Eine sichtbare 500-jährige Geschichte
In der Leutkircher Martinskirche sind noch heute Elemente aus dem Baujahr 1519 zu sehen
LEUTKIRCH - Die katholische Pfarrkirche St. Martin feiert in diesem Jahr ihr 500. Jubiläum. 1519 war ihr Neubau abgeschlossen worden. Noch heute sind in der Kirche – neben dem Baukörper mit seinem Gewölbe und den Säulen – Elemente aus dieser Zeit sichtbar. Wo, das zeigt Emil Hösch vom Pfarrarchiv auf einem kleinen Rundgang.
Das markanteste Stück, das definitiv noch aus dem Jahr 1519 stammt, ist der große Altartisch im Chorraum, erklärt Hösch. Der Tisch könnte nach seinen Worten von der Bauart her sogar noch älter sein, aber sicher zu belegen sei das nicht. Dass der Altartisch schon ein paar Jahrhunderte auf dem Buckel hat, erahnt mit Blick auf den niedrigen Zugang und die Fenster allerdings selbst der kunsthistorische Laie.
Gelagert worden seien darin vermutlich Reliquien, also Körperteile oder Teile aus dem persönlichen Besitz von Heiligen. „Wir können aber nicht mehr belegen, welche Reliquien dort lagerten“.
Nur ein paar Schritte vom Altar entfernt, gibt es ein Element, das offensichtlich schon ein Jahr vor dem Bauabschluss fertig geworden ist – der Türrahmen vor der Sakristei. In diesen ist die Zahl 1518 eingearbeitet. Was durchaus passen würde, da der Bau der Martinskirche bereits 1514 begann, wie Hösch erklärt. Wie alt die schwere, eisenbeschlagene Tür im Rahmen ist, könne nicht sicher gesagt werden.
Einen weiteren Hinweis auf das Baujahr finden Kirchenbesucher ebenfalls im Chor, oberhalb des Altars. An der Decke ist dort die Zahl 1519 aufgezeichnet.
Auch wenn die heutige Farbgebung ein Resultat der letzten Renovierung 2001 ist, soll sie laut den verantwortlichen Restauratoren dem ursprünglichen Zustand von 1519 sehr nahe kommen, erzählt Hösch.
„Das sind die Experten, und wir glauben es ihnen natürlich gerne“, sagt der Archivar schmunzelnd. Zumindest vom Motiv her könne es auch gut sein, dass der Schlussstein oberhalb der Orgel, mit dem Habsburgerschild, schon 1519 so an dieser Stelle zu sehen war.
Die Kirche vor 1514
Ebenfalls historisch, wenn auch nicht von 1519, ist die Gedenktafel zu Ehren von Kaplan Johannes Kessler, der 1542 gestorben ist. Vom Hauptportal aus gesehen ist die Tafel an der linken Seite angebracht.
Noch älter dürfte die AnnaSelbstdritt-Skulptur sein, die vom Hauptportal gesehen auf der rechten Stirnseite des Kirchenschiffs aufgestellt ist. Laut Hösch könnte sie um 1500 vom Memminger Bildhauer Strigel gefertigt worden sein. Zeitlich könnte die Skulptur daher von der Vorgängerkirche übernommen worden sein, nachweisen könne man dies aber nicht.
Wie viele Vorgängerkirchen aus Holz und Stein es vor der heutigen Martinskirche gab, und wie diese aussahen, ist laut Hösch nicht sicher nachweisbar. Aber vom romanischen Vorgängerbau sind im Turm noch Reste erhalten geblieben: „Bis zur Höhe des Kirchenschiffes sind innen in den Turmmauern deutlich die vermauerten Rundbogenöffnungen zu erkennen, die nach außen vom Putz verdeckt sind.“
Welcher Baumeister für die heutige Kirche verantwortlich ist, ist nicht bekannt. Hösch vermutet aber, dass es der gleiche Baumeister sein könnte, der zuvor die Kirche in Unterzeil gebaut hat. Diese wurde wohl unmittelbar vor dem Leutkircher Baubeginn fertiggestellt und weise vor allem bei der Betrachtung von Chor und Gewölbe Parallelen auf.
Eifrige Pfarrmitglieder
Vom Bau selbst ist wenig bekannt, er
Nach dem Rundgang durch die Kirche zeigt Hösch im Pfarrarchiv nebenan noch einen weiteren besonderen historischen Schatz – die originale Urkunde über die Weihung des Neubaus 1519. Sie belegt, dass vom 10. September bis zum 13. September 1519 Melchior, Bischof von Askalon und Konstanzer Generalvikar, mit der Weihe beschäftigt war. Außerdem wird darin allen Gläubigen, die zu den Weihefesten kommen und für die Kirchenpflege, Reparaturen und den Erhalt der Ausschmückungen „eben dieser Kirche ihre helfenden Hände reichen“, ein Ablass gewährt.
zählt Hösch. Etwa 100 Jahre später gebe es Hinweise vom damaligen Pfarrer Michael Maucher. Der berichtet laut Hösch unter anderem von Erzählungen, nach denen die Pfarrmitglieder damals dem Aufruf nach Baumaterial so eifrig gefolgt seien, und bei ihren Gängen zur Kirche und zum Markt so viel Material mitgebracht hätten, dass es keinen Platz zum Lagern mehr gab und dazu aufgerufen wurde, nichts mehr in die Stadt hereinzutragen.
Hösch bezeichnet die Martinskirche, beziehungsweise ihre Vorgänger, gerne als Leutkircher „Allmutter“. Schließlich hat die „Leutekirche“der Stadt ihren Namen und ihr Wappen gegeben und war mit ursächlich für die Entwicklung der Marktsiedlung zu ihren Füßen.