deutschland als Vorreiter in Sachen Klimaschutz. Doch andere Länder haben die Bundesrepublik bei ihrem Engagement für das Klima längst überholt. Staaten wie Portugal und Schweden übertreffen Deutschland mit ihren Klimaschutzzielen. Im europäischen Ranking rangiert Deutschland nur noch auf dem achten Platz.
Im weltweiten Vergleich fällt es sogar noch weiter ab. Im Dezember präsentierten die Umweltorganisationen Germanwatch und NewClimate Institute auf der Weltklimakonferenz in Kattowitz ihren Klimaschutz-Index – Deutschland liegt darin mittlerweile nur auf Rang 27 von 56 untersuchten Staaten.
Das liegt auch daran, dass man hierzulande das selbst gesteckte Ziel des Klimaschutzplans 2050 nicht erreicht. Ursprünglich wollte die Bundesregierung bis 2020 40 Prozent weniger klimaschädliche Gase ausstoßen als im Jahr 1990. Doch der Klimaschutzbericht der Regierung aus dem Jahr 2018 zeigt: Daraus werden lediglich rund 32 Prozent.
Die schädlichen TreibhausgasEmissionen steigen sogar weiter an, anstatt zu sinken. Wie die Europäische Umweltagentur berichtet, stoßen Autos, die 2017 neu zugelassen wurden, mehr Kohlendioxid aus als Modelle, die 2016 zugelassen wurden. Das liegt vor allem am höheren Kraftstoffverbrauch einiger Fahrzeuge. Doch Gründe dafür sind auch das Bevölkerungswachstum und die gute Entwicklung der heimischen Wirtschaft. Diese ist stärker gewachsen als zuvor angenommen.
Pariser Klimaziel in weiter Ferne
Niedrige Energiepreise tragen ebenfalls dazu bei, dass die Emissionen über dem Soll liegen. Durch den Ende Januar beschlossenen Ausstieg aus der Braunkohleenergie soll das neue Ziel der Bundesregierung erreicht werden, den Treibhausgasausstoß bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren.
Ein weiteres Ziel hat Deutschland im vergangenen Jahr ebenfalls sehr früh verfehlt. Allein bis Ende März hat Deutschland so viel CO2 ausgestoßen, wie nach Umsetzung des Pariser Klimaabkommens für das gesamte Jahr 2018 erlaubt wäre. Die 217 Millionen Tonnen CO2 wurden schon bis zum 28. März ausgestoßen, wie aus einer Berechnung von Zukunft Erdgas mit Unterstützung der Nymoen Strategieberatung hervorgeht.
Diese Berechnung basiert auf einer Studie vom Ökoinstitut und Prognos, die von der Naturschutzorganisation WWF in Auftrag gegeben wurde. Mit dem Pariser Klimaabkommen hatte sich die internationale Gemeinschaft vor gut drei Jahren das Ziel gesetzt, die globale Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Diesem Ziel liegt ein globales CO2-Budget zugrunde.