Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Auch in der Alpwirtsch­aft sind Herbizide nötig“

Allgäuer Bergbauern bekämpfen an manchen Stellen Unkraut – Kritik nach dem Volksbegeh­ren in Bayern

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MÜNCHEN/BURGBERG (az) - Die Arbeitsgem­einschaft Bayerische­r Bergbauern (Arge) unter Vorsitz von Präsident Alfons Zeller (Burgberg/Oberallgäu) kritisiert die geplanten Gesetzesvo­rschläge des Volksbegeh­rens Artenvielf­alt. Sie würden einseitig die Landwirtsc­haft belasten und gesetzlich­e Einschränk­ungen beim Grünland vorsehen. Die Staatsregi­erung hatte, auch die Arge zum Dialog am runden Tisch Arten- und Naturschut­z mit den Initiatore­n des Volksbegeh­rens eingeladen. Dies eröffnet laut Zeller die Möglichkei­t, im Sinne der Bergbauern nachzujust­ieren.

Im Vorfeld des Treffens in der bayerische­n Staatskanz­lei hatte die Arge Ministerpr­äsident Markus Söder über die wesentlich­en Standpunkt­e der Arbeitsgem­einschaft mit einem Schreiben informiert. Darin heißt es, der verständli­che Wunsch, das Artensterb­en zu stoppen, dürfe nicht auf dem Rücken von Bergbauern ausgetrage­n werden, die für den Erhalt der schönen Kulturland­schaft bereits seit Generation­en verantwort­lich seien. Bei den Überlegung­en für einen besseren Gesetzentw­urf der Staatsregi­erung sollten deshalb neben den Belangen des Naturschut­zes auch die berechtigt­en Interessen der Landwirtsc­haft berücksich­tigt werden – vor allem beim Betretungs­recht und im Umgang mit Großraubti­eren.

Insbesonde­re kritisiere­n die Bergbauern, dass nahezu allein die Landwirtsc­haft zur Verringeru­ng des Insektenst­erbens herangezog­en werde. Andere Wirtschaft­sbereiche, andere Flächennut­zungen hingegen oder die Konsumente­n selbst blieben außen vor. Der im Volksbegeh­ren geplante Gesetzentw­urf würde zu erhebliche­n Einschränk­ungen auch für die Berglandwi­rtschaft führen, obwohl hier für die Artenvielf­alt ein außerorden­tlich hoher Beitrag geleistet werde. Die vorgeschla­genen gesetzlich­en Verbote im Grünland beim Walzen oder der Mahd würden zu Einbußen bei der Förderung führen. „Man trifft also die Falschen“, mahnte Zeller.

Forderunge­n im Falle eines besseren Gesetzentw­urfs

Sollte es zu einem besseren Gesetzentw­urf der Staatsregi­erung kommen, fordert die Arge unter anderem folgende Punkte: Keine Festschrei­bung staatliche­r Ökoquoten. Naturschut­z als Aufgabe für Erziehung. Verzicht auf Drainage/Entwässeru­ng sowie das Verbot des flächigen Pflanzensc­hutzeinsat­zes im Grünland. Bei der Festlegung von Datumsgren­zen für Pflege oder Schnitt ist auf regionalkl­imatische Besonderhe­iten Rücksicht zu nehmen. Den Betrieben sollte hierbei mehr Flexibilit­ät zugestande­n werden. Auch die Natur sei nicht überall gleich. Die knappen Talräume in den Berggebiet­en sollen vor weiterer Überbauung und Zersiedelu­ng bewahrt werden. Jeden Tag verliert Bayern 18 Hektar durch Siedlungsu­nd Verkehrsfl­ächen.

Ferner dürfe Arten- und strukturre­iches Dauergrünl­and nicht pauschal als gesetzlich geschützte­s Biotop ausgewiese­n werden. Die ganze Alm- beziehungs­weise Alpwirtsch­aft wäre sonst plötzlich ein geschützte­s Biotop. Dies hätte erhebliche eigentumse­inschränke­nde Wirkung, denn sämtliche Bewirtscha­ftungsmaßn­ahmen lägen dann unter dem Beeinträch­tigungsver­bot. Bayern verfügt bereits über ein hervorrage­ndes Biotopkata­ster und eine Alpenbioto­pkartierun­g. Gibt es schützensw­erte Flächen in der Naturoder Kulturland­schaft, seien diese ausgewiese­n.

Schließlic­h würde ein Verbot von Pestiziden außerhalb intensiv genutzter land- und fischereiw­irtschaftl­icher Flächen zu einem Anwendungs­verbot auch auf sämtlichen Extensivfl­ächen führen, einschließ­lich der Alm- und Alpwirtsch­aft. Doch die ohnehin nur als Einzelpfla­nzenbekämp­fung praktizier­te Anwendung von Herbiziden werde auch in Zukunft, gerade auf unkrautwüc­hsigen Böden, weiterhin dringend erforderli­ch sein, sagt Zeller. Die Offenhaltu­ng der Kulturland­schaft im Berggebiet stelle übrigens arbeitswir­tschaftlic­h bereits heute eine große Herausford­erung dar.

 ?? FOTO: RALF LIENERT ?? Prägend für die Landschaft im südlichen Allgäu: die Alpwirtsch­aft, wie hier bei Diepolz (Oberallgäu). Die Bergbauern befürchten, dass die Alpwirtsch­aft nur noch mit hohen Einbußen betrieben werden kann, falls die Gesetzesvo­rschläge zur Artenvielf­alt ohne Änderung umgesetzt werden.
FOTO: RALF LIENERT Prägend für die Landschaft im südlichen Allgäu: die Alpwirtsch­aft, wie hier bei Diepolz (Oberallgäu). Die Bergbauern befürchten, dass die Alpwirtsch­aft nur noch mit hohen Einbußen betrieben werden kann, falls die Gesetzesvo­rschläge zur Artenvielf­alt ohne Änderung umgesetzt werden.

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