WM-Countdown mit Hindernissen
Nordische Ski-Weltmeisterschaft: Der Umbau der Sportanlagen kann beginnen
OBERSTDORF - Im Skisprungstadion Audi-Arena ist Ruhe eingekehrt und im Langlaufstadion drehen derzeit vor allem Freizeitsportler ihre Runden. Mit dem Weltcup-Skispringen der Damen am vorletzten Wochenende ist die Saison der Großveranstaltungen in Oberstdorf zu Ende gegangen. 84 000 Zuschauer kamen zu Vierschanzentournee, Tour de Ski, Skifliegen und Frauen-Weltcup und lieferten so einen Vorgeschmack auf die Nordische Ski-WM 2021, die heute in zwei Jahren in Oberstdorf eröffnet wird.
Doch die Ruhe wird nicht lange anhalten, denn sobald der Schnee unterm Nebelhorn schmilzt, rollen Bagger und Lastwagen an. 10 000 Kubikmeter Erdmaterial müssen im Skisprungstadion abgetragen und der Aushub ins Langlaufstadion transportiert werden.
Los geht es Ende März
Im Sommer muss der Umbau der Sportanlagen über die Bühne gehen, damit Loipen und Schanzen rechtzeitig zu den WM-Generalproben Vierschanzentournee Ende 2019 und Tour de Ski Anfang 2020 fertig sind. Im letzten Jahr vor der WM folgt noch der Feinschliff.
Ende März beginnen die Arbeiten. Im Skisprungstadion werden die Tribünen saniert. Neu gebaut werden ein Athletenbereich, Kleinschanzen, ein Schrägaufzug, Windnetze. Zudem werden die Stufen an der Großschanze erweitert und eine moderne Beschneiung errichtet. Im Langlaufstadion ist geplant, die Strecke neu zu modellieren, das Funktionsgebäude zu erweitern, eine Maschinenhalle zu bauen und die Loipenbrücke Riedwald zu erneuern. Die Baugenehmigungen sind erteilt, und auch von Bund und Land wird in Kürze grünes Licht erwartet.
Den Oberstdorfern wurden für das 37-Millionen-Projekt hohe staatliche Zuschüsse versprochen, sodass die Gemeinde wohl vier Millionen Euro beisteuern muss. Sonst könnte die mit 50 Millionen Euro hoch verschuldete Kommune die Pläne nicht stemmen.
Trotz der Unterstützung sind die hohen Kosten des Projekts in Oberstdorf weiter umstritten. Vor der WM 2005 wurden knapp 13 Millionen Euro verbaut – obwohl eine neue Großschanze und ein Langlaufstadion entstanden. Unterm Nebelhorn geht jetzt die Sorge um, die Gemeinde könnte auf den Mehrkosten sitzen bleiben. Deshalb war von Euphorie wenig zu spüren, als der Gemeinderat in der jüngsten Sitzung den Startschuss für den Sportanlagen-Umbau im Sommer erteilte und Bauaufträge in Höhe von 17 Millionen Euro vergab. Stattdessen wurde im Gremium hart um jede Position gerungen. Viele Beschlüsse fielen mit einer knappen 10: 9-Mehrheit. Die Stimme von Bürgermeister Laurent Mies gab den Ausschlag, der Rat ist gespalten.
Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt
Gemeinderat Josef Dornach beantragte, das WM-Bauprogramm von der Tagesordnung zu nehmen, weil die Ratsmitglieder nicht ausreichend informiert seien. Bürgermeister Laurent Mies lehnte das ab. „Wir haben diese Dinge schon beschlossen“, argumentiert der Rathauschef. „Es ist eine Formalie.“Sportreferent Peter Titzler forderte ebenfalls, die Vergaben durchzuziehen, um mit den Umbau-Arbeiten starten zu können. „Wir setzen uns ohne Not unter Zeitdruck.“Schließlich hat sich eine knappe Mehrheit gefunden.
Um die Kritiker zu besänftigen, haben die WM-Organisatoren eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt. Sie soll sicherstellen, dass Oberstdorf langfristig von der WM profitiert. Beispielsweise durch schneesichere Loipen und moderne Trainingsstätten für den Nachwuchs. Und den Ausbau der Infrastruktur. Doch an diesem Punkt hakt es in Oberstdorf. Hier gab es große Erwartungen, doch passiert ist wenig. Selbst der Neubau des Busbahnhofes vor der WM droht zu scheitern.
Vom Umbau von Schanzen und Langlaufzentrum profitiert vor allem der Sportnachwuchs. Oberstdorf ist für den Deutschen Skiverband (DSV) der zentrale Trainingsstützpunkt in den nordischen Disziplinen. Hier trainieren 107 DSV-Athleten in acht Sportarten. Dabei kommen jährlich etwa 25 500 Sprünge auf den Schanzen, im Sommer 120 000 Kilometer auf der Rollerbahn und im Winter 160 000 Kilometer in der Loipe zusammen. Im Breitensport trainieren etwa 300 Kinder und Jugendliche aus der Region im Langlaufstadion.