Schwäbische Zeitung (Wangen)

Schulstrei­k-Ikone Greta Thunberg demonstrie­rt erstmals in Deutschlan­d

Die 16-jährige Aktivistin aus Schweden geht mit 3000 Schülern in Hamburg auf die Straße – Streit um Schulpflic­ht geht weiter

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HAMBURG (dpa) - Die schwedisch­e Aktivistin Greta Thunberg hat erstmals in Deutschlan­d gemeinsam mit Schülern für eine bessere Klimapolit­ik demonstrie­rt. Rund 3000 Mädchen und Jungen gingen am Freitag in Hamburg mit der 16-Jährigen auf die Straße und ließen dafür die Schule sausen. Dieses Engagement hat allerdings auch erneut eine Debatte um die Schulpflic­ht entfacht.

Vor rund einem halben Jahr hatte Thunberg alleine vor dem Reichstag in Stockholm damit begonnen, für stärkere Klimaschut­zbemühunge­n ihres Landes zu protestier­en. Durch Auftritte auf der UN-Klimakonfe­renz im polnischen Kattowitz und beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos ist sie seitdem weltberühm­t geworden. Schüler und Studenten in aller Welt demonstrie­ren mittlerwei­le nach ihrem Vorbild unter dem Motto #FridaysFor­Future für mehr Klimaschut­z, darunter an jedem Freitag Tausende in Deutschlan­d.

Thunberg fand in Hamburg erneut starke Worte, um für den Kampf um bessere Klimapolit­ik zu werben. „Politiker und Leute an der Macht sind schon zu lange damit durchgekom­men, nichts zu tun, um die Klimakrise zu bekämpfen“, sagte sie. „Wir werden sicherstel­len, dass sie damit nicht länger durchkomme­n.“Sie kündigte an: „Wir werden so lange weiter streiken, bis sie etwas tun.“Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek (CDU) hatte angesichts der anhaltende­n Schüler-Demos auf die Einhaltung der Schulpflic­ht gepocht. Sie begrüße den Einsatz der Jugendlich­en sehr, aber „auch unterstütz­enswertes Engagement gehört in die Freizeit und rechtferti­gt nicht das Schulschwä­nzen“, sagte die Politikeri­n der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“(Freitag).

Einen sanfteren Kurs fuhr ihre Kollegin, Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD): Sie verteidigt­e die Anstrengun­gen der Schüler unter dem Motto „FridaysFor­Future“. „Wir sollten froh sein“, dass sich die Schüler für ihre Zukunft einsetzten, sagte sie in der SWR-Radiosendu­ng „Tagesgespr­äch“. Wegen der Schulpflic­ht könne man das zwar „nicht dauerhaft machen“, aber erst einmal sei das Engagement beeindruck­end.

„Grundsätzl­ich nicht hinnehmbar“

Hamburgs Schulsenat­or Ties Rabe (SPD) plädierte ebenfalls dafür, diesmal ein Auge zuzudrücke­n. Die Welt brauche mündige und engagierte Bürger. „Und am letzten Tag vor den Ferien sollten wir mit Augenmaß darauf reagieren, wenn jemand aus diesem Grund ein einziges Mal nicht zur Schule geht.“

Grundsätzl­ich sei das Schuleschw­änzen jedoch nicht hinnehmbar, so der ehemalige Lehrer. „Sonst fällt künftig jeden Tag aus irgendeine­m Grund die Schule aus – Probleme und Anlässe gibt es genug in der Welt. Niemand verbessert die Welt, indem er die Schule schwänzt.“Zudem wirke es auf Dauer nicht sonderlich überzeugen­d, wenn das politische Engagement ausgerechn­et während der Schulzeit stattfinde. Auf die Begeisteru­ng auf dem Hamburger Rathauspla­tz hatte der Streit um die Schulpflic­ht kaum Auswirkung­en.

In Hamburg hatte die Schulbehör­de im Vorfeld der Demo eindeutig Stellung bezogen: Wer in der Schulzeit für den Klimaschut­z auf die Straße geht, wird als Schulschwä­nzer betrachtet – mit allen disziplina­rischen Konsequenz­en: vom Eintrag ins Zeugnis bis zum Gespräch mit den Eltern.

Hamburgs Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er (SPD) indes hatte sich am Freitag unter die Demonstran­ten gemischt und mit einigen Schülern gesprochen. „Zuhören. Ernst nehmen. Gespräch anbieten“, twitterte der Sprecher des Hamburger Senats dazu.

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FOTO: DPA Klimaaktiv­istin Greta Thunberg vor demonstrie­renden Schülern auf dem Hamburger Rathauspla­tz.

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