Von Hexen und anderen Narren
Bevor die Hexen am Dienstagabend wieder für ein Jahr aus unseren Straßen verschwinden, wollen wir noch schnell die Gelegenheit nutzen, uns ein paar Gedanken über die gedankenlose Verwendung historischer Begriffe zu machen. Zurückhaltung, Abwägung, Differenzierung haben im Moment keine Konjunktur, und daran haben natürlich politische Gestalten wie unser Freund The Donald ihren Anteil. Trump wäre am liebsten, man würde ihn zum Kaiser krönen, die vielen, lästigen, demokratischen Begrenzungen treiben ihn schier in den Wahnsinn. Besonders dieser Sonderermittler Mueller, der klären soll, ob Trump bei seinem Wahlsieg womöglich russische Unterstützung in Anspruch genommen hat, ist ihm ein Stachel im Fleisch.
Im Trump-Universum hilft da nur die ganz große Keule, und die heißt: „Hexenjagd“. Dabei hat der mächtige Milliardär mit den ohnmächtigen Bedauernswerten, die im Mittelalter wegen abweichender Meinung oder Lebensgestaltung unter widerwärtigsten Umständen ihr Leben lassen mussten, rein gar nichts zu tun. Er hat nicht Folter oder Scheiterhaufen zu fürchten, sondern nur den Abschied von der Macht.
Interessant, dass die „Hexenjagd“Vokabel jetzt auch in Israel Einzug gehalten hat, wo Regierungschef Benjamin Netanjahu der Korruption verdächtigt wird. Brüder im Geiste der Sprachverirrung. Und auch Alice Weidel ist im Zuge der AfD-Spendenaffäre auf den Hexenwagen aufgesprungen. Nach Lesart der AfD gibt es in Deutschland ja sogar eine Hexenjagd auf den Diesel. Endlich was zum Lachen an diesem Rosenmontag. (hü)