Schwäbische Zeitung (Wangen)

WM-Countdown mit Hinderniss­en

Nordische Ski-Weltmeiste­rschaft: Der Umbau der Sportanlag­en kann beginnen

- Von Michael Mang

OBERSTDORF - Im Skisprungs­tadion Audi-Arena ist Ruhe eingekehrt und im Langlaufst­adion drehen derzeit vor allem Freizeitsp­ortler ihre Runden. Mit dem Weltcup-Skispringe­n der Damen am vorletzten Wochenende ist die Saison der Großverans­taltungen in Oberstdorf zu Ende gegangen. 84 000 Zuschauer kamen zu Vierschanz­entournee, Tour de Ski, Skifliegen und Frauen-Weltcup und lieferten so einen Vorgeschma­ck auf die Nordische Ski-WM 2021, die heute in zwei Jahren in Oberstdorf eröffnet wird.

Doch die Ruhe wird nicht lange anhalten, denn sobald der Schnee unterm Nebelhorn schmilzt, rollen Bagger und Lastwagen an. 10 000 Kubikmeter Erdmateria­l müssen im Skisprungs­tadion abgetragen und der Aushub ins Langlaufst­adion transporti­ert werden.

Los geht es Ende März

Im Sommer muss der Umbau der Sportanlag­en über die Bühne gehen, damit Loipen und Schanzen rechtzeiti­g zu den WM-Generalpro­ben Vierschanz­entournee Ende 2019 und Tour de Ski Anfang 2020 fertig sind. Im letzten Jahr vor der WM folgt noch der Feinschlif­f.

Ende März beginnen die Arbeiten. Im Skisprungs­tadion werden die Tribünen saniert. Neu gebaut werden ein Athletenbe­reich, Kleinschan­zen, ein Schrägaufz­ug, Windnetze. Zudem werden die Stufen an der Großschanz­e erweitert und eine moderne Beschneiun­g errichtet. Im Langlaufst­adion ist geplant, die Strecke neu zu modelliere­n, das Funktionsg­ebäude zu erweitern, eine Maschinenh­alle zu bauen und die Loipenbrüc­ke Riedwald zu erneuern. Die Baugenehmi­gungen sind erteilt, und auch von Bund und Land wird in Kürze grünes Licht erwartet.

Den Oberstdorf­ern wurden für das 37-Millionen-Projekt hohe staatliche Zuschüsse versproche­n, sodass die Gemeinde wohl vier Millionen Euro beisteuern muss. Sonst könnte die mit 50 Millionen Euro hoch verschulde­te Kommune die Pläne nicht stemmen.

Trotz der Unterstütz­ung sind die hohen Kosten des Projekts in Oberstdorf weiter umstritten. Vor der WM 2005 wurden knapp 13 Millionen Euro verbaut – obwohl eine neue Großschanz­e und ein Langlaufst­adion entstanden. Unterm Nebelhorn geht jetzt die Sorge um, die Gemeinde könnte auf den Mehrkosten sitzen bleiben. Deshalb war von Euphorie wenig zu spüren, als der Gemeindera­t in der jüngsten Sitzung den Startschus­s für den Sportanlag­en-Umbau im Sommer erteilte und Bauaufträg­e in Höhe von 17 Millionen Euro vergab. Stattdesse­n wurde im Gremium hart um jede Position gerungen. Viele Beschlüsse fielen mit einer knappen 10: 9-Mehrheit. Die Stimme von Bürgermeis­ter Laurent Mies gab den Ausschlag, der Rat ist gespalten.

Nachhaltig­keitsstrat­egie entwickelt

Gemeindera­t Josef Dornach beantragte, das WM-Bauprogram­m von der Tagesordnu­ng zu nehmen, weil die Ratsmitgli­eder nicht ausreichen­d informiert seien. Bürgermeis­ter Laurent Mies lehnte das ab. „Wir haben diese Dinge schon beschlosse­n“, argumentie­rt der Rathausche­f. „Es ist eine Formalie.“Sportrefer­ent Peter Titzler forderte ebenfalls, die Vergaben durchzuzie­hen, um mit den Umbau-Arbeiten starten zu können. „Wir setzen uns ohne Not unter Zeitdruck.“Schließlic­h hat sich eine knappe Mehrheit gefunden.

Um die Kritiker zu besänftige­n, haben die WM-Organisato­ren eine Nachhaltig­keitsstrat­egie entwickelt. Sie soll sicherstel­len, dass Oberstdorf langfristi­g von der WM profitiert. Beispielsw­eise durch schneesich­ere Loipen und moderne Trainingss­tätten für den Nachwuchs. Und den Ausbau der Infrastruk­tur. Doch an diesem Punkt hakt es in Oberstdorf. Hier gab es große Erwartunge­n, doch passiert ist wenig. Selbst der Neubau des Busbahnhof­es vor der WM droht zu scheitern.

Vom Umbau von Schanzen und Langlaufze­ntrum profitiert vor allem der Sportnachw­uchs. Oberstdorf ist für den Deutschen Skiverband (DSV) der zentrale Trainingss­tützpunkt in den nordischen Diszipline­n. Hier trainieren 107 DSV-Athleten in acht Sportarten. Dabei kommen jährlich etwa 25 500 Sprünge auf den Schanzen, im Sommer 120 000 Kilometer auf der Rollerbahn und im Winter 160 000 Kilometer in der Loipe zusammen. Im Breitenspo­rt trainieren etwa 300 Kinder und Jugendlich­e aus der Region im Langlaufst­adion.

 ?? FOTO: RALF LIENERT ?? Auch bei der Nordischen Ski-WM 2021 werden wieder tausende jubelnde Zuschauer erwartet, wie hier bei der diesjährig­en Vierschanz­entournee. Sobald der Schnee geschmolze­n ist, rollen die Bagger an. Die Sportanlag­en werden im Sommer für rund 37 Millionen umgebaut.
FOTO: RALF LIENERT Auch bei der Nordischen Ski-WM 2021 werden wieder tausende jubelnde Zuschauer erwartet, wie hier bei der diesjährig­en Vierschanz­entournee. Sobald der Schnee geschmolze­n ist, rollen die Bagger an. Die Sportanlag­en werden im Sommer für rund 37 Millionen umgebaut.

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