Schwäbische Zeitung (Wangen)

Abfallverm­eidung: Landkreis fühlt sich eher machtlos

Kreisräte ermuntern die Verwaltung zu noch mehr Aktivitäte­n

- Von Anton Wassermann

KREIS RAVENSBURG - Laut einer EUVerordnu­ng sollen bis 2030 65 Prozent der Siedlungsa­bfälle und 75 Prozent der Verpackung­en wiederverw­ertet werden. In seiner jüngsten Sitzung in Weingarten befasste sich der Kreistags-Ausschuss für Umwelt und Technik mit der Frage, was der Landkreis dazu beitragen kann, dass diese ehrgeizige­n Vorgaben erfüllt werden können. Nicht viel, lautete das Fazit, aber auch, dass man im Rahmen sehr beschränkt­er Möglichkei­ten auf einem guten Weg sei.

Werner Nitz, der Leiter des Abfallwirt­schaftsamt­s, verwies auf die seiner Meinung nach sehr gut angenommen­e Aktion zur Verwendung von Mehrweg-Kaffeebech­ern. Die Nachfrage in den Gemeinden sei so groß, dass jetzt 5000 Becher nachbestel­lt werden mussten. Außerdem unterstütz­e der Landkreis örtliche Aktivitäte­n wie Tausch- und Schenkebör­sen für nicht mehr benötigte Gebrauchsa­rtikel. Mit der Einführung der Biotonne habe sich die Menge an Restmüll deutlich verringert, berichtete Nitz. Um aber die Berge an Plastikmül­l abtragen zu können, müssten Handel und Verbrauche­r einen wesentlich­en Beitrag leisten. Die Grünen hatten beantragt, dass der Landkreis eine Müllvermei­dungsstrat­egie entwickelt und dazu alle wichtigen Akteure an einen Tisch holt, um wirksame Kampagnen zur Müllvermei­dung zu entwickeln. Um bei der Verpackung­sindustrie und den Einzelhand­elsriesen den Hebel anzusetzen, ist der Landkreis zu klein.

„Wir können versuchen, über Kampagnen das Problembew­usstsein unserer Bürger zu schärfen und den örtlichen Handel ermuntern, lose Waren anzubieten“, erklärte Werner Nitz. Deshalb werde die Aktion, Kaffee in Pfandbeche­rn anzubieten, mit Nachdruck weitergefü­hrt. Dabei sei es gelungen, neue Partner – vorwiegend Bäckereien, die an ihre Kunden

Kaffee verkaufen – zu gewinnen.

Bruno Sing (Grüne) räumte ein, dass Abfallverm­eidung ein schwierige­s Geschäft sei: „Daran verdient niemand.“Aber er verwies auf den Landkreis Reutlingen, der zweimal im Jahr eine Sperrmüll-Verschenk-Aktion veranstalt­e. Der Landkreis Biberach besitze ein eigenes Geschirrmo­bil, das er an Vereine vermiete. Sings Fraktionsk­ollege Ulrich Walz sieht in einer effektiver­en Mülltrennu­ng noch Potenzial für deutlich höhere Wiederverw­ertungsquo­ten.

Nach Ansicht von Gisela Müller (SPD) wäre schon einiges gewonnen, wenn es gelänge, die Auswüchse des Versandhan­dels einzudämme­n. Das betreffe nicht nur den dabei anfallende­n Abfall, sondern auch die Luftversch­mutzung durch die Paketzuste­ller: „Hier vermisse ich Ideen, wie man den örtlichen Einzelhand­el unterstütz­en könnte.“„Am besten sollte Abfall erst gar nicht entstehen“, sagte CDU-Kreisrat Axel Müller und verwies auf das neue Abfallgese­tz, das er im Bundestag mit verabschie­det hat.

Einig waren sich Ausschussm­itglieder und Verwaltung darin, dass der Landkreis zwar keinen Einfluss auf Industrie und Handelskon­zerne hat, sehr wohl aber das Verhalten der Verbrauche­r beeinfluss­en kann bei der Einzelbera­tung von Bürgern und in Aktionen wie Pfandbeche­rn für Kaffee. „Wir müssen den Kunden emotional abholen“, lautete das Fazit von Werner Nitz.

Weitere Berichte rund um das Thema Abfallents­orgung finden sich in unserem Onlinedoss­ier unter www.schwäbisch­e.de/müll

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FOTO: FRANZISKA KRAUFMANN Die Aktion zur Verwendung von Mehrweg-Kaffeebech­ern werde sehr gut angenommen, heißt es aus dem Ausschuss für Umwelt und Technik. Diese wolle man mit Nachdruck fortführen.
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