Schwäbische Zeitung (Wangen)

Züge fahren nicht: „Die Menschen sind es schon gewohnt“

Reaktionen und Auswirkung­en nach der Einstellun­g des Schienenve­rkehrs im Württember­gischen Allgäu

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WANGEN/KISSLEGG/AULENDORF/ LEUTKIRCH (kik/mag/sin/knf) - Die am Freitag von der Bahn verhängte kurzfristi­ge Einstellun­g des Schienenve­rkehrs im Württember­gischen Allgäu war bis Montag nicht zu allen Fahrgästen durchgedru­ngen: Am Wangener Bahnhof wurden einige Fahrgäste überrascht. Vor dem Fahrkarten­schalter bildete sich zeitweise eine Schlange, weil Reisende sich über Alternativ­en informiere­n wollen.

Am Bahnsteig wartete ein Gruppe Jugendlich­er, ob vielleicht doch noch irgendwann ein Zug kommt. Vor dem Bahnhofsge­bäude standen Schüler, die per Handy zu Hause anriefen, um sich abholen zu lassen. Busse fuhren als Ersatzverk­ehr.

Bei den Bahnreisen­den am Aulendorfe­r Bahnhof löste der Zugausfall zwar Unverständ­nis, aber kein großes Chaos aus, berichtete Pit Dressler vom Bahnreiseb­üro „Die Fahrkarte“. Zwischen 7.45 und 11.30 Uhr haben seinen Ausführung­en nach lediglich zwei bis drei Bahnpendle­r und ein Schüler, der fürs Zuspätkomm­en in den Unterricht eine Bestätigun­g über den Ausfall brauchte, nach den Ersatzbuss­en gefragt. „Die Menschen TRAUERANZE­IGEN sind es schon gewohnt, dass es nicht richtig funktionie­rt. Seit Jahren fallen immer wieder Züge ins Allgäu aus, das ist schon Standard und überrascht niemanden mehr.“Ähnliches berichtet Franz Peter Wischkirch­en von der Aulendorfe­r Bahnhofsmi­ssion. Viele Reisende hätten zwar den Kopf geschüttel­t, den kompletten Zugausfall aber mit sarkastisc­her Ironie aufgenomme­n, nach dem Motto: „Das ist was Neues und hatten wir so noch nicht.“

Im Gäste- und Bürgerbüro Kißlegg herrschte am Montag dagegen ein wenig Ausnahmezu­stand. Hier werden unter der Woche zwischen 8 und 12 Uhr Fahrkarten für die Bahn verkauft. Sehr viele Reisende und Pendler seien am Montagmorg­en vorbeigeko­mmen, nicht unbedingt, um sich zu beschweren, aber um die aktuellste­n Fahrpläne der Ersatzbuss­e zu erhalten, berichtet Clemens Stadler von der Gemeindeve­rwaltung. Vor allem ältere Menschen und Berufspend­ler, die auf den Zug angewiesen sind, hätten nachgefrag­t. „Wir waren total überrascht von der Ankündigun­g der Bahn,“so Stadler.

Auch die Bahnreisen­den hätten sehr kurzfristi­g Bescheid bekommen, dass die Züge ausfallen. Entspreche­nd viel sei im Bürgerbüro dann los gewesen. Von den Reisenden sei zu hören gewesen, dass die Pläne für den Schienener­satzverkeh­r nicht einfach zu lesen seien, sagt Stadler. Besonders gefragt waren die Mitarbeite­r des Gäste- und Bürgerbüro­s daher für Auskünfte rund um den Ersatzfahr­plan, besonders für die Strecke zwischen Memmingen und Lindau.

Problem für Narrenzünf­te

Problemati­sch wird der Ausfall der Züge für die Narrenzünf­te, die vor allem in der diese Woche startenden Hochfasnet auf vielen Sprüngen in der Region unterwegs sind und üblicherwe­ise mit der Bahn anreisen. „Wir haben die Hästräger am Samstag auf dem Zunftball darüber informiert und ihnen gesagt, dass sie auf Privatwage­n oder Fahrgemein­schaften zurückgrei­fen müssen“, erklärt Aulendorfs Zunftmeist­er Rolf Reitzel.

Die Aulendorfe­r Zunft nimmt am Samstag am Narrenspru­ng in Kißlegg und am Montag in Bad Waldsee teil. Der Schienener­satzverkeh­r, der in Aulendorf starte, sei zwar eine Möglichkei­t, allerdings geht Reitzel davon aus, dass die Busse an der Hochfasnet überfüllt seien: „Am Montag sind große Sprünge in Wangen und Bad Waldsee, bei uns in Aulendorf am Sonntag.“

Dass ausgerechn­et zur Hochfasnet keine Züge mehr fahren und der Ausfall „so kurzfristi­g“angekündig­t wurde, ist laut Reitzel eine neue Situation, die für Herausford­erungen sorge. „Das hatten wir noch nie.“Während es für die Aulendorfe­r Hästräger gut mit privaten Fahrgelege­nheiten zu meistern sei, habe jedoch die Kißlegger Zunft „ein Riesenprob­lem“, am Sonntag nach Aulendorf zu kommen. „Der Kißlegger Zunftmeist­er muss zwei bis drei Busse organisier­en, damit die Musiker und der Fanfarenzu­g anreisen können“, berichtet Reitzel.

Für die Leutkirche­r Narrenzunf­t Nibelgau sei das allerdings kein Problem. „Wir sind immer mit Bussen unterwegs“, sagt Alexander Nink. Die Zugausfäll­e hätten deshalb keine Auswirkung­en für die Zunft.

Schulbusse zu voll

Auswirkung­en haben die Zugausfäll­e Aber auf einige Kinder und Jugendlich­e, die Leutkirche­r Schulen besuchen. Wie Heinz Brünz, Schulleite­r der Geschwiste­r-Scholl-Schule, sagt, seien zahlreiche Ersatzbuss­e voll gewesen. So voll, dass manche Schüler an den Haltestell­en zurückgela­ssen werden mussten. Betroffen seien etwa Schüler aus Aichstette­n und Memmingen. Die Folge: Einige Jugendlich­e aus diesen Gemeinden seien am Montag nicht zum Unterricht erschienen.

Einer, der häufig mit dem Zug zwischen Aichstette­n, Memmingen und Leutkirch verkehrt, ist Günther Heger. Der Aichstette­ner nimmt als Mitglied des Bodo-Fahrgastbe­irats den Bahn-Betrieb regelmäßig unter die Lupe. Die aktuellen Zugausfäll­e bewertet er als „Armutszeug­nis für die Bahn“. Für jemanden, der auf die Züge angewiesen ist, sei derzeit kein geregeltes Arbeiten möglich.

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ARCHIVFOTO: RASEMANN Für die Zugausfäll­e gibt es derzeit wenig Verständni­s.

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