In Gesetzen findet Artenschutz längst statt
Bayerisches Volksbegehren ist für Fachverbände kein Vorbild für den Südwesten
STUTTGART (lsw) - Die zwei größten Naturschutzverbände in BadenWürttemberg sehen in dem bayerischen Volksbegehren für Artenvielfalt kein Vorbild. „Die Überschrift war ja: Rettet die Bienen. Die Forderungen, die da drin standen, waren dann letztendlich relativ schwach, gemessen an dem Anspruch“, sagte der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu), Johannes Enssle.
Viele der Forderungen aus Bayern stünden in Baden-Württemberg zudem schon im Gesetz, fügte die Landeschefin vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Brigitte Dahlbender, in einem gemeinsamen Gespräch hinzu. Darunter seien ein Verbot von Düngemitteln und Pestiziden innerhalb eines Streifens von fünf Metern neben Gewässern. Auch die Vernetzung von geschützten Lebensräumen zu Biotopverbünden sei festgeschrieben. „Wir haben da nicht das Problem, das in einen Gesetzestext zu packen.“Eher laute die Frage: „Wird es denn auch tatsächlich umgesetzt?“
In Baden-Württemberg plant die Organisation proBiene ein Volksbegehren und begründet das so: „Nicht nur in Bayern nimmt das Artensterben dramatische Ausmaße an. Der Rückgang von Bienen, Schmetterlingen, Amphibien, Reptilien, Fischen, Vögeln, Kleinsäugern und Wildkräutern ist auch in Baden-Württemberg alarmierend.“Die Vereinigung fordert unter anderem 50 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2035.
Die Naturschutzverbände stünden mit proBiene in Kontakt, so Enssle. „Teilweise sind es ja Forderungen, die auch von uns übernommen worden sind, so zum Beispiel die Halbierung des Pestizideinsatzes.“Die Forderungen dienten allerdings noch nicht als Vorlage für einen Gesetzentwurf.
Mit der bislang höchsten Beteiligung an einem Volksbegehren in der bayerischen Geschichte hatten die Wahlberechtigten vor wenigen Wochen einen stärkeren Natur- und Artenschutz gefordert. Damit ist der Weg für einen Volksentscheid im Herbst frei. Das Volksbegehren zielt auf mehrere Änderungen im bayerischen Naturschutzgesetz, beispielsweise soll der ökologische Anbau gezielt ausgeweitet werden.
Auch Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) hält die bisherigen Bemühungen um den Artenschutz nicht für ausreichend. „Wir stehen in Baden-Württemberg konzeptionell gut da. Das Artensterben werden wir aber nicht stoppen, wenn wir weitermachen wie bisher“, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“und den „Stuttgarter Nachrichten“. Als wesentliche Faktoren für die Bedrohung der Artenvielfalt nennt das Ministerium unter anderem den Flächenverbrauch und die Intensivierung der Landwirtschaft.
Agrarminister Peter Hauk (CDU) sieht die Verantwortung nicht allein bei den Landwirten: „Artenschutz fängt beim Hausgarten an und macht auch vor öffentlichem Grün entlang von Straßen oder Parks nicht halt“, erklärte der Minister mit Blick auf den Internationalen Tag des Artenschutzes am Sonntag. Der Landesbauernverband ist gegen eine pauschale Halbierung des Pestizideinsatzes. Schließlich gebe es Jahre mit höherem Schädlingsaufkommen, so Fachreferent Marco Eberle.
Die SPD-Abgeordnete Gabi Rolland warf dem Agrarminister vor, die Pestizidreduzierung sei bislang nur ein reines Lippenbekenntnis: „In der Realität passiert hier bisher nichts, der Einsatz steigt sogar.“Ein Volksbegehren könnte ihrer Ansicht nach die Umsetzung dieser und anderer Maßnahmen beschleunigen.