Abfallvermeidung: Landkreis fühlt sich eher machtlos
Kreisräte ermuntern die Verwaltung zu noch mehr Aktivitäten
KREIS RAVENSBURG - Laut einer EUVerordnung sollen bis 2030 65 Prozent der Siedlungsabfälle und 75 Prozent der Verpackungen wiederverwertet werden. In seiner jüngsten Sitzung in Weingarten befasste sich der Kreistags-Ausschuss für Umwelt und Technik mit der Frage, was der Landkreis dazu beitragen kann, dass diese ehrgeizigen Vorgaben erfüllt werden können. Nicht viel, lautete das Fazit, aber auch, dass man im Rahmen sehr beschränkter Möglichkeiten auf einem guten Weg sei.
Werner Nitz, der Leiter des Abfallwirtschaftsamts, verwies auf die seiner Meinung nach sehr gut angenommene Aktion zur Verwendung von Mehrweg-Kaffeebechern. Die Nachfrage in den Gemeinden sei so groß, dass jetzt 5000 Becher nachbestellt werden mussten. Außerdem unterstütze der Landkreis örtliche Aktivitäten wie Tausch- und Schenkebörsen für nicht mehr benötigte Gebrauchsartikel. Mit der Einführung der Biotonne habe sich die Menge an Restmüll deutlich verringert, berichtete Nitz. Um aber die Berge an Plastikmüll abtragen zu können, müssten Handel und Verbraucher einen wesentlichen Beitrag leisten. Die Grünen hatten beantragt, dass der Landkreis eine Müllvermeidungsstrategie entwickelt und dazu alle wichtigen Akteure an einen Tisch holt, um wirksame Kampagnen zur Müllvermeidung zu entwickeln. Um bei der Verpackungsindustrie und den Einzelhandelsriesen den Hebel anzusetzen, ist der Landkreis zu klein.
„Wir können versuchen, über Kampagnen das Problembewusstsein unserer Bürger zu schärfen und den örtlichen Handel ermuntern, lose Waren anzubieten“, erklärte Werner Nitz. Deshalb werde die Aktion, Kaffee in Pfandbechern anzubieten, mit Nachdruck weitergeführt. Dabei sei es gelungen, neue Partner – vorwiegend Bäckereien, die an ihre Kunden
Kaffee verkaufen – zu gewinnen.
Bruno Sing (Grüne) räumte ein, dass Abfallvermeidung ein schwieriges Geschäft sei: „Daran verdient niemand.“Aber er verwies auf den Landkreis Reutlingen, der zweimal im Jahr eine Sperrmüll-Verschenk-Aktion veranstalte. Der Landkreis Biberach besitze ein eigenes Geschirrmobil, das er an Vereine vermiete. Sings Fraktionskollege Ulrich Walz sieht in einer effektiveren Mülltrennung noch Potenzial für deutlich höhere Wiederverwertungsquoten.
Nach Ansicht von Gisela Müller (SPD) wäre schon einiges gewonnen, wenn es gelänge, die Auswüchse des Versandhandels einzudämmen. Das betreffe nicht nur den dabei anfallenden Abfall, sondern auch die Luftverschmutzung durch die Paketzusteller: „Hier vermisse ich Ideen, wie man den örtlichen Einzelhandel unterstützen könnte.“„Am besten sollte Abfall erst gar nicht entstehen“, sagte CDU-Kreisrat Axel Müller und verwies auf das neue Abfallgesetz, das er im Bundestag mit verabschiedet hat.
Einig waren sich Ausschussmitglieder und Verwaltung darin, dass der Landkreis zwar keinen Einfluss auf Industrie und Handelskonzerne hat, sehr wohl aber das Verhalten der Verbraucher beeinflussen kann bei der Einzelberatung von Bürgern und in Aktionen wie Pfandbechern für Kaffee. „Wir müssen den Kunden emotional abholen“, lautete das Fazit von Werner Nitz.
Weitere Berichte rund um das Thema Abfallentsorgung finden sich in unserem Onlinedossier unter www.schwäbische.de/müll