Landkreis hilft der Artenvielfalt auf die Sprünge
Neue Strategie zur Verbesserung der Biodiversität stößt auf einhellige Zustimmung
KREIS RAVENSBURG - „Wir brauchen kein Volksbegehren gegen das Bienensterben. Unser Landkreis ist bereits jetzt vorbildlich beim Artenschutz.“Mit dieser Feststellung verwies Landrat Sievers auf das Strategiepapier, das bei der jüngsten Sitzung des Kreistags- Ausschusses Umwelt und Technik (AUT) einstimmig verabschiedet wurde.
95 000 Euro sind dafür im laufenden Haushalt bereitgestellt. Hinzukommen 150 000 Euro, welche die Kreissparkasse in diesem und in den kommenden Jahren beisteuert, sowie weitere Spenden, unter anderem von der in Leutkirch ansässigen Firma Elobau, die Naturschutzprojekte dauerhaft finanziell unterstützt. Im Verbund mit Naturschutzorganisationen wie dem BUND und dem Nabu, aber auch kleinerer auf lokaler Ebene ehrenamtlich tätiger Akteure hat der Landkreis ein Netzwerk aufgebaut, das seit dem 1. März von einem hauptamtlichen Mitarbeiter gesteuert wird.
Folgende Ziele sind in dem Strategiepapier formuliert: Erhalt und Entwicklung von Ökosystemen, Aufwertung strukturverarmter Flächen und eine stärkere Vernetzung von Biotopen. Hier soll der Landkreis nicht nur bei der Planung etwa von Straßen oder Gebäuden mit gutem Beispiel vorangehen, sondern auch bei der Bewirtschaftung eigener Flächen und Liegenschaften. Er wird selbst Projektträger für biologische Vielfalt sein und dabei die Kompetenz vorhandener Akteure nutzen. Das Thema Biodiversität soll außerdem dauerhaft in die Ausbildung an den landwirtschaftlichen Schulen und in die außerschulische Bildung von Landwirten eingebunden werden.
Für zunächst fünf Jahre finanziert der Landkreis eine Projektstelle für biologische Vielfalt, bei der alle Aktivitäten koordiniert werden. Außerdem erarbeitet der Eigenbetrieb IKB, der für die Immobilien und Liegenschaften des Landkreises zuständig ist, bei zunächst neun Standorten ein Konzept zur ökologischen Pflege und gegebenenfalls zur Umgestaltung der Freiflächen.
Die Vertreter aller Fraktionen lobten nicht nur die in dem Strategiepapier ausgewiesenen Ziele und Absichten, sondern auch das bisher Erreichte. Grünen-Kreisrat Ulrich Walz nannte das Projekt „blühender Landkreis“, in dessen Verlauf bereits zahlreiche Grünstreifen entlang von Straßen und Äckern angelegt worden sind, „gigantisch“. Es sei dafür gesorgt, dass dieses Projekt dauerhaft durchgehalten wird. Rudolf Bindig (SPD), verwies auf die immense Bedeutung der Pilze im Naturkreislauf: „Der Wald ist ein wesentlicher Bereich, wo Artenvielfalt gefördert werden kann. Im Kreis Ravensburg kommen wichtige Pilzarten vor, die außerhalb Deutschlands nicht zu finden sind“, erklärte der staatlich geprüfte Pilzexperte Bindig.
Ein besonderes Anliegen von Bruno Sing (Grüne) ist es, auch die Eigenheimbesitzer für dieses Thema zu sensibilisieren und die Kommunen anzuhalten, beim Erstellen von Bebauungsplänen auf Artenvielfalt zu achten. Die starke Verbreitung von Steingärten und von Robotern gemähten Rasenflächen ist ihm ein Dorn im Auge. Auch müsse mehr dagegen getan werden, dass in Deutschland jährlich 18 Millionen Vögel gegen große Glasflächen fliegen und sich dabei das Genick brechen.
Axel Müller (CDU) warnte allerdings davor, den Gemeinden zu viele Vorschriften zu machen. Und Heinz Strubel (Grüne) macht sich Sorgen um die Ehrenamtlichen, die bereits heute vielfach an ihrer Belastungsgrenze arbeiten.
Zurückhaltend reagierte Kreiskämmerer Franz Baur auf den Vorschlag, der Landkreis solle doch entlang seiner Kreisstraßen Blühstreifen anlegen und pflegen. Die Straßenwärter seien nicht als Landschaftsgärtner ausgebildet. Außerdem sei es nicht damit getan, den Straßenrand einmal umzupflügen und ein Blumengemisch anzusäen. „Wenn das nicht laufend fachkundig gepflegt wird, blüht dort nach ein paar Jahren nichts mehr. Dafür haben wir aber nicht das nötige Personal“, sagte Baur. Hermann Schad (FWV) versprach, an seinem Wohnort im Allgäu in Eigenregie einen solchen Blühstreifen anzulegen. Das Saatgut will ihm Landrat Sievers persönlich spendieren.