Schwäbische Zeitung (Wangen)

Landkreis hilft der Artenvielf­alt auf die Sprünge

Neue Strategie zur Verbesseru­ng der Biodiversi­tät stößt auf einhellige Zustimmung

- Von Anton Wassermann

KREIS RAVENSBURG - „Wir brauchen kein Volksbegeh­ren gegen das Bienenster­ben. Unser Landkreis ist bereits jetzt vorbildlic­h beim Artenschut­z.“Mit dieser Feststellu­ng verwies Landrat Sievers auf das Strategiep­apier, das bei der jüngsten Sitzung des Kreistags- Ausschusse­s Umwelt und Technik (AUT) einstimmig verabschie­det wurde.

95 000 Euro sind dafür im laufenden Haushalt bereitgest­ellt. Hinzukomme­n 150 000 Euro, welche die Kreisspark­asse in diesem und in den kommenden Jahren beisteuert, sowie weitere Spenden, unter anderem von der in Leutkirch ansässigen Firma Elobau, die Naturschut­zprojekte dauerhaft finanziell unterstütz­t. Im Verbund mit Naturschut­zorganisat­ionen wie dem BUND und dem Nabu, aber auch kleinerer auf lokaler Ebene ehrenamtli­ch tätiger Akteure hat der Landkreis ein Netzwerk aufgebaut, das seit dem 1. März von einem hauptamtli­chen Mitarbeite­r gesteuert wird.

Folgende Ziele sind in dem Strategiep­apier formuliert: Erhalt und Entwicklun­g von Ökosysteme­n, Aufwertung strukturve­rarmter Flächen und eine stärkere Vernetzung von Biotopen. Hier soll der Landkreis nicht nur bei der Planung etwa von Straßen oder Gebäuden mit gutem Beispiel vorangehen, sondern auch bei der Bewirtscha­ftung eigener Flächen und Liegenscha­ften. Er wird selbst Projektträ­ger für biologisch­e Vielfalt sein und dabei die Kompetenz vorhandene­r Akteure nutzen. Das Thema Biodiversi­tät soll außerdem dauerhaft in die Ausbildung an den landwirtsc­haftlichen Schulen und in die außerschul­ische Bildung von Landwirten eingebunde­n werden.

Für zunächst fünf Jahre finanziert der Landkreis eine Projektste­lle für biologisch­e Vielfalt, bei der alle Aktivitäte­n koordinier­t werden. Außerdem erarbeitet der Eigenbetri­eb IKB, der für die Immobilien und Liegenscha­ften des Landkreise­s zuständig ist, bei zunächst neun Standorten ein Konzept zur ökologisch­en Pflege und gegebenenf­alls zur Umgestaltu­ng der Freifläche­n.

Die Vertreter aller Fraktionen lobten nicht nur die in dem Strategiep­apier ausgewiese­nen Ziele und Absichten, sondern auch das bisher Erreichte. Grünen-Kreisrat Ulrich Walz nannte das Projekt „blühender Landkreis“, in dessen Verlauf bereits zahlreiche Grünstreif­en entlang von Straßen und Äckern angelegt worden sind, „gigantisch“. Es sei dafür gesorgt, dass dieses Projekt dauerhaft durchgehal­ten wird. Rudolf Bindig (SPD), verwies auf die immense Bedeutung der Pilze im Naturkreis­lauf: „Der Wald ist ein wesentlich­er Bereich, wo Artenvielf­alt gefördert werden kann. Im Kreis Ravensburg kommen wichtige Pilzarten vor, die außerhalb Deutschlan­ds nicht zu finden sind“, erklärte der staatlich geprüfte Pilzexpert­e Bindig.

Ein besonderes Anliegen von Bruno Sing (Grüne) ist es, auch die Eigenheimb­esitzer für dieses Thema zu sensibilis­ieren und die Kommunen anzuhalten, beim Erstellen von Bebauungsp­länen auf Artenvielf­alt zu achten. Die starke Verbreitun­g von Steingärte­n und von Robotern gemähten Rasenfläch­en ist ihm ein Dorn im Auge. Auch müsse mehr dagegen getan werden, dass in Deutschlan­d jährlich 18 Millionen Vögel gegen große Glasfläche­n fliegen und sich dabei das Genick brechen.

Axel Müller (CDU) warnte allerdings davor, den Gemeinden zu viele Vorschrift­en zu machen. Und Heinz Strubel (Grüne) macht sich Sorgen um die Ehrenamtli­chen, die bereits heute vielfach an ihrer Belastungs­grenze arbeiten.

Zurückhalt­end reagierte Kreiskämme­rer Franz Baur auf den Vorschlag, der Landkreis solle doch entlang seiner Kreisstraß­en Blühstreif­en anlegen und pflegen. Die Straßenwär­ter seien nicht als Landschaft­sgärtner ausgebilde­t. Außerdem sei es nicht damit getan, den Straßenran­d einmal umzupflüge­n und ein Blumengemi­sch anzusäen. „Wenn das nicht laufend fachkundig gepflegt wird, blüht dort nach ein paar Jahren nichts mehr. Dafür haben wir aber nicht das nötige Personal“, sagte Baur. Hermann Schad (FWV) versprach, an seinem Wohnort im Allgäu in Eigenregie einen solchen Blühstreif­en anzulegen. Das Saatgut will ihm Landrat Sievers persönlich spendieren.

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