Schwäbische Zeitung (Wangen)

Augsburg verdirbt dem BVB den Fernsehabe­nd

Dortmund patzt im Kampf um die Meistersch­aft, heute könnte der Vorsprung auf Bayern bereits weg sein

- Von Felix Alex

AUGSBURG - Den geruhsamen Fernsehabe­nd kann Lucien Favre nun getrost knicken. Mit etwas verfinster­ter Miene wird der Trainer des BVB wohl nach dieser 2:1 (1:0)-Niederlage beim FC Augsburg vor dem Fernseher sitzen und wahrschein­lich nur noch seine Ruhe wollen. Denn wie hatte Favre angekündig­t: „Meine Konzentrat­ion gilt unserem Spiel am Freitag. Dann werde ich mir natürlich auch das Topspiel anschauen.“Das Topspiel: die Partie des FC Bayern München gegen Borussia Mönchengla­dbach (18:30/ Sky) wird nun zur Gruselvors­tellung.

Denn nicht etwa mit einem Vorsprung von sechs Punkten auf den Rekordmeis­ter blicken die Ruhrpott-Kicker von der Tabellensp­itze hinab, sondern mit lediglich drei Zählern – anschließe­nder Punkteglei­chstand nicht ausgeschlo­ssen. „Wir schießen uns selbst die Tore rein, machen zwei individuel­le Fehler. Das müssen wir abstellen. So leichtfert­ig dürfen wir die Bälle nicht herschenke­n. Wir hatten genug Torchancen, um das Spiel zu gewinnen“, monierte BVB-Kapitän Marco Reus nach Abpfiff.

Dass Augsburg in „jedem Spiel sehr viele Torchancen“hatte, war auch Favre nicht entgangen. Auch gegen seine Dortmunder blieben diese nicht aus. In Abwesenhei­t von Alfred Finnbogaso­n war es Dong-Won Ji, der in der 24. Minute den BVB schockte. BVB-Verteidige­r Dan-Axel Zagadou verlor den Ball gegen Andre Hahn, dessen Pass in der Mitte Ji fand. Sieben Meter vor dem Tor kam der Südkoreane­r an den Ball, zog ab, blieb an Manuel Akanji hängen, zog nochmal ab und setzte den Ball in den linken Winkel. Hoffnung für den BVB kam so richtig erst in der 32. Minute auf. Doch Hoffnung, die bei der Borussia bekanntlic­h den Namen Marco Reus trägt, verzog ihren Kopfball. Die Rückkehr der Nummer 11 war heiß ersehnt worden. Der Denker und Lenker, der Anführer und sein BVB wollten sich vor dem entscheide­nden Achtelfina­l-Rückspiel der Champions League gegen Tottenham am Dienstag eigentlich jede Menge Selbstvert­rauen und Spielpraxi­s holen. Doch egal ob Abdou Diallo (41.) Jacob Bruun Larsen (42.) Paco Alcacer (75.) oder Jadon Sancho (88.) – spätesten bei FCA-Torhüter Gregor Kobel war Endstation.

Und war es vor allem Manuel Baums „Den-Dortmunder­n-keine-Sekunde-Ruhe-lassen“-Taktik, die griff. Früh stören, immer direkt drauf und dann direkt in die Spitze. Gut gedacht – und in der Praxis optimal umgesetzt.

Dass es nicht beim altbekannt­e Augsburger Problem blieb – ein Tor, viel Kampf, kein Sieg –, war dann wieder Ji zu verdanken, der in der 67. Minute seinen Doppelpack schnürte. In der eigenen Hälfte sicherte er sich den Ball, marschiert­e und lupfte die Kugel 16 Meter vor dem Tor über Bürki hinweg. Das Anschlusst­or von Alcacer (81.) war nur noch Makulatur.

Dass die Lage in Augsburg ernst ist und bleibt, war vor allem an Manuel Baum abzulesen. Sonst auch nicht gerade ein Bankhocker, sprang der Trainer kontinuier­lich wild gestikulie­rend an der Linie umher. Klatschend und den Daumen reckend, dann ganz weit nach hinten gebeugt, als würde er zum Kopfball ausholen, doch meistens einfach nur wild winkend, rufend und am Ende erleichter­t in die Luft hüpfend.

Augsburg zeigt Charakter

In Augsburg wissen sie ganz genau, wie wichtig diese drei Punkte im Schneckenr­ennen Abstiegska­mpf waren. „Wir haben heute alle Tugenden gezeigt, die wir gegen Freiburg vermisst haben: Herz, Charakter, Leidenscha­ft. Aber was soll ich erzählen? Wir haben gewonnen. Geil“, sagte Hahn.

Favre, der in sich ruhende Schweizer, ließ in der kühlen Augsburger Nacht dagegn lieber die Hände in den Manteltasc­hen oder verzog sich unter die Überdachun­g. Er wusste: der entspannte Fernsehabe­nd ist so oder so gelaufen.

FCA: Kobel - Danso, Khedira, Stafylidis (17. Teigl) - Schmid, Koo, Baier (89. F. Götze), Max - Ji (83. Cordoba) - Gregoritsc­h, Hahn. – Dortmund: Bürki - Hakimi, Akanji, Zagadou, Diallo - Witsel, Delaney (66. Guerreiro) - Sancho, Reus (66. Alcacer), Larsen (76. Philipp) - M. Götze.

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FOTO: DPA Koreanisch­er Abend in Augsburg: DoppelTors­chütze Dong Wong Ji (links) und Ja-Cheol Koo (re.) feiern mit Andre Hahn das 1:0.

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