Schwäbische Zeitung (Wangen)

Stadtrat beschließt einstimmig Tempo 30

Lärmaktion­splan in Lindenberg soll in Kraft treten – Stadt will das auch gegen Widerstand der Regierung durchsetze­n

- Von Peter Mittermeie­r

LINDENBERG - Bürgermeis­ter Eric Ballersted­t sprach von einem „wichtigen Signal in alle denkbaren Richtungen.“Einstimmig hat der Lindenberg­er Stadtrat einen Lärmaktion­splan (LAP) beschlosse­n. Er sieht als wesentlich­e Maßnahme Tempo 30 im Bereich der oberen Haupt- und der Goßholzer Straße vor. Verwaltung und Stadtrat wollen den Plan notfalls gegen den Widerstand von Regierung und Landratsam­t umsetzen und sind dazu wohl auch bereit, vor Gericht zu ziehen.

Der LAP beschäftig­t seit fünf Jahren die Gremien in Lindenberg. Anlass ist der Verkehrslä­rm, der an etlichen Stellen der Hauptverke­hrsachse Grenzwerte überschrei­tet. Deshalb hat das Umweltmini­sterium die Stadt 2013 aufgeforde­rt, einen Lärmaktion­splan mit konkreten Maßnahmen zum Schutz der Bürger aufzustell­en. Hintergrun­d sind entspreche­nde Vorgaben der EU.

Bei der Umsetzung allerdings legen sich bayerische Behörden quer. Nur in Bayern muss die Regierung einem LAP zustimmen. Knackpunkt ist Tempo 30, obwohl die Stadt ihre diesbezügl­ichen Pläne bereits abgespeckt hat. Ursprüngli­ch sollte die Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung auf der Staatsstra­ße von Goßholz bis zum Schulzentr­um gelten. Bereits vor zwei Jahren hat die Stadt den Bereich der Bismarckst­raße herausgeno­mmen, jetzt zusätzlich die Ortschaft Goßholz. Dort werden die für eine Beschränku­ng nötigen Verkehrsza­hlen nicht erreicht, schilderte Stadtbaume­isterin Marlen Walser. Deshalb habe die Regierung angeregt, Tempo 30 in Goßholz aus dem Maßnahmenp­lan zu nehmen.

Abstriche wollen die Räte nicht mehr machen. Über die lange Dauer der Verfahrens ist die Entschloss­enheit der Räte noch gewachsen, den Plan notfalls gegen den Willen von Landratsam­t und Regierung durchzuset­zen. Das wurde in der Diskussion am Montagaben­d sehr deutlich.

CSU-Fraktionss­precher Gehring sprach von einer „unendliche­n Geschichte“und einem „Ping-PongSpiel“mit den Behörden. Der Lärmaktion­splan beruhe auf EU-Recht, das die Bundesrepu­blik übernommen habe. Gehring, seit Jahrzehnte­n CSU-Mitglied, warf seiner Partei mit Blick auf gescheiter­te Lärmaktion­spläne in anderen Kommunen eine „Verweigeru­ngspolitik“vor. „Wir sollen am 26. Mai zur Europawahl gehen und dann gilt Europa in Bayern nicht“, ärgerte sich Gehring.

Deutliche Worte fand auch SPDFraktio­nssprecher Helmut Wiedemann. Die Stadt erfahre von Regierung und Landratsam­t keine Hilfe, sondern nur „Ignoranz und Ablehnung“. Er habe allmählich das Gefühl, dass es den Behörden „um Rechthaber­ei“gehe. Einen „Wahnsinn“nannte Thomas Kühnel (Grüne) das Verhalten der Behörden. Sie führe nur zu mehr Politikver­drossenhei­t. Zuvor hatte Florian Weber (Freie Wähler) darauf hingewiese­n, dass die Stadt den Lärmaktion­splan zusammen mit Bürgern entwickelt habe. Für ihn ist der Stadtrat auch das richtige Gremium, um über die Maßnahmen zu befinden.

Anton Wiedemann wies auch darauf hin, dass die Probleme mit einem Lärmaktion­splan „nicht völlig behoben werden“. Teils würden sie nur verlagert, beispielsw­eise in die Markt- und Staufner-Straße. „Den Verkehr verringern. Darauf muss es eigentlich hinauslauf­en“, sagte er. Ins gleiche Horn stieß Martin Einsle. Um die Stadt und die Anwohner der Straßen von Verkehr zu entlasten, „müssten wir unsere Lebensweis­e einschränk­en“, mal einen „kleinen Einkauf zu Fuß erledigen“oder statt eines „großen Ausflugs einen Spaziergan­g um Lindenberg machen.“

Im Übrigen auch gestrichen aus dem Maßnahmenk­atalog hat die Stadt auf Rat der Regierung die Kreisel an der Kreuzung der Staufner Straße zur B 308 und bei McDonald’s. Die Vorhaben gelten jetzt als Empfehlung für die Politik.

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FOTOS: DAVID SPECHT Die Anwohner der oberen Hauptstraß­e hoffen schon lange auf eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung (links). In Goßholz darf auch künftig weiter Tempo 50 gefahren werden (rechts).
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