Prozess nach Ausweiskontrolle in Kißlegg
Hauptsächlich Enten fliehen aus Sibirien vor Eis und Kälte
Angeklagter erhält Bewährungsstrafe nach Eskalation an Flüchtlingsunterkunft.
LINDAU - Zahlreiche Vögel ziehen im Winter an den bayerischen Bodensee. Vogelliebhaber und Wissenschaftler beobachten sie genau und zählen jeden Monat. Dabei ist Vorsicht geboten. Kommt man den scheuen Vögeln zu nahe, stört das ihre wichtigen Ruhephasen.
Das Naturschutzgebiet in der Reutiner Bucht ist übersät mit kleinen schwarzen Punkten. Von der Galgeninsel bis fast zum Eichwald zieht sich ein dunkler Teppich über die schillernde Wasseroberfläche. Kommt man den scheuen Tieren etwas näher, zeigen sich orangene Köpfe, silberne Flügel und schwarze Körper. Ein Erscheinungsbild, das sich von dem einheimischer Vögel deutlich unterscheidet. Die bekannten Stockenten sind grün und grau.
„Das sind Kolben- und Tafelenten“, sagt Jörg Günther. Er ist Naturschutzreferent beim Landratsamt und verbringt seine Freizeit damit, Vögel zu beobachten. Derzeit ist dieses Hobby am Bodensee besonders ergiebig, denn die Wintergäste sind da. Damit sind Vögel gemeint, die über den Winter aus Nord- und Osteuropa an den Bodensee ziehen.
Zu ihnen gehört die Tafelente. Ihre Brutgebiete liegen an den Seen Russlands, die frieren im Winter zu. Als sogenannte Tauchente findet die Tafelente aber einen Großteil ihrer Nahrung auf dem Grund der Seen. Deshalb müssen sich die Tiere auf den Weg in wärmere Gebiete mit ausreichend Nahrung machen. Im Süden Deutschlands finden sie dafür beinahe ideale Bedingungen. Neben der Kolbenente rasten in der Reutiner Bucht Tafelenten, Krickenten, Reiherenten und noch einige andere Wasser Vögel, die Jörg Günther wie selbstverständlich auf den ersten Blick erkennt.
„Der Bodensee ist eines der wichtigsten Überwinterungsgebiete für Wasservögel in Europa“, sagt Günther. Grund dafür sei, dass etwa ein Siebtel des Sees aus Flachwasserzonen besteht. Hier finden die Enten ihre Nahrung, kleine Muscheln und Algen, die sie bei ihren Tauchgängen vom Seegrund aufsammeln. Bis zu zehn Meter tief taucht dafür zum Beispiel die Tafelente.
So erklärt Günther auch die Ansammlung im Schutzgebiet der Reutiner Bucht. Er sagt: „Im flachen Wasser der Bucht finden die Enten viel Nahrung.“Außerdem kommt hier wegen des Schilfs niemand nahe ans Ufer. Die Wasservögel brauchen nämlich ihre Ruhe. Vogelliebhaber Günther erklärt: „Die Winterrast ist sehr wichtig für den Bruterfolg.“Wenn Spaziergänger oder Neugierige zu nahe an die Vögel kommen, fliegen diese auf, was viel Energie kostet. Ein besonderes Problem seien außerdem die Stand-Up-Paddler. Diese fahren laut Günther zu oft in die Verbotszonen. Gerade bei einer Annäherung über die Wasserfäche seien die Bögel sehr empfindlich. Dabei genüge es bereits, wenn sich ein solcher Paddler auf etwa anderthalb Kilometer an die Vögel annähere, um Unruhe in den Schwarm zu bringen.
Wanderbewegungen am Bodensee sehr gut erforscht
Damit er die Vögel selbst gut beobachten kann, hat Günther ein Spektiv mit 30-facher Vergrößerung dabei. Damit ist Vogelbeobachtung vom Ufer aus auf Distanzen von mehr als 300 Metern problemlos möglich. Dass Günther bei seinem Hobby gut sieht, ist wichtig, denn er zählt die Vögel und meldet die Zahlen an die OAB, die Ornithologische Arbeitsgemeinschaft Bodensee. Eine internationale Organisation von Vogelkundlern, die die Welt der gefiederten Tiere am Bodensee erforscht. Günther hat einen bestimmten Uferabschnitt, an dem er immer am zweiten Wochenende im Monat die Vögel zählt.
Durch die OAB sind die Vögel und ihre Wanderbewegungen am Bodensee so gut erforscht wie kaum an einem anderen See. Günther sagt: „Was sich hier besonders auswirkt, das ist der internationale Schutzstatus des Sees.“Dadurch gebe es besondere Förderung und dank der guten Zusammenarbeit zwischen Deutschen, Österreichern und Schweizern auch entsprechend viele Daten.
Etwa 250 000 gefiederte Wintergäste zählen er und seine Kollegen bisher jedes Jahr am Bodensee. Natürlich kann man da nicht jeden einzeln zählen. Stattdessen zähle er immer zuerst zehn Stück. „Dann weiß ich, wie groß eine Zehnergruppe ist. Wenn ich etwa die zehnfache Fläche davon nehme, habe ich zirka hundert Vögel“, sagt Günther. Diese Gruppen reiht er dann aneinander und erhält so ungefähre Schätzwerte der Gesamtzahl der Vögel.
Für Günther ist das das schönste Hobby überhaupt. Er sagt: „Natürlich ist die Familie das wichtigste, aber ich versuche eigentlich schon, jedes Wochenende an einem Morgen an den See zu kommen und nach den Vögeln zu gucken.“