Nur freiwillig macht es Sinn
Keine Frage, es spricht viel für Homeoffice-Arbeitsplätze. Das Recht auf Büroarbeit von zu Hause aus, wie es Minister Heil (SPD) vorschlägt, ist nicht nur eine arbeitsmarktpolitische Entscheidung, sondern auch eine familienpolitische. Ein verlockendes Recht, denn oft ermöglicht Homeoffice Müttern, berufstätig zu bleiben, auch wenn kleine Kinder im Haus sind. Sie sind dann einfach in der Nähe. Fast alle haben einen Zeitgewinn, weil der Weg zum Arbeitsplatz entfällt. Oft wird die Arbeit daheim mit ein oder zwei Tagen im Büro kombiniert, sodass der Anschluss an Kollegen trotzdem erhalten bleibt.
Doch Homeoffice kann für den Einzelnen auch zum Fluch werden. Die Angst, vom Karriere-Radarschirm des Chefs zu verschwinden, ist nicht unbegründet. Schließlich ist man weit vom Schuss, wenn andere im Büro oder auf den Fluren neue Pläne schmieden oder gemeinsam Kritik üben. Homeoffice kann auch zu einer Art Selbstausbeutung führen. Wer nachmittags zur Elternsprechstunde geht, verlängert abends freiwillig seine Arbeitszeit, als Art Dankeschön an den Betrieb. Es verwundert deshalb kaum, dass Studien einen höheren Stresslevel und auch mehr Depressionen feststellen bei Beschäftigten, die im Homeoffice arbeiten.
Für viele Angestellte, vom Handwerker bis zum Kassierer, stellt sich die Frage Homeoffice ohnehin nicht. Aber auch für die Bereiche, in denen es denkbar ist, zeichnet letztlich der Arbeitgeber für die Gestaltung des Arbeitsprozesses verantwortlich. Jedes Unternehmen hat seine eigene Arbeitskultur – und Arbeitszeitregelungen müssen auf der Basis von gegenseitigem Vertrauen getroffen werden, und das am besten freiwillig.
Die Fragen, wer darf Homeoffice machen, wer nicht, welcher Arbeitsplatz eignet sich, welcher nicht, wieso kann jene junge Mutter zu Hause arbeiten und die andere junge nicht, haben viel Sprengkraft. Es ist absehbar, dass mit dem Recht auf Homeoffice eine Lawine auf die Arbeitsgerichte zurollen würde. Homeoffice ist für viele wünschenswert, ein Rechtsanspruch aber ist es nicht.
s.lennartz@schwaebische.de