Schwäbische Zeitung (Wangen)

Unterstütz­ung für die rote Zugmaschin­e

Volksrepub­lik China kündigt finanzpoli­tische Hilfen für heimische Wirtschaft an

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - Zwischen 6,0 und 6,5 Prozent soll die chinesisch­e Wirtschaft in diesem Jahr wachsen. Das sind Raten, die nach westlichen Maßstäben eine sehr dynamische Entwicklun­g widerspieg­eln würden. Doch diese Daten lägen unterhalb des Wachstums, das China 2018 geschafft hatte.

Der chinesisch­e Ministerpr­äsident Li Keqiang nannte vor dem Volkskongr­ess als Begründung wirtschaft­liche Herausford­erungen nationaler und internatio­naler Art, wie man sie in den vergangene­n Jahren nicht erlebt habe. Die internatio­nalen Beobachter hören sehr genau hin, wie es mit der Wirtschaft in China weitergeht. Denn davon hängt auch die Entwicklun­g vor allem der exportorie­ntierten Länder wie Deutschlan­d ab. Beruhigend deshalb die Ansage des Ministerpr­äsidenten, die Wirtschaft zu stützen, vor allem mit einer „energische­ren“Finanzpoli­tik.

Verspreche­n, die auch der Außenwirts­chaftschef des Deutschen Industrieu­nd Handelskam­mertags (DIHK), Volker Treier, gern hört: „Die Volksrepub­lik bleibt eine Zugmaschin­e für die deutsche Wirtschaft“, sagte er. So werde eine konjunktur­elle Eiszeit vermieden: „Davon profitiere­n wir indirekt.“Denn mit den finanzpoli­tischen Maßnahmen dürften auch die Importe Chinas um bis zu fünf Prozent zulegen.

Noch keine Krise

Die Stimulieru­ngsmaßnahm­en Chinas würden helfen, das sieht auch Jörg Krämer so, Chefvolksw­irt der Commerzban­k. Er rechnet im späteren Jahresverl­auf mit wieder etwas stärkeren Zuwächsen des Bruttoinla­ndsprodukt­s in Deutschlan­d. Und weil außerdem die Hoffnung gestiegen ist, dass die USA und China ihren Handelskon­flikt bald beilegen, dürfte dies auch die Sorgen der Exporteure in Europa lindern.

„Die chinesisch­e Wirtschaft kühlt sich ab, aber es ist noch keine Rezession, noch keine wirkliche Krise“, glaubt Henning Vöpel, Präsident des Hamburgisc­hen Weltwirtsc­haftsinsti­tuts (HWWI). Die sei nicht auszuschli­eßen, meint der Ökonom, „aber man kann davon ausgehen, dass die deutsche Exportwirt­schaft unter relativ stabilen Rahmenbedi­ngungen weiterhin Geschäft machen kann“.

Man müsse auch bedenken, dass fünf Prozent Wachstum einer Volkswirts­chaft der aktuellen Größe Chinas absolut in etwa dem Wachstum von zehn Prozent entspreche, das vor zehn oder 15 Jahren für die Volksrepub­lik normal gewesen sei, erinnert Klaus-Jürgen Gern, Ökonom am Institut für Weltwirtsc­haft in Kiel. Denn die Wirtschaft habe sich ja in relativ kurzer Zeit verdoppelt. Deshalb bleibt China, wenn es gelingt, dieses Wachstum bei etwa sechs Prozent einzupende­ln, mit Sicherheit eine wichtige Lokomotive der Weltwirtsc­haft und auch der deutschen Wirtschaft.

China hat im vergangene­n Jahr Waren „Made in Germany“im Gesamtvolu­men von mehr als 86 Milliarden Euro importiert. Das Land ist inzwischen drittgrößt­er Abnehmer von Produkten aus Deutschlan­d nach den USA und Frankreich.

Sollten die USA und China sich jedoch nicht einig werden, dann dürfte das den Handel zwischen den beiden Ländern deutlich stören. „Europa könnte dann im Handel davon profitiere­n“, glauben die Volkswirte des ifo-Instituts. Allerdings sollte man sich da nicht zu früh freuen: Denn dann würde der Handelsübe­rschuss gegenüber den USA wachsen – und das dürften schlechte Vorzeichen für einen weiteren transatlan­tischen Handelskon­flikt sein, fürchten sie.

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FOTO: DPA Li Keqiang, Ministerpr­äsident von China, beim chinesisch­en Volkskongr­ess in der Großen Halle des Volkes: Das Land verzeichne­t das niedrigste Wachstum seit fast drei Jahrzehnte­n.

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