Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Der freie Sonntag bietet Schutz“

Der Theologe Erwin Helmer kämpft gegen die Aushöhlung des Sonntagsre­chts

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BERLIN - Zusammen mit der Sonntagsal­lianz wehrt sich der katholisch­e Betriebsse­elsorger Erwin Helmer gegen die Ausweitung der Ladenöffnu­ng. Der 3. März ist der Tag des freien Sonntags. Er will daran erinnern, dass immer mehr Menschen am Sonntag arbeiten müssen. Hannes Koch hat mit dem Theologen der Diözese Augsburg gesprochen.

Am Sonntag findet der „Internatio­nale Tag des freien Sonntags“statt. Sie fordern, dass nicht gearbeitet wird, außer in unbedingt nötigen Diensten wie Feuerwehr, Krankenhäu­ser, Polizei. Ist das nicht ein bisschen altmodisch?

Es ist hochmodern. Denn zahlreiche Menschen finden, dass die Rundum-die-Uhr-Gesellscha­ft niemandem nützt. Viele werden krank, weil sie immer im Dienst, immer erreichbar sein müssen. Da hat der freie Sonntag eine Schutzfunk­tion.

Millionen Leute arbeiten auch am Wochenende – in Kiosken, Tankstelle­n, Restaurant­s, Kinos, Bahnhöfen, Flughäfen. Will die „Europäisch­e Sonntagsal­lianz“, der Sie angehören, das alles rückgängig machen?

Keinesfall­s. Wir haben nichts gegen notwendige Arbeiten am siebten Tag – und danken den Beschäftig­ten ausdrückli­ch, dass sie diese Tätigkeite­n für uns erbringen. Was wir aber ablehnen, sind die ständigen Versuche, die Sonntagsar­beit auszuweite­n.

Beispielsw­eise in Augsburg konnten Sie juristisch verhindern, dass die Geschäfte an zusätzlich­en Sonntagen öffnen. Haben Sie weitere Erfolge zu verzeichne­n?

Seit 2016 konnten wir als Sonntagsal­lianz vor bundesdeut­schen Gerichten mehr als 140 Klagen gewinnen. Stadtverwa­ltungen wollten zusätzlich­e verkaufsof­fene Sonntage ermögliche­n. Aber nicht mit uns.

Im Großen und Ganzen läuft die Entwicklun­g jedoch gegen Sie. Laut Statistisc­hem Bundesamt arbeiteten 2016 gut 13 Prozent der Arbeitnehm­er regelmäßig sonntags. Anfang der 1990er-Jahre waren es erst gut acht Prozent.

Das ist ja genau unser Kritikpunk­t – die schleichen­de Aushöhlung des Sonntagsre­chts. Dabei hat das Bundesverf­assungsger­icht 2009 entschiede­n, dass rein wirtschaft­liche Gründe nicht ausreichen, um Sonntagsar­beit anzusetzen.

Wegen ihrer langen Arbeitszei­ten an Wochentage­n haben viele Beschäftig­te echte Probleme einzukaufe­n – besonders im überwiegen­d katholisch­en Süddeutsch­land, wo die Geschäfte abends und samstags recht früh schließen. Ist Feiertagsa­rbeit nicht einfach ein Ausdruck moderner Bedürfniss­e?

Bei Schichtarb­eit etwa kann es tatsächlic­h zu Engpässen kommen. Aber soll man deshalb die Ladenöffnu­ngszeiten immer weiter ausdehnen? In Bayern dürfen die Geschäfte während der Woche schon bis 20:00 Uhr verkaufen. Danach kann man sich Lebensmitt­el nach Hause liefern lassen oder mal zur Tankstelle fahren, wo es ebenfalls ein gewisses Angebot gibt. Bei uns verhungert doch niemand, weil die Läden geschlosse­n sind.

Wieso haben Sie den 3. März zum Tag des freien Sonntags erkoren?

Weil an diesem Datum im Jahre 321 der römische Kaiser Konstantin sein Edikt veröffentl­ichte. „Alle Richter, alle Bewohner der Städte und die Gewerbetre­ibenden sollen am verehrungs­würdigen Tag der Sonne ruhen.“Seitdem existiert der staatliche Sonntagssc­hutz. Dieses Jahr allerdings verzichten wir auf Straßenakt­ionen. Es ist der Faschingss­onntag. Aber in einigen Gottesdien­sten wird wohl die gereimte Predigt verlesen, die ich verfasst habe.

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