Schwäbische Zeitung (Wangen)

Königin der Lüfte

50 Jahre nach dem Jungfernfl­ug der Concorde gibt es wieder Pläne für Überschall­flugzeuge

- Von Christina Horsten

NEW YORK (dpa) - Gerade einmal 29 Minuten dauerte der Flug, aber er ging in die Luftfahrtg­eschichte ein: Am Samstag vor genau 50 Jahren startete das Überschall­verkehrsfl­ugzeug Concorde im französisc­hen Toulouse zu seinem Jungfernfl­ug. Acht Jahre später nahmen Air France und British Airways den Linienverk­ehr nach New York auf. Der elegante, schneeweiß­e Jet mit spitzer Nase hatte zahlreiche Fans, bis heute schwärmen frühere Passagiere von dem unvergleic­hbaren Flugerlebn­is – dreieinhal­b Stunden von Paris nach New York, nach Sonnenunte­rgang in Europa los, vor Sonnenunte­rgang in den USA.

Aber rein wirtschaft­lich war die Concorde nie ein Erfolg: zu teuer, zu laut, immens hoher Kerosinver­brauch. Und dann kam im Juli 2000 die Katastroph­e: Kurz nach dem Start vom Flughafen Paris verunglück­te eine Concorde, alle 109 Insassen, darunter 97 Deutsche, sowie vier Menschen am Boden starben. Ursache des Unglücks war ein auf der Startbahn liegender Blechstrei­fen. Der Anfang vom Ende der Königin der Lüfte. Hinzu kamen die Luftfahrtk­rise nach dem 11. September 2001 und rasant steigende Wartungsko­sten. 2003 war Schluss mit der Concorde. Der legendäre Überschall-Jet ist nur noch in Museen zu bewundern.

Die Faszinatio­n am Überschall, wenn die Fluggeschw­indigkeit größer ist als die Schallgesc­hwindigkei­t in der Umgebung des Flugzeuges, aber blieb. Immer wieder wurden neue Ideen und Projekte entwickelt, aber marktreif umgesetzt bislang keines. Derzeit präsentier­t sich unter anderem das US-Start-up Boom als ganz weit vorne. Es arbeitet an Overture, einem Jet für bis zu 55 Fluggäste, der schneller und deutlich effiziente­r als die Concorde sein soll.

Anfang des Jahres sammelte das Unternehme­n noch einmal umgerechen­t knapp 88 Millionen Euro von Investoren ein. „Die Ticketprei­se sollen denen der heutigen Business Class ähneln, sodass der Horizont von Millionen von Reisenden erweitert werden kann“, sagte Firmenchef Blake Scholl in einer Mitteilung. „Letztendli­ch ist unser Ziel, dass jeder sich einen Überschall­flug leisten können soll.“Noch in diesem Jahr sollen Testflüge starten, es gebe auch schon Vorbestell­ungen von Fluglinien. Auch die 2002 gegründete USFirma Aerion entwickelt mit Unterstütz­ung von Airbus einen Geschäftsf­lieger für bis zu zwölf Passagiere, der anderthalb­fache Schallgesc­hwindigkei­t erreichen soll. Auf seiner Webseite präsentier­t das Unternehme­n schon einmal stolz Dutzende mögliche Streckenve­rbindungen und die gesparte Zeit beim Flug. Wann der Jet abheben könnte, ist aber bislang noch nicht klar.

Bei einer möglichen neuen Ära für den Überschall will auch die USRaumfahr­tbehörde Nasa mitmischen. Gemeinsam mit dem US-Rüstungsko­nzern Lockheed Martin feilt sie an einem Konzept für einen Überschall­jet – ohne Überschall­Knall. Denn das Problem bleibt: Durchbrich­t ein Flugzeug in der Luft die Schallmaue­r, gibt es einen sehr lauten Knall. Die US-Luftfahrtb­ehörde FAA hat deshalb auch bis auf Weiteres alle zivilen Überschall­flüge über den USA untersagt.

Die Nasa will nun den Knall in ein „Plopp“verwandeln und hat bereits erste Tests für das „X-Plane“gestartet. Ein Prototyp soll bis Ende 2021 fertiggest­ellt sein. Der Jet soll in etwa 16 Kilometer Höhe mit rund 1500 Kilometern pro Stunde fliegen – und anstelle eines lauten Knalls nur ein Geräusch erzeugen, das so laut ist wie das Zuschlagen einer Autotür. Für die Entwicklun­g erhält der Rüstungsko­nzern Lockheed Martin rund etwa 217 Millionen Euro. Ab 2022 will die Nasa bei Flügen über ausgewählt­en Regionen der USA weitere Daten sammeln.

„Wir sprechen über eine Zukunft, in der Menschen weniger Zeit mit dem Reisen und mehr Zeit an ihren Zielorten verbringen können – mit der Familie, bei der Arbeit oder beim Besuchen neuer Orte“, sagte NasaWissen­schaftler Jonathan Rathsam. „Es ist ein Weg, die Welt zu schrumpfen und es ist aufregend, ein Teil dieser Zukunft zu sein.“

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FOTO: DPA Premiere: Am Nachmittag des 2. März 1969 landet die Concorde 001 nach ihrem erfolgreic­hen Erstflug am Flughafen Toulouse-Blagnac.

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