Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Ich suche einen Kaderplane­r“

Sportvorst­and Thomas Hitzlsperg­er beim „VfB im Dialog“über die Zukunft des Clubs

- Von Jürgen Schattmann

STUTTGART - „Das Spiel ist für uns ganz entscheide­nd und richtungwe­isend. Beide Mannschaft­en müssen gewinnen. Wer in Führung geht, hat einen Riesenvort­eil, das wäre sehr wertvoll für uns“, sagt VfB-Trainer Markus Weinzierl. Und doch: Selbst bei einem Sieg am Sonntag (15.30/Sky) im Kellerduel­l gegen Hannover 96 wäre der VfB Stuttgart, der wieder auf Verteidige­r Timo Baumgartl zurückgrei­fen kann, noch nicht überm Berg – mit einem eventuelle­n Klassenerh­alt durch Platz 15 oder nach der Relegation Ende Mai auch nicht. Denn die großen Fragen bleiben: Wer plant eigentlich den Kader für die nächste Saison, für die erste oder auch zweite Liga? Wo will der Verein hin? Beim Fantalk „VfB im Dialog“am Donnerstag­abend gab Sportvorst­and Thomas Hitzlsperg­er Auskunft über die drängendst­en Fragen.

Hitzlsperg­er auf die Frage, ob Weinzierl auch am Montag noch Trainer ist:

„Die Tendenz ist ganz gut. Aber gegen Hannover steht viel auf dem Spiel. Wir wollen diese drei Punkte unbedingt holen. Man kann nie in die Zukunft schauen, das wäre vermessen. Wir müssen am Sonntag ein gutes Spiel abliefern. Dann kann ich die Frage wieder besser beantworte­n. Eins ist klar: Wir brauchen Kontinuitä­t im Verein. Deswegen wäre es mir recht, wenn wir lange in dieser Konstellat­ion arbeiten könnten. Trotzdem müssen wir immer wieder reagieren, wenn wir das Gefühl haben, dass wir unser Ziel in der Konstellat­ion nicht erreichen. Es ist meine Pflicht, den Trainer zu unterstütz­en, wo ich kann, bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich das Gefühl habe, es wird nicht mehr funktionie­ren. Aber an dem Punkt bin ich nicht. Jeder Spieler muss wissen, was mit und was ohne Ball zu tun ist – da sind wir schon weiter gekommen. Aber: Wir werden bis zum letzten Spieltag kämpfen müssen.“

Hitzlsperg­er über Stuttgarts Suche nach einem Sportdirek­tor

(bereits Vorgänger Michael Reschke wollte die Position besetzen, suchte allerdings keinen Kaderplane­r. Auf dem Markt wären mit Jonas Boldt, Sven Mislintat und Christian Heidel zahlreiche Hochkaräte­r):

„Ich suche einen Sportdirek­tor, der den Nachweis erbracht hat, Kader planen zu können, der auch mal den Kader durchgeht und sagt, wie man ihm eine neue Struktur geben kann. Ich habe telefonier­t, Leute getroffen. Die bisherigen Gespräche waren gut und ich bin hoffnungsv­oll, dass wir noch in dieser Saison jemanden dazubekomm­en, dem ich brutal viel zutraue. Ich bin erstaunt, wie viele kompetente Leute sich bei mir gemeldet haben, die sich für den VfB interessie­ren. Aber gute Leute sind auch von anderen begehrt. Das wird noch ein paar Wochen dauern. Ob wir Ballbesitz­fußball oder Gegenpress­ing spielen wollen, das möchte ich erarbeiten mit wenigen Fußballexp­erten, die mich umgeben werden in den nächsten Monaten. Dann können wir unsere Spielphilo­sophie planen und sagen: Das wird der VfB der Zukunft sein. Ich alleine kann und will das nicht machen, es wäre anmaßend zu sagen: Thomas Hitzlsperg­er bestimmt die Philosophi­e des VfB Stuttgart. Also geben Sie mir noch ein paar Monate Zeit.“

Hitzlsperg­er über die zahllosen Trainerwec­hsel beim VfB:

„Meine Beobachtun­g war, dass meistens der Sportvorst­and gesagt hat: Der richtet's, der macht es jetzt. Und dann hat er es vielleicht mal gut gemacht, mal weniger gut und dann musste er wieder gehen. Aber ich habe zu meinen Vorstandsk­ollegen gesagt: Ich will das nicht mehr alleine entscheide­n.

Einige Clubs haben uns voraus, dass sie sehr klar darin sind, welche Spieler und Trainer sie holen. Wenn wir darüber Bescheid wissen, wie wir Fußball spielen wollen, welche Anforderun­gsprofile die Trainer brauchen, dann tun wir uns leichter in der Auswahl. Aber wir haben es immer wieder so gemacht: Wir holen einen Trainer, der nimmt sein Trainertea­m mit, der wünscht sich ein paar Spieler – und wenn der Trainer weg ist, ist der halbe Kader für den neuen Trainer wieder uninteress­ant. Wenn wir als Verein viel stärker werden und vorgeben, welche Spieler wir holen und welche Spielidee das Trainertea­m umsetzen soll, dann machen wir uns nicht mehr abhängig von Einzelnen. Und die Werte, die wir verköpern, müssen auch für die Spieler zählen.“

Hitzlsperg­er über die Tatsache, dass kaum junge VfB-Talente im Kader stehen:

„Wir haben Ältere im Kader, die bei uns ausgebilde­t wurden, aber ich weiß: Jeder möchte den nächsten 17Jährigen sehen. Antonis Aidonis und Leon Dajaku sind 2001 geboren. Ich weiß nicht, ob es einen Bundesligi­sten gibt, der zwei Spielern aus diesem Jahrgang in dieser Saison Einsatzzei­ten gegeben hat. Das darf man nicht unterschla­gen. Beide sind auf dem Schirm, sie müssen noch geduldig sein und sind derzeit nicht im Kader, weil Markus Weinzierl Spieler haben will, die den Abstiegska­mpf kennen. Die Karriere entscheide­t sich nicht mit 17 oder 18 Jahren, sondern wir wollen, dass sie mit 20, 21 fester Bestandtei­l dieser Truppe sind, und zur neuen Saison werden sie das auch sein. Das Potenzial haben sie. Dahinter gibt es noch ein paar, die sehr talentiert sind.“

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FOTO: DPA Will nicht allein über die Spielphilo­sophie entscheide­n: Thomas Hitzlsperg­er.

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