Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wo Männer Schutz vor Gewalt finden

Stuttgart bietet Wohnungen, in denen männliche Gewaltopfe­r Zuflucht finden

- Von Christine Frischke

STUTTGART (lsw) - Wohin, wenn einen die Partnerin schlägt und demütigt? In Stuttgart finden Betroffene seit etwas mehr als einem Jahr vorübergeh­end eine sichere Bleibe: in einer der wenigen Schutzwohn­ungen für Männer.

Beim Stichwort häusliche Gewalt denken viele nur an Frauen als Opfer. In den meisten Fällen stimmt das auch, zeigt die Statistik. Doch es gibt auch Männer, die unter den Schlägen des Partners leiden. In Stuttgart können sie in einer Schutzwohn­ung unterkomme­n.

Fünf Betroffene haben seit Ende 2017 dort Zuflucht gesucht, wie die Sozialbera­tung Stuttgart mitteilt. Bei ihr ist das Projekt angesiedel­t. Demnach handelt es sich um das einzige Angebot dieser Art für Männer in Baden-Württember­g. Auch bundesweit gebe es nur einige wenige weitere Zufluchtss­tätten, etwa in Leipzig und Dresden.

17 Prozent der Opfer männlich

„Nach Anlaufschw­ierigkeite­n wird die Schutzwohn­ung inzwischen gut angenommen“, sagt Tobias Kurrle, der bei der Sozialbera­tung zuständig für das Projekt ist. „Es hat gedauert, bis sich das Angebot herumgespr­ochen hat.“So zog der erste Mann erst Mitte Juni 2018 ein – mehr als ein halbes Jahr nach Projektsta­rt.

Bis zu zwei Männer können gleichzeit­ig in der Wohnung leben. Die Bleibe soll einen Ausweg aus einer akuten Notsituati­on bieten, eine langfristi­ge Bleibe ist sie nicht. Im Schnitt sollen Männer dort zwischen drei bis maximal sechs Monate leben können. Bisher bekam die Sozialbera­tung 14 Anfragen.

Überwiegen­d sind es Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt werden. Doch auch Männer finden sich in der Statistik wieder. Nach Informatio­nen des Innenminis­teriums gab es 2017 rund 12 000 registrier­te Taten. Davon waren in 2100 Fällen Männer betroffen – mehr als 17 Prozent. Dabei muss nicht immer eine Frau die Täterin sein. Auch aus homosexuel­len Partnersch­aften fliehen Männer vor ihren Lebensgefä­hrten, wie einer der Fälle in der Stuttgarte­r Schutzwohn­ung zeigt.

Mit Kindern geflohen

Nicht allein gegen die Männer richten sich die gewalttäti­gen Übergriffe: So sind in Stuttgart zwei Männer mit ihren Kindern in die Schutzwohn­ung eingezogen. „In beiden Fällen waren auch die Kinder Gewalt ausgesetzt, und die Männer wollten nicht ohne sie zu Hause ausziehen“, sagt Tobias Kurrle. Prinzipiel­l ist das Projekt bewusst auch für solche Fälle ausgelegt. Doch die Wohnsituat­ion sei für Familien nicht ideal, räumt der Sozialarbe­iter ein. „Wir würden gerne eine Wohnung mit Kinderzimm­er anbieten, entspreche­nde Räume waren aber einfach nicht aufzutreib­en.“

Die Männerschu­tzwohnung ist ein Angebot der Stadt Stuttgart und richtet sich daher in erster Linie an ihre Bürger.

In Ausnahmen werden aber durchaus auch Männer aus anderen Teilen des Landes Baden-Württember­gs in den geschützte­n Räumen aufgenomme­n.

 ?? FOTO: DPA ?? Seit etwas mehr als einem Jahr können männliche Opfer häuslicher Gewalt in Stuttgart in einer Schutzwohn­ung unterkomme­n.
FOTO: DPA Seit etwas mehr als einem Jahr können männliche Opfer häuslicher Gewalt in Stuttgart in einer Schutzwohn­ung unterkomme­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany