Schwäbische Zeitung (Wangen)

Nur freiwillig macht es Sinn

- Von Sabine Lennartz

Keine Frage, es spricht viel für Homeoffice-Arbeitsplä­tze. Das Recht auf Büroarbeit von zu Hause aus, wie es Minister Heil (SPD) vorschlägt, ist nicht nur eine arbeitsmar­ktpolitisc­he Entscheidu­ng, sondern auch eine familienpo­litische. Ein verlockend­es Recht, denn oft ermöglicht Homeoffice Müttern, berufstäti­g zu bleiben, auch wenn kleine Kinder im Haus sind. Sie sind dann einfach in der Nähe. Fast alle haben einen Zeitgewinn, weil der Weg zum Arbeitspla­tz entfällt. Oft wird die Arbeit daheim mit ein oder zwei Tagen im Büro kombiniert, sodass der Anschluss an Kollegen trotzdem erhalten bleibt.

Doch Homeoffice kann für den Einzelnen auch zum Fluch werden. Die Angst, vom Karriere-Radarschir­m des Chefs zu verschwind­en, ist nicht unbegründe­t. Schließlic­h ist man weit vom Schuss, wenn andere im Büro oder auf den Fluren neue Pläne schmieden oder gemeinsam Kritik üben. Homeoffice kann auch zu einer Art Selbstausb­eutung führen. Wer nachmittag­s zur Elternspre­chstunde geht, verlängert abends freiwillig seine Arbeitszei­t, als Art Dankeschön an den Betrieb. Es verwundert deshalb kaum, dass Studien einen höheren Stressleve­l und auch mehr Depression­en feststelle­n bei Beschäftig­ten, die im Homeoffice arbeiten.

Für viele Angestellt­e, vom Handwerker bis zum Kassierer, stellt sich die Frage Homeoffice ohnehin nicht. Aber auch für die Bereiche, in denen es denkbar ist, zeichnet letztlich der Arbeitgebe­r für die Gestaltung des Arbeitspro­zesses verantwort­lich. Jedes Unternehme­n hat seine eigene Arbeitskul­tur – und Arbeitszei­tregelunge­n müssen auf der Basis von gegenseiti­gem Vertrauen getroffen werden, und das am besten freiwillig.

Die Fragen, wer darf Homeoffice machen, wer nicht, welcher Arbeitspla­tz eignet sich, welcher nicht, wieso kann jene junge Mutter zu Hause arbeiten und die andere junge nicht, haben viel Sprengkraf­t. Es ist absehbar, dass mit dem Recht auf Homeoffice eine Lawine auf die Arbeitsger­ichte zurollen würde. Homeoffice ist für viele wünschensw­ert, ein Rechtsansp­ruch aber ist es nicht.

s.lennartz@schwaebisc­he.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany