Die EU zeigt Scheuer die Grenzen auf
Kommission kritisiert Verkehrsminister – Regierung möchte Grenzwerte aufweichen
BERLIN/BRÜSSEL (dpa) - Im Streit um Dieselabgase und Fahrverbote hat die EU-Kommission Zweifel von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer an den Grenzwerten zurückgewiesen. In einem Brief schrieben die Kommissare für Umwelt, Verkehr und Industrie dem CSU-Politiker, der „überwiegende Teil“der jüngeren „fachlich geprüften wissenschaftlichen Erkenntnisse“weise auf negative Gesundheitsfolgen hin, etwa von Stickstoffdioxid (NO Scheuer wehrte sich am Mittwoch. Er sagte in Berlin, er werde nicht nachlassen, die Debatte um die Grenzwerte auf EU-Ebene zu führen. „Denn wenn es zu Einschränkungen für Europäerinnen und Europäer im Alltag kommt, sollte die Europäische Kommission die Anliegen eines Mitgliedstaates ernst nehmen“, sagte er.
Die EU-Kommissare dankten ihm in ihrem Brief, dass er ihnen die „Darstellung der Kritikpunkte mehrerer Mediziner in Deutschland“geschickt habe, verwiesen aber darauf, dass wichtige Berechnungen „als fehlerhaft erkannt“worden seien. Damit dürfte die Stellungnahme von mehr als 100 Lungenärzten gemeint sein, in der inzwischen Rechenfehler nachgewiesen wurden. Von der Opposition kam Kritik am Minister. Cem Özdemir (Grüne), Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Bundestag, schrieb auf Twitter, es sei „einfach nur noch peinlich“, dass ein Bundesminister auf Rechenfehler hingewiesen werden müsse. FDPVerkehrsexperte Oliver Luksic sagte, Scheuer habe die Lage nicht im Griff.
Die drei Kommissare hatten den deutschen Verkehrsminister zudem an die Verpflichtung erinnert, den EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel einzuhalten. Um diesen Wert geht es heute auch im Bundestag. Mit Gesetzespaketen möchte die schwarz-rote Regierung Fahrverbote vermeiden sowie Ausnahmen für Handwerker, Müllabfuhr und Feuerwehr ermöglichen. Zudem sollen Kontrollen nur als Stichproben möglich sein. Die GroKo will klarstellen, dass Fahrverbote in der Regel nur dann verhältnismäßig sind, wenn mehr als 50 Mikrogramm NO2 gemessen werden.