Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wo Träume wahr werden

Die Bavaria-Film erzählt in einer Ausstellun­g Geschichte­n aus ihrem 100-jährigen Bestehen

- Von Britta Schultejan­s

GRÜNWALD (lby) - „Das Boot“wäre nicht „Das Boot“ohne Rahmspinat. Als der Kultfilm von Regisseur Wolfgang Petersen im Jahr 1980 in den Bavaria-Studios bei München gedreht wurde, gab es Probleme mit dem Wasser. Es war einfach zu klar. Das fünf Meter lange Modell des berühmten U-Bootes schien bei Unterwasse­r-Aufnahmen zu schweben, nicht zu schwimmen. Rahmspinat – paketweise – brachte Abhilfe. „Den haben die in das Bassin gekippt, um das Wasser trüber zu machen“, sagt Sven Femerling, Kurator einer Ausstellun­g über 100 Jahre Bavaria-Film, die jetzt in Grünwald zu sehen ist.

„Der hat dann die ganzen Filter verstopft.“Das war ebenfalls ein Problem – denn auch das Wechseln des Wassers stellte die Crew vor große Herausford­erungen. „Das ging nur nachts“, sagt Femerling. „Beim Füllen fiel der Wasserdruc­k in Grünwald dermaßen ab, dass die Leute dort kaum spülen oder die Waschmasch­ine benutzen konnten.“

Schätze aus dem Archiv

Zu ihrem hundertjäh­rigen Bestehen zeigt die Bavaria-Film Schätze aus ihrem Archiv. Dort, wo bis vor kurzem mit dem „Bullyversu­m“Michael „Bully“Herbig gehuldigt wurde, sind auf 1500 Quadratmet­ern mehr als 200 exklusive Exponate und Bilder zu sehen, von denen ein Großteil im Fundus und in den Archiven schlummert­e.

Erstmals werden beispielsw­eise Fotos von den Dreharbeit­en zur Kultserie „Raumpatrou­ille – die phantastis­chen Abenteuer des Raumschiff­es Orion“gezeigt – und zwar in Farbe. Femerling und seine Crew fanden für jede Folge einen Briefumsch­lag mit Dias, die für Promotion-Zwecke gedacht waren – für die farbigen Titelseite­n von Fernsehzei­tschriften zum Beispiel. „Eigentlich kennt man diesen Orion-Kosmos ja nur in schwarz-weiß.“Auch eine der futuristis­chen Waffen ist zu sehen, zu denen Eva Pflug als Tamara Jagellovsk griff, wenn es nicht mehr anders ging. Weil es das Modell des berühmten Raumschiff­es nicht mehr gibt, wurde für die Ausstellun­g eines nachgebaut.

Weitere Höhepunkte: Das gepunktete Kleid von Lilo Pulver aus Billy Wilders Screwball-Komödie „Eins, zwei, drei“von 1961, der RollsRoyce aus der legendären Krimiserie „Graf Yoster gibt sich die Ehre“(1966 – 1976) oder die Lammfellja­cke von Jürgen Prochnow, die er als U-BootKomman­dant „Der Alte“im „Boot“getragen hat. Und natürlich „Fuchur“, der weiße Drache aus der „Unendliche­n Geschichte“.

Ein paar der Ausstellun­gshighligh­ts haben allerdings eine etwas weitere Reise hinter sich: Der Original-Baseball, den Steve McQueen im US-Spielfilm „Gesprengte Ketten“mit sich herumtrug, kam aus Füssen nach Grünwald. Dort hatte McQueen Anfang der 1960er-Jahre während der Dreharbeit­en in einer Pension gelebt. Den Ball überließ er dem Sohn des Hauses als Andenken.

Ebenfalls aus dem Film stammt eines der Motorräder, die für die Stunts frisiert wurden. Ein schottisch­er Sammler hat das Exponat für die Jubiläumsa­ttraktion zur Verfügung gestellt. Die Bavaria-Film, wie man sie heute kennt, geht auf ein Unternehme­n des Filmpionie­rs Peter Ostermayr zurück, das am 1. Januar 1919 gegründet wurde. Im Herbst desselben Jahres ließ er im Grünwalder Ortsteil Geiselgast­eig das erste Studio bauen – ein Atelier aus Glas. Das fiel zwar später einem Hagelschau­er zum Opfer, auf seinen Fundamente­n steht aber heute noch das Studio 1. Den jetzigen Namen Bavaria-Film GmbH trägt das Unternehme­n, das heute viel mehr als nur die Studios betreibt, seit 1987.

Eine Hall of Fame zeigt direkt am Eingang der Jubiläumsa­usstellung, welche Größen des Filmgeschä­ftes schon gearbeitet haben im „Los Angeles im Isartal“. „Robert Redford war mal hier – das weiß kaum jemand“, sagt Femerling. Und er ist in sehr guter Gesellscha­ft: Romy Schneider hatte in „Feuerwerk“(1954) ihren zweiten Filmauftri­tt. Audrey Hepburn und Sophia Loren waren da.

Verscholle­ner Hitchcock-Film

Auch Alfred Hitchcock („Die Vögel“, „Psycho“) drehte Ende der 1920erJahr­e in Grünwald – und zwar einen Film, den er später lieber vergessen wollte und der inzwischen mysteriöse­rweise auch als verscholle­n gilt: „The Mountain Eagle“– „Der Bergadler“. Es gibt auch ein Foto des Meisters bei einer Weihnachts­feier. Und ein bisschen Romantik bietet die Ausstellun­g auch. Denn Regisseur Stanley Kubrick („2001 – Odyssee im Weltraum“, „Shining“) lernte in den Bavaria-Studios seine Frau Christiane kennen.

„Ich hatte keine Ahnung, dass die Begegnung mit dem Regisseur mein ganzes Leben verändern würde. Er war sehr freundlich und hörte sich mein Liedchen an“, schreibt sie in einem Brief an die Ausstellun­gsmacher. „Später bekam ich einen Anruf von Stanley Kubrick; er fragte, ob ich mich mit ihm zum Abendessen treffen würde. The rest is history.“

 ?? FOTOS: DPA ?? In der Ausstellun­g „100 Jahre Bavaria Film“erleben Besucher mit dem Drachen „Fuchur“, wie die Greenscree­n-Technik funktionie­rt.
FOTOS: DPA In der Ausstellun­g „100 Jahre Bavaria Film“erleben Besucher mit dem Drachen „Fuchur“, wie die Greenscree­n-Technik funktionie­rt.
 ??  ?? Exponate der Ausstellun­g (von links): „Morla“aus dem Film „Die Unendliche Geschichte“, ein Baseball von Steve McQueen sowie Fotos zu seinem Film „The Great Escape“und ein Modell des Raumschiff­es Orion aus der TV-Serie „Raumpatrou­ille“von 1966.
Exponate der Ausstellun­g (von links): „Morla“aus dem Film „Die Unendliche Geschichte“, ein Baseball von Steve McQueen sowie Fotos zu seinem Film „The Great Escape“und ein Modell des Raumschiff­es Orion aus der TV-Serie „Raumpatrou­ille“von 1966.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany