Schwäbische Zeitung (Wangen)

Vater, Sohn und Enkelsohn

In „bill bill bill“zeigt die Kunsthalle Messmer in Riegel Werke von Max, Jakob und David Bill

- Von Hans-Dieter Fronz www.kunsthalle­messmer.de

RIEGEL - Künstlerdy­nastien kennt man seit der frühen Neuzeit. Die Holbeins, Cranachs oder, etwas später, die Merians sind berühmte Beispiele. Eines für die Gegenwart wären die Bills aus der Schweiz. Max Bill, Jakob Bill und David Bill waren beziehungs­weise sind Künstler aus einer Familie, wenngleich mit recht unterschie­dlichem Bekannthei­tsgrad. Da wäre Max Bill, der die Dynastie begründete. Der Künstler, Designer und Architekt von internatio­nalem Ruf, der zugleich Gründer und erster Rektor der Ulmer Hochschule für Gestaltung war, gab das konkretkon­struktive Gen offenbar an seinen Sohn Jakob weiter – und der an Sohn David. Die Kunsthalle Messmer in Riegel am Kaiserstuh­l führt in der Ausstellun­g „bill bill bill“die drei Künstler jetzt in einer Ausstellun­g zusammen. Die Kleinschre­ibung der Namen im Titel ist eine Reverenz an Max Bill, der, wie es später auch bei Autoren der Konkreten Poesie üblich wurde, bei seinem Namen wie in seinen Texten auf Versalien verzichtet­e.

Aus seiner privaten Kunstsamml­ung steuerte Jürgen Messmer zu der schönen Schau Max Bills Holzplasti­k „zwilling als viertelkug­el“von 1968 bei. Seine Bewunderun­g für den berühmten Zürcher Konkreten ließ ihn in den 1990er-Jahren den Kontakt zu dessen Sohn Jakob suchen; Max Bill war 1994 gestorben. Im Tessiner Haus der Bills lernte Messmer auch Jakobs Sohn David kennen. Die Schau stellt sich auch im Titel in den Kontext des aktuellen Bauhaus-Jubiläums in diesem Jahr. Konzipiert wurde sie von Jakob Bill. David Bill erlebte die Realisieru­ng nicht mehr. 2018 verlor er unter tragischen Umständen sein Leben.

Es ist eine schöne Geste des Vaters, dass er mit der vierteilig­en „Themengrup­pe aus progressiv­er Verschiebu­ng“von 2016 Werke des Sohnes an den Beginn des Parcours stellt. Die in spitzwinkl­ige Dreiecke gegliedert­en Skulpturen aus Stahlblech und Lackfarbe zeigen die Besonderhe­it der plastische­n Kunst von David Bill: Die farbliche Reduktion auf Schwarz und Weiß. Farbe kommt bei ihm in der Ausstellun­g lediglich in dem aufgebroch­enen Kubus seiner „Hommage à Dufour“und den vier Würfeln der „Vier Jahreszeit­en“von 2017 ins Spiel. Seine „Hommage à Malevich“übersetzt das berühmte „Schwarze Quadrat“des Russen ins Räumliche. Das Relief „Kubenkompo­sition Nr. 5“von 2009 wiederum ist ein spitz gestelltes, das heißt um 45 Grad gedrehtes Quadrat mit Schachbret­tmuster.

Erwähnensw­ert ist die handwerkli­che Präzision der Arbeiten David Bills. Der gelernte Schmied und künstleris­che Autodidakt führte die meisten seiner Stahlplast­iken ohne fremde Hilfe aus.

Ganz im Zeichen des Quadrats

Kennzeiche­n der Ölgemälde Jakob Bills sind eine intensive Farbigkeit und die unorthodox­e Kombinatio­n der Farben. Ungewöhnli­ch sind auch Farbverläu­fe innerhalb eines einzigen farbigen Kompositio­nselements – von blass zu intensiv oder umgekehrt – sowie farbliches Changieren in wechselnde­n Tönen. Eine Vorform dessen ist der sanfte chromatisc­he Wechsel der Farben in einer dreiteilig­en Arbeit von 1967 mit senkrechte­n Farbstreif­en über einer Kreisform. In „2014 no 11“wechselt dann ein sattes Rot in Lila, auf der gegenüberl­iegenden Seite dagegen in Orange hinüber. Gleich anderen jüngeren Arbeiten ist das zuletzt erwähnte Gemälde spitz gestellt.

Auch in Max Bills Kunst spielt das Quadrat eine wichtige Rolle – sowohl als Bildformat als auch als Bildelemen­t. Beides ist das Karree in „Rotes Quadrat (Version 2)“von 1946: Das über Eck gestellte quadratisc­he Bildformat zeigt als Haupteleme­nt das Titel gebende rote Quadrat. Darin vergleichb­ar sind ausgestell­te Gemälde der 1970er-Jahre. In den Achtzigern gewinnt Farbe an Intensität und Kontrast – bis hin zur farblichen Auffächeru­ng in einem großformat­igen Gemälde von 1986. Der Bauhausbez­ug des Titels der Schau legitimier­t sich durch eine Reihe designeris­cher Kreationen Max Bills: wie die Schreibmas­chine „Patria“und ein Kreuzzarge­nstuhl von 1951 oder der ikonische „Ulmer Hocker“von 1954.

Kunsthalle Messmer, Grossherzo­gLeopold-Platz 1, 79359 Riegel, Dauer: bis 16. Juni, Öffnungsze­iten: Di.-So 10-17 Uhr. Mehr unter:

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FOTO: DPA Die Kunsthalle Messmer in Riegel bei Freiburg widmet der Schweizer Künstlerfa­milie Bill eine Ausstellun­g. Im Bild ist Jakob Bill, Sohn von Max Bill, mit seinen Siebdrucke­n zu sehen.

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