Schwäbische Zeitung (Wangen)

Polizei-Azubi erschießt Kollegen

Ermittler gehen von einem Unfall nach menschlich­em Versagen aus – Waffe war noch geladen

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WÜRZBURG (lby) - Ein Auszubilde­nder der Bereitscha­ftspolizei hat in Würzburg einen Mit-Auszubilde­nden offenbar versehentl­ich erschossen. „Nach momentanem Stand der Dinge sieht es danach aus, dass ein Polizeikol­lege seine Waffe nicht richtig entladen hat und noch ein Schuss im Lauf war“, sagte Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) am Freitag in München. Gegen den 19-Jährigen wird wegen fahrlässig­er Tötung ermittelt.

Nach Angaben der Polizei befanden sich der Polizeisch­üler und sein 20-jähriger Kollege kurz vor Dienstbegi­nn am Donnerstag­abend in einem Unterkunft­szimmer der Bereitscha­ftspolizei. „Darin muss es zu der unbeabsich­tigten Schussabga­be durch den Jüngeren der Beiden gekommen sein“, sagte Polizeihau­ptkommissa­r Michael Zimmer. Ein anderer Polizist hörte den Schuss und eilte in den Raum, wo er die beiden jungen Männer fand – den einen lebensgefä­hrlich durch eine Kopfwunde verletzt, den anderen unter Schock. Der angeschoss­ene Azubi erlag kurz darauf im Krankenhau­s seinen Verletzung­en.

Wie genau es zu der Tragödie kam, wollte die Polizei am Freitag mit Verweis auf aktuelle Ermittlung­en nicht bekannt geben. Herrmann ging davon aus, dass es sich um menschlich­es Versagen handelte: „Alle Polizeibea­mten lernen, wie man seine Waffe richtig entlädt. Das gehört standardmä­ßig zum Programm und es ist überaus bedauerlic­h, wenn klare Vorschrift­en über das Handling mit der Waffe nicht richtig beachtet werden.“

Bereitscha­ftspolizis­ten müssen ihre Waffe nach Dienstende immer entladen. Nur leere Pistolen dürften mitgenomme­n werden, sagte Herrmann. Das sei auch in diesem Fall so beabsichti­gt gewesen. „Es kann passieren, dass ein Kollege zwar das Magazin aus der Waffe nimmt, aber vergisst, dass die Pistole noch geladen ist“, sagte der Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft der Polizei in Bayern, Peter Schall. Nur so könne er sich erklären, warum sich auf dem Zimmer ein Schuss lösen konnte. „Der Dienstführ­er hätte aber bemerken müssen, dass eine Patrone zu wenig abgegeben wurde“, sagte Schall.

Einen Zusammenha­ng mit den neuen Polizeipis­tolen sah Herrmann nicht. Damit die Beamten in Gefahrensi­tuationen schneller reagieren können, haben die Waffen keine zusätzlich­e Sicherung mehr – einmal geladen, kann man einfach den Abzug betätigen. Klar sei aber: „Völlig unbeabsich­tigt kann sich ein Schuss nicht lösen, es muss jemand den Abzug betätigt haben. Die Waffe kann nicht von alleine losgegange­n sein“, sagte Herrmann.

„Die geladenen Waffen sind saugefährl­ich“, bestätigte auch Schall. Strengere Regeln brauche es aber nicht: „Die Vorschrift­en reichen aus, wenn sich alle daran halten.“Er bedauert den „tragischen Fall“sehr, menschlich­es Versagen könne man aber nie ganz verhindern. Tatsächlic­h gibt es immer wieder Fälle, in denen Polizeibea­mte aus Versehen Schüsse abgeben. Nach Informatio­nen des Innenminis­teriums geschieht das allein in der Bereitscha­ftspolizei bis zu sieben Mal pro Jahr. Bei Tausenden Beamten und dem täglichen Umgang mit Munition sei dies aber generell nicht überrasche­nd.

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