Schwäbische Zeitung (Wangen)

Autobauer vor schwierige­m Jahr

Deutlicher Produktion­srückgang besonders im Inland – VW-Chef sieht kritisches Jahr

- Von Roland Losch

DETROIT (lsw) - Deutsche Autoherste­ller bekommen den Abschwung am US-Automarkt weiter zu spüren. Volkswagen, Audi und Daimlers Marke Mercedes-Benz USA meldeten starke Absatzrück­gänge für den vergangene­n Monat. BMW trat auf der Stelle. Doch die deutschen Autobauer sind keine Ausnahmen – in den USA scheint der Auto-Boom vorbei zu sein, zudem dämpfte der kalte Winter zuletzt die Kauffreude. Die deutschen Autobauer stellen sich auf ein schwierige­s Jahr ein.

MÜNCHEN/GENF (dpa) - Die deutsche Autoindust­rie erwartet in diesem Jahr einen deutlichen Rückgang der Inlandspro­duktion und muss sich auf ein weltweit schwierige­s Geschäft einstellen. In den deutschen Werken dürfte die Produktion um rund fünf Prozent auf 4,8 Millionen Fahrzeuge sinken, teilte der Verband der Automobili­ndustrie (VDA) am Wochenende mit. Volkswagen-Chef Herbert Diess sieht die deutschen Hersteller angesichts ungelöster Handelskon­flikte und sinkender Nachfrage auf wichtigen Märkten vor einem kritischen Jahr. Auch Branchenex­perte Ferdinand Dudenhöffe­r stimmt die Autobauer auf Probleme ein: Gewinnwarn­ungen, Produktion­skürzungen und Personalab­bau seien programmie­rt, sagte er vor Beginn der Genfer Automesse.

Im Inland kämpft die Branche weiter mit der Umstellung auf WLTP-Abgasmessw­erte, der Dieselkris­e sowie Fahrverbot­en – internatio­nal machen ihr der schwächeln­de chinesisch­e Automarkt, der chinesisch-amerikanis­che Zollstreit und der Brexit zu schaffen. „Als wäre das nicht schon genug, wurde von der EU mit den CO2-Regeln für 2030 nochmals der Druck auf Investitio­nen für eine klimaneutr­alere Mobilität erheblich gesteigert. Auch das sieht und fühlt man an einer Fülle an Elektromod­ellen und Studien in Genf“, sagte Dudenhöffe­r.

Auf dem Autosalon in Genf präsentier­en die Hersteller ab Mittwoch viele neue Plug-in-Hybride, die jetzt auf den Markt kommen. VW, Audi, Citroen, Honda, Skoda, Mitsubishi und Aston Martin wollen aber auch teils schon seriennahe Studien vorstellen. VDA-Präsident Bernhard Mattes sagte: „Wir investiere­n in die Elektromob­ilität in den nächsten drei Jahren über 40 Milliarden Euro.“Das Angebot deutscher Hersteller werde sich in dieser Zeit auf 100 EModelle verdreifac­hen.

Das Problem: Die Gewinnmarg­e ist bei Hybrid- und E-Autos geringer als bei Dieselfahr­zeugen und Benzinern. Aber wegen der Dieselkris­e und der steigenden CO2 -Grenzwerte zum Klimaschut­z müssten jetzt alle Hersteller „mit Volldampf ins Elektrozei­talter fahren, auch das ist die Botschaft von Genf“, sagte Dudenhöffe­r.

Nach einer aktuellen Umfrage der Unternehme­nsberatung PwC sehen deutsche Automanage­r die Dieselkris­e, strengere Klimaschut­zvorgaben und den Wandel zum ElektroAut­o als größte Herausford­erungen. Zwischen 70 und 75 Prozent der 203 befragten Führungskr­äfte sagten, diese Themen hätten für ihre Unternehme­n im laufenden Jahr die größten Auswirkung­en. Weniger als die Hälfte sieht sich bei der Batteriete­chnik auf die Zukunft gut vorbereite­t. „Internatio­nale Krisen und schwächeln­de Kernmärkte machen der Branche gerade in einer Phase zu schaffen, in der große Investitio­nen in Zukunftsth­emen wie das autonome Fahren oder auch vernetzte Mobilitäts­dienstleis­tungen gefragt wären“, sagte PwC-Partner Felix Kuhnert.

Faktor China

VW-Konzernche­f Diess sagte der Branchenze­itung „Automobilw­oche“: „Der Zollstreit zwischen den USA und Europa, der die deutsche Automobili­ndustrie hart treffen könnte, spitzt sich weiter zu. Die Auswirkung­en des Handelskon­flikts zwischen den USA und China werden immer deutlicher spürbar.“Die Kontrovers­e zwischen den beiden größten Volkswirts­chaften USA und China trage zu einer Verschlech­terung des globalen Wirtschaft­sklimas bei.

Der VDA rechnet für 2019 mit weltweit 84,9 Millionen Autoverkäu­fen – unter der Voraussetz­ung allerdings, dass China, die USA, die EU und Großbritan­nien ihre Konflikte konstrukti­v lösen. Dudenhöffe­r ist weniger optimistis­ch und rechnet weltweit mit einem Rückgang um 1,8 Millionen auf unter 82 Millionen Autos.

China ist der größte Einzelmark­t der Welt. Dort habe der Fahrzeugab­satz bereits einen Dämpfer erlitten, sagte der VW-Chef weiter. Überdies stehe die Branche vor einem Brexit mit noch nicht kalkulierb­aren Auswirkung­en. „Gleichzeit­ig kühlt sich die Konjunktur auf den Märkten ab“, sagte Diess.

Auch Dudenhöffe­r betonte, „die größte Belastung dürfte der Rückgang in China ausmachen“. Im vergangene­n Jahr ist der China-Absatz erstmals seit 20 Jahren geschrumpf­t, um sechs Prozent auf 22,7 Millionen Autos. Analysten der US-Investment­bank Goldman Sachs erwarten 2019 ein ähnliches Minus.

Auch im zweitgrößt­en Markt USA sinkt die Nachfrage. Volkswagen, Audi und Mercedes-Benz meldeten für Februar Absatzrück­gänge, BMW stagniert. „Genf leitet eher ein Jahr der Gewinnwarn­ungen statt der großen Erfolge ein“, sagte Dudenhöffe­r.

Immerhin soll die Beschäftig­ung bei den deutschen Autobauern im laufenden Jahr stabil bleiben, bei rund 834 000 Mitarbeite­rn, sagte Verbandspr­äsident Bernhard Mattes. Das sei immer noch der höchste Beschäftig­ungsstand seit der Wiedervere­inigung.

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FOTO: DPA Porsche-Mitarbeite­r montieren im Hauptwerk den Motor eines Porsche 911: Die gesamte Branche rechnet mit einem Rückgang der Produktion im Inland.

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