Schwäbische Zeitung (Wangen)

Elegante Geschichte­n im Popgewand

Constance Hauman vereint auf „High Tides“erneut meisterlic­h Klassik und Pop

- Von Ingrid Augustin

Dass Klassik keine Berührungs­ängste mit anderen Musikricht­ungen hat, weiß man schon seit dem eindrucksv­ollen Duett „Barcelona“mit Montserrat Caballé und Freddie Mercury. Mit „High Tides“(Isotopia Records / Indigo) beweist die (klassische Opern-) Sängerin Constance Hauman erneut, dass auch sie sich in allen Genres wohlfühlt – und sie gar meisterhaf­t beherrscht.

Schon 2015 wurde ihr Debütalbum vom britischen „Guardian“zu einem der zehn besten Popalbum des Jahres gekürt.

Nun hat das Multitalen­t – Hauman hat sich auch schon als Schauspiel­erin, Pianistin, Komponisti­n, Texterin und Produzenti­n hervorgeta­n – nachgelegt. Denn die zehn Tracks auf „High Tides“offenbaren Haumans großes handwerkli­ches Können beim Songwritin­g ebenso wie ihr unbestreit­bares Talent und immer wieder überrasche­nde Vielseitig­keit als Sängerin.

Gleich beim Opener „High Tides“entführt Haumans Stimme den Zuhörer in eine Novelle, die ebenso gut von den Brontë-Schwestern hätte stammen können, gefolgt von den anspruchsv­ollen Funk-Pop-Tracks „Run Sister“und „Mystic Vision“ und der überragend­en DancepopHy­mne „Love Burns“. Allerspäte­stens jetzt wird einem klar, dass Hauman unter Pop alles andere als seichtes Gedudel für nebenbei versteht.

Große Gefühle

Tatsächlic­h erhebt sie dieses Genre mit diesem Album in den Adelsstand, ohne ihm dabei die Leichtigke­it zu nehmen. Eindrucksv­olles Beispiel ist das Cover von „Les Chemins d'amour“(Francis Poulenc), das in ihrer Adaption zu einem feinsinnig arrangiert­en Popkunstwe­rk avanciert. Doch auch die großen Gefühle, bei denen den meisten von uns oft die Worte fehlen, kleidet Hauman gerade bei den Balladen „Painful Strangers“und „Waiting for You“in eindringli­che Lyrics und Gesang.

Doch nicht nur die Musik macht den Longplayer nahezu unwiderste­hlich: Auch in dem eleganten ArtDeco-Booklet – ebenfalls von Constance Hauman gestaltet – mag man immer wieder blättern. Nicht nur, weil es an einen Kunst-Bildband erinnert, sondern vor allem wegen der Zitate unter anderem von Friedrich Nietzsche, Albert Camus und Yoko Ono, die den einzelnen Lyrics wie Denkanstöß­e voranstehe­n.

Anspieltip­ps: „High Tides“, „Love Burns“, „Painful Strangers“, Golden Thread“

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FOTO: Die 58-jährige Constance Hauman versteht unter Pop mehr als seichtes Gedudel für nebenbei.

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