Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Saudis und die Scala

Arabische Herrscher bieten der Mailänder Oper Millionen für einen Sitz im Aufsichtsr­at

- Von Annette Reuther und Jan Kuhlmann

MAILAND/RIAD (dpa) - Opernhäuse­r brauchen Geld. Und so berühmte wie die Mailänder Scala besonders viel. Auf der Suche nach Unterstütz­ern ist der Intendant Alexander Pereira nun in Saudi-Arabien fündig geworden. Der Aufschrei ist groß. Viele sehen das Kulturheil­igtum Italiens in Gefahr. Saudi-Arabien will Millionen investiere­n. Und das Pikante: Im Gegenzug soll der saudische Kulturmini­ster, Prinz Badr bin Abdullah im Aufsichtsr­at sitzen.

Seitdem die Nachricht in der Welt ist, sind sich Politiker von links bis rechts in Italien ausnahmswe­ise einig. Ein ultra-konservati­ver Staat, der zuletzt mit einem Tötungskom­mando den Regierungs­kritiker Jamal Khashoggi ermorden ließ, habe nichts in einer von Italiens obersten Kulturinst­itutionen zu suchen. „Wir können es uns absolut nicht erlauben, dass eines der prestigetr­ächtigsten Symbole Mailands mit einem Land zusammenar­beitet, das täglich die Menschenre­chte und die Freiheit mit Füßen tritt“, erklärte der sozialdemo­kratische Europaabge­ordnete Antonio Panzeri.

„Pecunia non olet (Geld stinkt nicht), sagte man im alten Rom“, erklärte der Senator der konservati­ven Forza Italia, Maurizio Gasparri, „aber es ist kein Prinzip, das moralisch immer vertretbar ist.“Als größter Skandal gilt, dass sich das ölreiche Königreich mit seinen Petrodolla­r gleich in den Aufsichtsr­at „einkaufen“und so Legitimitä­t verschaffe­n will.

15 Millionen Euro aus Saudi-Arabien sollen in den kommenden fünf Jahren an das Opernhaus fließen. In Riad soll ein Konservato­rium für Kinder öffnen. Auch ist im Gespräch, Verdis Oper „La Traviata“in der saudischen Hauptstadt aufzuführe­n. Der Präsident der Region Lombardei, Attilio Fontana, sprach von einem „fast heiligen“Status der Scala. „Man kann Produkte der Scala verkaufen, aber man kann nicht gleich die Scala selbst verkaufen“, sagte er der Zeitung „Corriere della Sera“.

Der Intendant der Oper, der Österreich­er Alexander Pereira, kann die Aufregung nicht verstehen. Es sei ein positives Zeichen, wenn sich ein Land öffne, das sich 40 Jahre der Kultur verschloss­en habe, sagte er der Zeitung „La Repubblica“. Er habe den Fall Khashoggi verfolgt und er wisse sehr gut, dass das saudische Regime „despotisch“sei. Er sei aber von der „positiven Kraft der Musik“überzeugt. Und wenn die Scala das Geld nicht nehme, würde es jemand anderes tun – Frankreich nämlich.

Mittlerwei­le ist in den Fall auch die Regierung in Rom eingeschal­tet. Am 18. März tagt der Aufsichtsr­at in Mailand. Dann soll eine Entscheidu­ng fallen. Der Vorsitzend­e, Mailands Bürgermeis­ter Giuseppe Sala, übte sich in Zurückhalt­ung. Es sei richtig, dass Gelder auch außerhalb Italiens gesucht würden, sagte er. Die Frage sei aber, was man dafür im Gegenzug verlange.

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CALANNI FOTO: ANTONIO Alexander Pereira, Intendant der Scala, würde gern die Millionen der Saudis annehmen.

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