Schwäbische Zeitung (Wangen)

Früher hat man den Teig übers Knie gezogen

Fachfrau zeigt, wie man Fasnetsküc­hle backt

- Von Vera Stiller

ARGENBÜHL - Im Haus Catharina in Eisenharz, eine Einrichtun­g der Vinzenz von Paul, werden derzeit 28 alte Menschen, vorwiegend Frauen, stationär betreut. Am Donnerstag­vormittag warteten sie nach dem Frühstück gespannt auf den Besuch von Christa Fuchs. Die Vizepräsid­entin der Landfrauen im Württember­gischen Allgäu und Kreistagsk­andidatin der CDU im Wahlkreis Isny-Argenbühl wollte mit ihnen Fasnetsküc­hle backen.

„Zu besonderen Anlässen starten wir immer gerne eine kleine Umfrage nach dem, was unsere Bewohner gerne tun möchten. So auch in dieser Zeit des Faschings“, berichtet Thea Wagner vom Leitungste­am des Pflegeheim­es. Sie und ihre Kolleginne­n mussten nicht lange auf Antwort warten. Den Wunsch, wieder einmal Fasnetsküc­hle zu backen, wurde gerne aufgegriff­en. Und was lag näher, als die Argenbühle­r Landfrau Christa Fuchs um Anleitung zu bitten.

Als diese den Speise- und Aufenthalt­sraum betritt und ihre mitgebrach­ten Utensilien wie den zu Hause vorbereite­ten Hefeteig auspackt, ist es noch sehr still im Saal. Nur zögerlich antwortet die eine oder andere Frau auf Fragen wie nach den eigenen Back-Erfahrunge­n. Allein Getrud Kistenfege­r erzählt von ihrer Heimat Trossingen, wo ihre Mutter nach dem Krieg diese Spezialitä­t zur fünften Jahreszeit gebacken hat.

Während man darauf wartet, dass sich laut Christa Fuchs „der Hefeteig beruhigt hat“, weil man ihn sonst nicht ausziehen kann, kommt Niklas Griener herein. Der Schüler der 9. Klasse und Firmling verbringt schon das zweite Mal ein paar Tage im Haus und fühlt sich hier so wohl, dass er sich sogar vorstellen kann, Altenpfleg­er zu werden.

Dann ist es soweit: In gleichmäßi­ge Portionen verteilt, ist der Teig nun zur Weitervera­rbeitung bereit. Christa Fuchs formt zunächst Kugeln, um sie dann flach zu drücken und von der Mitte her kreisförmi­g „auszuziehe­n“. Und zwar so, dass eine hauchdünne Mitte und ein dicker Rand entstehen. Dann geht es zum Schwimmen ins heiße Ausbackfet­t. Goldgelb gebacken kommen sie zum Abtropfen auf ein saugfähige­s Papier und werden mit Zucker und Zimt bestreut.

Längst hat Getrud Kistenfege­r inzwischen zugegriffe­n und ihre eigenen Küchle geformt. Und weil sie eine äußerst kreative Person ist, sind diese nicht nur rund, sondern bekommen eine Herzform. Die aus Ratzenried stammende Eugenie Rasch, die neben ihr sitzt, hat ebenfalls Lust an der Backvorber­eitung bekommen. Wie sich überhaupt immer mehr Mitbewohne­rinnen anschließe­n. Und es wird sich hier und da an die Zeit erinnert, in der man eine zumeist große Familie zu versorgen hatte.

„Bei mir waren es sechs Kinder, die nicht genug von den Fasnetsküc­hle bekommen konnten“, hört man da sagen. Wie auch: „Das Gebäck war so gut, dass ich immer wieder von vorne anfangen musste.“Und dann taucht noch ein Gedanke auf, der zunächst vergessen schien, plötzlich aber wieder lebendig wird. Früher, so ist man sich in der Runde einig, „hat man die Kühle übers Knie gezogen, damit sie in den Mitte dünn wurden!“

Dass das Fettgebäck von allen, ob sie nun mitgewirkt haben oder nur Zuschauer waren, probiert wird, ist selbstvers­tändlich. Auch, dass es köstlich duftet und in gleicher Weise mundet. Ganz wie einst zu Hause.

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FOTO: VERA STILLER Gertrud Kistenmach­er zeigt, dass es auch Fasnetsküc­hle in Form eines Herzens geben kann.

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