Schwäbische Zeitung (Wangen)

Empörung über Trump in den USA

US-Präsident lobt Treffen mit Kim Jong-un – Affäre um einen getöteten Studenten sorgt für Wirbel

-

HANOI/WASHINGTON/SEOUL (dpa) - Trotz des Scheiterns seines Gipfels mit dem nordkorean­ischen Machthaber Kim Jong Un hat USPräsiden­t Donald Trump einen Erfolg bei den Verhandlun­gen reklamiert. „Wir hatten sehr substanzie­lle Gespräche mit Kim Jong Un — wir wissen, was sie wollen und sie wissen, was wir für notwendig halten“, schrieb Trump am Freitag auf Twitter. Das Verhältnis zu Nordkorea sei „sehr gut“. Man werde sehen, was passiert, fügte er hinzu.

Der mit Spannung erwartete Gipfel zwischen Trump und Kim in Hanoi war am Donnerstag überrasche­nd ohne Abschlusse­rklärung zu Ende gegangen. Beide Seiten kamen sich in der zentralen Frage des Abbaus der nordkorean­ischen Atomwaffen nicht näher und widersprac­hen sich später gegenseiti­g über die Gründe dafür.

Trump sagte, Nordkorea habe die vollständi­ge Aufhebung aller Sanktionen verlangt, und die geplanten Abrüstungs­schritte seien nicht weit genug gegangen. Nordkoreas Außenminis­ter Ri Yong Ho erwiderte, sein Land habe nur eine teilweise und nicht die völlige Aufhebung der Sanktionen gefordert. Die angebotene atomare Abrüstung sei die weitreiche­ndste für sein Land derzeit machbare Maßnahme.

Ein Mitarbeite­r des US-Außenminis­teriums stellte später klar, dass die Nordkorean­er ihre Forderung im Verlauf der Gespräche näher ausgeführt hätten und sich nur auf eine Aufhebung der Sanktionen des UNSicherhe­itsrats seit März 2016 bezogen hätten. Diese Forderung habe die nordkorean­ische Seite bereits seit einigen Wochen in den Gesprächen auf Arbeitsebe­ne gestellt. Es sei ihnen um eine Aufhebung aller Sanktionen gegangen, die die „zivile Wirtschaft und den Lebensunte­rhalt der Menschen“beeinträch­tigten. Sanktionen auf Waffen seien aber von der Forderung ausgeschlo­ssen gewesen.

Der Dialog zwischen den USA und Nordkorea soll auch nach dem Scheitern des Gipfels fortgesetz­t werden. Die nordkorean­ische Staatsagen­tur KCNA meldete am Freitag, beide Seiten hätten sich auf einen anhaltende­n Dialog zur „Denukleari­sierung“geeinigt. Die Gespräche seien produktiv und aufrichtig gewesen. Einen genauen Fahrplan für das weitere Prozedere gibt es aber nicht.

Mit dem abrupten Ende des Gipfels haben sich die Chancen auf eine Friedenslö­sung für die koreanisch­e Halbinsel wieder deutlich verringert. Der Konflikt gehört zu den gefährlich­sten der Welt. Für Trump bedeutet dies eine große Enttäuschu­ng. Mit einem Erfolg auf internatio­naler Bühne hätte er von Negativ-Schlagzeil­en zu Hause ablenken können.

In den USA sorgte vor allem für Wirbel, dass Trump den nordkorean­ischen Machthaber im Fall des gestorbene­n US-Studenten Otto Warmbier in Schutz genommen hatte. Trump hatte nach dem Gipfel gesagt, er gehe davon aus, dass der nordkorean­ische Machthaber nichts von der Inhaftieru­ng Warmbiers in seinem Land gewusst habe.

Die Eltern des gestorbene­n USStudente­n widersprac­hen dem am Freitag. „Kim und sein teuflische­s Regime sind für den Tod unseres Sohnes Otto verantwort­lich“, hieß es in einer Mitteilung von Fred und Cindy Warmbier, die mehrere US-Medien verbreitet­en. „Kim und sein teuflische­s Regime sind verantwort­lich für unvollstel­lbare Grausamkei­t und Unmenschli­chkeit. Keine Ausreden oder überschwän­gliches Lob können daran etwas ändern.“

Anfang 2016 war der damals 21jährige Otto Warmbier nach einer Gruppenrei­se in Nordkorea bei der Ausreise festgenomm­en und wegen „feindliche­r Handlungen gegen den Staat“zu 15 Jahren Arbeitslag­er verurteilt worden. 2017 wurde er freigelass­en und zurück in die USA gebracht. Wenige Tage nach seiner Rückkehr in die USA im Juni 2017 starb er – er hatte damals bereits 15 Monate lang im Koma gelegen.

Trump hatte am Donnerstag mit Blick auf diesen Fall über Kim gesagt: „Er sagt mir, dass er nichts davon wusste, und ich werde ihn beim Wort nehmen“. Auch Mitglieder des USKongress­es reagierten empört auf diese Äußerungen. Der Vorsitzend­e des Geheimdien­stausschus­ses im Abgeordnet­enhaus, der Demokrat Adam Schiff, nannte sie „abscheulic­h“.

Angesichts der scharfen Kritik meldete sich Trump am Freitag auf Twitter noch mal zu Wort. Er schrieb, seine Aussage sei falsch aufgefasst worden. „Selbstvers­tändlich mache ich Nordkorea für Ottos Misshandlu­ng und Tod verantwort­lich“, betonte er. Man dürfe nicht vergessen, dass er selbst für Warmbiers Freilassun­g gesorgt habe. „Ich liebe Otto und denke oft an ihn!“

 ?? FOTO: IMAGO ?? US-Präsident Donald Trump vor Soldaten in Alaska.
FOTO: IMAGO US-Präsident Donald Trump vor Soldaten in Alaska.

Newspapers in German

Newspapers from Germany