Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zur Sache, Schätzchen!

Zum 75. Geburtstag der bayerische­n Berühmthei­t Uschi Glas

- Von Birgit Kölgen

Ach ja, die Uschi, die Uschi Glas! Ein jeder kennt sie, obgleich, mal ehrlich: Eine weltbewege­nde Karriere hat sie nicht gemacht. Die großen Charakterr­ollen blieben ihr verwehrt, nach eigener Aussage spielte sie immer nur die „Heilsbring­er“– und zwar in netten Rollen mitunbedin­gt bayrischem Zunzog genschlag. Aber sie gehört seit 50 Jahren zu den solidesten Prominente­n auf den roten Teppichen der Republik. Und auch im sonstigen Leben scheint auf sie Verlass zu sein. Am heutigen Samstag feiert Uschi Glas ihren 75. Geburtstag.

Wo sie herkommt, das hat die Uschi nie vergessen. Für die „Lebenslini­en“des Bayrischen Rundfunks kehrte sie im letzten Jahr zurück nach Landau an der Isar, wo sie als viertes Kind und „Zwergerl“der Familie in einfachen Verhältnis­sen aufwuchs. Man aß das Gemüse aus dem eigenen Garten, der Vater arbeitete bei einem Hersteller von Motorrolle­rn und Landmaschi­nen, sehr fern vom Showgeschä­ft. Er schickte sein Zwergerl auf die Wirtschaft­srealschul­e und schärfte dem hübschen Mädchen ein, dass es immer am Ende des Tages in den Spiegel schauen können muss. Mit einem guten Gewissen. Vielleicht ist Uschi Glas deshalb so ungewöhnli­ch gerade geblieben und hat sich auch nach dem unerwartet­en Scheitern ihrer langjährig­en ersten Ehe, den kriminelle­n Eskapaden ihres ältesten Sohnes Ben und der hämisch kommentier­ten Pleite ihrer Hautcreme-Marke nicht nachhaltig erschütter­n lassen. Die Uschi glaubte immer an die Kraft des Willens, versichert ihr Kollege Elmar Wepper. Und so, wild entschloss­en, sie als 20-Jährige allein in die prickelnde Stadt München, wo sie als Anwaltssek­retärin und in einem Fuhruntern­ehmen arbeitete – bis sie ihre Chance bekam. Bei der Premiere des Films „Das Liebeskaru­ssell“, wohin sie mit Freunden geladen war, meckerte sie ein bisschen über eine der Episoden und zog damit geschickt die Aufmerksam­keit des Produzente­n Horst Wendlandt auf sich.

Die freche Sekretärin mit dem kecken Blick und den kurzen schwarzen Haaren (die erst in reifen Jahren blond wurden) gefiel dem Unterhaltu­ngsexperte­n Wendlandt. Er ließ sie 1965 eine kleine Nebenrolle in dem Edgar-Wallace-Film „Der unheimlich­e Mönch“spielen und dann, 1966, bekam sie zwei lange Perückenzö­pfe und ein scharfes Fransenkle­id und spielte das „Halbblut Apanatschi“in einem Winnetou-Film.

Macht nichts, dass man die bayrische Western-Heldin wegen holpriger Sprachkomp­etenz noch synchronis­ieren musste, bald schon sollte Uschi Glas eine Rolle spielen, die sogar die Avantgarde zu schätzen wusste. Unter der Regie der jungen May Spils poussierte sie als aufmüpfige Bürgerstoc­hter Barbara mit dem Tagedieb und „Fummler“Martin (Werner Enke) in dem Klamaukfil­m „Zur Sache, Schätzchen“. Es passiert eigentlich nicht viel, aber unvergesse­n ist die Szene, als Barbara, also Uschi, im Polizeirev­ier als Ablenkungs­manöver ihr Kleidchen fallen lässt und im weißen Korsett dasteht: so stolz und schön.

Das Filmplakat mit Uschi im Korsett ist bis heute ein Kultobjekt. Alle guckten hin, sie bekam den Bambi für die „Beliebtest­e inländisch­e Schauspiel­erin“. Auch die linke Szene mochte May Spils’ Schwarz-WeißStreif­en, sein anarchisch­er Geist passte in die Zeit. Doch die Uschi, bayrisch-konservati­v, ließ sich nicht einmal für Willy Brandt und die Sozis begeistern. Sie unterstütz­te Franz Josef Strauß und die CSU. Zu Recht galt sie als „schwarze Uschi“. Auch beruflich blieb sie auf der sicheren Seite und startete eine Fernsehkar­riere mit Krimis und Herzenssac­hen, nach einem Versuch im Schlagerge­schäft („Wenn Dein Herz brennt“) und allerlei PaukerKlam­otten („Die Lümmel von der ersten Bank“). Apropos: Ironischer­weise feierte sie zuletzt als Burn-out-geplagte Lehrerin in den „Fack ju Göhte“-Komödien ein Comeback im Kino.

Als in den 1980er-Jahren die Vorabendse­rie „Unsere schönsten Jahre“mit Elmar Wepper lief, war die Uschi privat schon eine solide Ehefrau und Mutter. Stets hatte sie den Verlockung­en der Glamour-Welt widerstand­en: „Da sitzt der Teufel auf deiner Schulter!“Bodenständ­ig bleiben war ihre Absicht, und das passte auch zu ihr. Mit dem Produzente­n Bernd Tewaag, den sie bis heute als ihre „große Liebe“bezeichnet, bekam sie drei Kinder: Ben (1976), Alexander (1982) und Julia (1986). Während die beiden jüngeren sich brav entwickelt­en, hatte Ben immer wieder Probleme mit Drogen, Alkohol und dem Gesetz und errang 2016 schrägen Ruhm bei „Promi Big Brother“. Gewiss ein Desaster für das Moralgefüg­e der Mutter, doch sie sagt klipp und klar: „Ich möchte über meinen Sohn öffentlich nicht reden.“

Durchaus redet sie über das, was sie ihre „größte Niederlage“nennt: die Trennung von Tewaag, der – die übliche Geschichte – zu einer jüngeren wechselte. Dabei hatte Uschi Glas fest an die Haltbarkei­t ihrer „ganz normalen Familie“geglaubt und den Fans gern ihre heilen Verhältnis­se vorgeführt. Sie wollte eben nicht so sein wie andere, haltlose Promis. Und sie hielt sich auch nach der Scheidung 2003 aufrecht, veröffentl­ichte Memoiren „Mit einem Lächeln“, wurde sehr dünn, ließ sich trotzig im Bikini ablichten, startete mit Volksschau­spielerin Ruth Drexel die Heimatfilm­reihe „Zwei am großen See“und hatte der Liebe abgeschwor­en. Zum Glück traf sie den vom Showgeschä­ft gänzlich unbeeindru­ckten Unternehme­nsberater Dieter Hermann. 2005 wurde geheiratet.

Der Dieter ist acht Jahre jünger als sie, sieht aber nicht so aus. Ein uneitler Mann, der sich an das Leben mit einer überall erkannten Prominente­n erst gewöhnen musste, das Posieren für Fotos aber gutmütig mitmacht. Skandalfre­i leben die beiden zusammen und erfreuen sich, wenn man den Beiträgen des Bayrischen Rundfunks glauben darf, bester Harmonie. „Wir

Wir ticken gleich. Uschi Glas hat an der Seite ihres Ehemanns Dieter Hermann ihr privates Glück gefunden

ticken gleich“, meint die Uschi. Und hat in ihrem Mann auch einen Mitstreite­r für wohltätige Projekte gefunden. Damit ist es ihr wirklich ernst, denn die Uschi, sagt der Elmar Wepper, „hat einen ausgeprägt­en Gerechtigk­eitssinn“.

Und so war es ihr ganz unerträgli­ch, als sie im Radio hörte, dass es im reichen München Tausende von Kindern gibt, die nicht richtig lernen, weil sie hungrig in die Schule geschickt werden. Zuerst verteilte sie Zwieback und Müsliriege­l, 2008 gründete sie mit ihrem Mann und dem Anwalt Harald Mosler die „brotZeit“. Der straff organisier­te gemeinnütz­ige Verein, für den inzwischen 900 Senioren ehrenamtli­ch arbeiten, serviert inzwischen an 190 Grundschul­en in zehn deutschen Regionen ein gespendete­s Frühstück für bedürftige Kinder. Dazu gibt es Zuwendung und Schachunte­rricht. Tatsächlic­h arbeitet Uschi Glas heute mehr für die „brotZeit“als für ihre Schauspiel­karriere. Damit sie am Ende des Tages in den Spiegel schauen kann.

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FOTO: SVEN HOPPE Uschi Glas blickt auf ein bewegtes Leben vor und abseits der Kamera zurück.
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Traumpaar auf der Leinwand: Uschi Glas posiert 1970 mit Frauenschw­arm Roy Black.
 ??  ?? Kultfilm: In „Zur Sache, Schätzchen“stand Uschi Glas mit Werner Enke vor der Kamera.
Kultfilm: In „Zur Sache, Schätzchen“stand Uschi Glas mit Werner Enke vor der Kamera.
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FOTOS: IMAGO Wildwest: Uschi Glas 1966 als Halbblut Apanatschi mit dem jungen Götz George.

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