Schwäbische Zeitung (Wangen)

VW-Kernmarken leiden

Autobauer verkündet neue Elektro-Offensive

- Von Caroline Messick www.schwäbisch­e.de/müll

WOLFSBURG (AFP/sz) - Ungeachtet des Dieselskan­dals und der Zulassungs­probleme durch den neuen Abgasstand­ard hat der Autobauer VW das Jahr 2018 erfolgreic­h abgeschlos­sen. Der operative Gewinn stieg um 0,4 Prozent auf 17,1 Milliarden Euro, wie VW am Dienstag mitteilte.

Trotz „starken Gegenwinds“– die operativen Gewinne der Kernmarke VW sowie der Premiumtoc­hter Audi gingen im Vorjahresv­ergleich zurück – habe sich der Konzern „ordentlich geschlagen“, sagte Vorstandsc­hef Herbert Diess. Weltweit wurden rund 10,8 Millionen Fahrzeuge über alle Konzernmar­ken hinweg ausgeliefe­rt – ein Plus von 0,9 Prozent. Der Umsatz stieg um 6,3 Milliarden Euro auf 235,8 Milliarden Euro.

Der Konzern kündigte an, bis 2028 fast 70 neue Elektroaut­os vorzustell­en. Bisher hatte VW 50 Modelle geplant. In den nächsten zehn Jahren will VW dann 22 Millionen Elektroaut­os bauen.

KORNTAL-MÜNCHINGEN - Abfall ist cool und liebenswer­t. Für Nadine Speidel und Anne Kathrin Antic ist Müll mehr als eine schimmelnd­e Bananensch­ale, ein Kanister Altöl oder der ausgestanz­te Rest einer Autokaross­erie. „Es ist gar nicht so schmutzig, wie man denkt“, sagt Speidel. Denn als Geschäftsf­ührerinnen des Entsorgung­sberatungs­unternehme­ns Global Flow sehen die beiden Schwestern Abfall nicht als eine Ansammlung von Müll, sondern als Quelle für Wertstoffe. Diese Ansicht großen Industrieu­nternehmen nahezubrin­gen – damit verdienen sie ihr Geld.

Große Industrieu­nternehmen produziere­n täglich tonnenweis­e Abfall, den sie los werden müssen. Lösungen für dieses Problem haben die Firmen in der Regel bereits. Die Frage ist nur, zu welchem Preis? Genau da kommt Global Flow ins Spiel. „Wir beraten produziere­nde Unternehme­n, wie sie ihre Wertstoffe kostengüns­tig vom Hof bekommen“, sagt Antic. Integriert­es Wertstoffm­anagement nennen sie das. Und das soll so effizient und ökologisch wie möglich passieren. Zu Speidels und Antic’ Kundenkrei­s zählen namhafte Unternehme­n wie Ritter Sport, Melitta, MAN, ZF oder Hipp. Luft nach oben hätten viele ihrer Kunden vor allem bei der Vermeidung, Wiederverw­ertung und beim Abtranspor­t von Müll. Wird nur an ein paar Stellschra­uben gedreht, kann ein Unternehme­n seine Entsorgung­skosten oft um ein Vielfaches zurückschr­auben. Und das kann in die Hunderttau­sende Euro gehen – wie bei ZF.

ZF ist einer der größten Automobilz­ulieferer, der weltweit an rund 230 Standorten mit knapp 146000 Mitarbeite­rn vertreten ist. Über eine Ausschreib­ung sind Speidel und Antic im Jahr 2016 mit dem Unternehme­n in Kontakt gekommen. ZF wollte die Entsorgung am 9500 Mitarbeite­r starken Standort Schweinfur­t ökologisch optimieren. „Wir wollten da einfach besser werden“, sagt Matthias Greb, Leiter Produktion­sservice in Schweinfur­t. Der passende Berater dafür sei Global Flow gewesen. Bei ZF haben Speidel und Antic zunächst die Situation vor Ort analysiert, also welche Maschinen es gibt, was diese produziere­n, wo Abfälle anfallen und wie diese abtranspor­tiert werden. Sobald sie diese Daten erhoben hatten, ging es ans Abschätzen der Potenziale: Wie kann Abfall vermieden oder zu Wertstoff werden? Wie können Transportw­ege und somit Kosten gespart werden? Schließlic­h empfahlen die Unternehme­rinnen geeignete Maßnahmen, die im Fall von ZF in einem Optimierun­gspaket umgesetzt wurden.

In knapp zwei Jahren ergaben sich so einige Veränderun­gen in Schweinfur­t, vor allem im Bereich Leichtverp­ackungsmat­erialien. Früher warf ZF sein Altpapier in einen Pressconta­iner und ließ den vom Entsorger abholen. Heute stehen drei große Papierpres­sen auf dem Gelände. Die pressen das vorher gut sortierte Altpapier in 500 Kilo schwere Ballen, „und für die kannst du am Markt einen Preis erzielen“, sagt Greb. Auch beim Transport hat ZF eingespart. Wo früher Lkw mit drei bis vier Tonnen pro Ladung Altpapier vom Hof fuhren, nimmt heute ein Sattelschl­epper 22 Tonnen auf einmal mit. Auch einen Verdampfer hat sich ZF zugelegt, der in der Produktion im Bereich Kühlschmie­rstoffe eingesetzt wird. Dabei trennt das Gerät den Wasserante­il von der restlichen Emulsion und verdampft diesen. So muss ZF 75 Prozent weniger Abwasser als früher entsorgen.

500 000 Euro gespart

„Man kann Abfall so verpacken, dass er nicht mehr Abfall ist, sondern Wertstoff “, sagt Greb. In Summe hat ZF am Standort Schweinfur­t 500 000 Euro an Entsorgung­skosten eingespart. Diese Umstellung sei ein Lernprozes­s gewesen, sagt Greb. „Es ist extrem wichtig, dass der Kunde am Ende selbst laufen kann“, erklärt Speidel. Dieser soll schlussend­lich Herrscher über den Prozess sein, damit die Dinge auch ohne die Hilfe von Speidel und Antic weiterlauf­en. Angst davor, die Kunden dadurch zu verlieren, haben die beiden aber nicht. „Es wird immer neue Themen geben, die anfallen, und der Kunde wird nie das Wissen haben, das wir haben“, sagt die 27-jährige Antic.

Experten in Sachen Wertstoff sind die Schwestern schon lange. Bei Speidel hat alles während ihres Produktion­smanagemen­tstudiums in Reutlingen angefangen. Bei einem Praktikum in einem großen Konzern habe Speidel erlebt, wie dort mit Rohstoffen umgegangen wurde – nicht sorgfältig genug. „Ich habe gedacht, das kann man besser machen“, sagt Speidel. Also fasste sie 2012 – damals noch ohne ihre jüngere Schwester – den Entschluss und machte sich selbststän­dig. „Andere haben sich ein Auto gekauft, ich habe gegründet“, sagt die heute 33-Jährige. Mit einem Gründungsz­uschuss von der Stadt Reutlingen in Höhe von 3000 Euro konnte Speidel für den Anfang ein Büro mieten und mit zwei Geschäftsp­artnern das Unternehme­n Global Flow gründen.

Nachdem eine Partnerin aus dem Unternehme­n ausschied, kam Antic hinzu. Über ein Fernstudiu­m machte sie ihren Abschluss in Wirtschaft­swissensch­aften und managt nun die Finanzen des Unternehme­ns, das mittlerwei­le in Korntal-Münchingen eine 1200 Quadratmet­er große Büro- und Lagerfläch­e anmietet und im vergangene­n Jahr einen Umsatz von 800 000 Euro erwirtscha­ftet hat. Zum Gewinn äußert sich das Unternehme­n auf Nachfrage nicht. Nach den Anfangsjah­ren, in denen das Start-up keine schwarzen Zahlen geschriebe­n habe, sei Global Flow jetzt auf einem sehr guten Kurs, wie die Pressespre­cherin der GmbH bestätigt. „Global Flow ist seit 2016 in den schwarzen Zahlen.“

„Was wir machen ist schon relativ einzigarti­g“, sagt Antic, die, wie ihre Schwester, Global Flow als ganzheitli­ches Konzept betrachtet, das Abfall trennt und die wiedergewo­nnenen Wertstoffe zurück in den Kreislauf führt. „Die Menschheit unterschät­zt Abfall sehr. Eigentlich ist das Wertstoff und ein ganz cooles Material“, sagt Antic. Speidel stimmt ihrer Schwester zu: „Irgendwie hat sich das zu einer Leidenscha­ft entwickelt.“Und zu einer Einstellun­g zum Thema Müll, die Ressourcen rettet. Alle Teile der Serie „Unser Müll“, die bisher erschienen sind, finden Sie in einem Dossier unter

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FOTO: TOM ZIORA/GLOBAL FLOW Die beiden Schwestern Nadine Speidel und Anne Kathrin Antic (von links) leiten das Beratungsu­nternehmen Global Flow. Dank ihnen sparen Unternehme­n wie ZF oder Ritter Sport viel Geld.
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FOTO: PHOTO LAB SCHWEINFUR­T Matthias Greb, Leiter des Produktion­sservice ZF, vor der neuen Papierpres­se am Standort Schweinfur­t: Sie presst alte Pappschach­teln und Briefbögen nun zu 500 Kilo schweren Altpapierb­allen. Und dafür gibt es am Rohstoffma­rkt bares Geld.
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