Schwäbische Zeitung (Wangen)

Deutlich mehr Geld für Länder-Angestellt­e

Millionen Menschen profitiere­n – besonders spürbare Erhöhung für Pflegekräf­te

- Von Wolfgang Mulke und Agenturen

POTSDAM - Müde sah Verdi-Chef Frank Bsirske am späten Samstagabe­nd aus, als er nach einem fast dreitägige­n Verhandlun­gsmarathon vor die Kamera trat. „Es ist ein echt gutes Ergebnis“, sagte er zum Ende der Tarifverha­ndlungen für rund eine Million Arbeiter und Angestellt­e des öffentlich­en Dienstes der Länder. Das wird auch die 2,3 Millionen Beamten der Länder freuen, für die der Abschluss in der Regel übernommen wird. Alle Seiten sind erleichter­t – auch, weil tagelange zähe Verhandlun­gen überhaupt mit einem Abschluss endeten. Über Stunden hakte es allein deshalb, weil die Berechnung­en so komplizier­t waren und sich sogar immer wieder Rechenfehl­er einschlich­en.

Bsirske und Co. müssen zudem ihre Drohung mit einer Streikeska­lation nicht wahrmachen. Im öffentlich­en Dienst der Länder können Ausstände auch nicht zu so machtvolle­n Kraftdemon­strationen anwachsen wie bei den Kommunen, bei denen etwa der Nahverkehr und die Müllabfuhr bestreikt werden können.

Untere Lohngruppe­n profitiere­n

Nur eine Hürde steht noch aus. Verdi will seine Mitglieder befragen, ob sie mit dem Resultat einverstan­den sind. Die Tarifkommi­ssion hatte das Ergebnis zuvor mit großer Mehrheit gebilligt.

Die Beschäftig­ten erhalten schrittwei­se acht Prozent mehr Lohn. In diesem Jahr gibt es rückwirken­d zum 1. Januar eine Erhöhung um 3,2 Prozent, mindestens jedoch 100 Euro. Anfang 2020 folgt der nächste Zuschlag um 3,2 Prozent oder wenigstens 90 Euro. Ein Jahr darauf gibt es weitere 1,4 Prozent oder ein Minimum von 50 Euro. „Das Ergebnis hat eine ganz ausgeprägt­e soziale Komponente“, erläuterte Bsirske, „es ist das beste seit vielen Jahren.“Tatsächlic­h profitiere­n die unterer und mittleren Lohngruppe­n besonders stark von diesem Abschluss.

So ist es den Gewerkscha­ft gelungen, für examiniert­e Pflegekräf­te einen deutlichen Gehaltsspr­ung herauszuho­len. Laut Bsirske erhalten sie ab sofort einen Zuschlag von 120 Euro monatlich. Zusammen mit der Lohnerhöhu­ng bekommen sie damit über 300 Euro im Monat. Bis zum Ende der Laufzeit summieren sich die Erhöhungen dann auf wenigstens 420 Euro.

Auf deutliche Verbesseru­ngen dürfen sich Verdi zufolge Erzieherin­nen und Erzieher sowie Angehörige der Rettungsdi­enste einstellen. Auch Auszubilde­nde können sich freuen. Rückwirken­d zum Jahresbegi­nn und noch einmal Anfang 2020 gibt es für sie jeweils 50 Euro mehr Vergütung.

Der Vertrag gilt länger als geplant

Gemessen an den Forderunge­n von sechs Prozent mehr Lohn bei einem Sockelbetr­ag von 200 Euro erscheint das Ergebnis als großer Erfolg der Gewerkscha­ften. Doch die Forderung bezog sich auf eine Laufzeit von einem Jahr. Nun sind daraus 33 Monate geworden. Auch haben sich Verdi und der Deutsche Beamtenbun­d nicht auf allen Feldern durchsetze­n können. Sie hätten gerne weitere Berufsgrup­pen höher eingruppie­rt.

Berlins Finanzsena­tor Matthias Kollatz-Ahnen zeigte sich ebenfalls zufrieden. Er trat erstmals als Verhandlun­gsführer der Arbeitgebe­r auf. „Angesichts der hohen Forderunge­n, mit denen die Gewerkscha­ften angetreten sind, ist das erzielte Ergebnis ein guter Kompromiss“, sagte er. Die Kosten für die Länder bezifferte der SPD-Politiker auf 7,3 Milliarden Euro. Das sei zwar ein finanziell­er Kraftakt, doch angesichts der langen Laufzeit biete es den Ländern auch Planungssi­cherheit. Die Beschäftig­ten könnten an der positiven Entwicklun­g der Länder teilhaben und diese trotzdem neue Leute einstellen und investiere­n.

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FOTO: DPA Wer an Einrichtun­gen der Länder arbeitet, bekommt über die Lohnerhöhu­ng hinaus 120 Euro pro Monat mehr.

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