Festspiele Wangen wollen diesmal „Werte“vermitteln
„Der zerbrochne Krug“, „Der Zauberer von Oz“und „All das Schöne“stehen bei der neunten Auflage im Zunftwinkel auf dem Programm
WANGEN - Die Festspiele Wangen sind längst eine feste Einrichtung im Kulturkalender der Allgäustadt. Die neunte Auflage könnte unter dem Leitthema „Werte“stehen, wie der künstlerische Leiter Peter Raffalt bei der Vorstellung des Programms am Mittwoch ankündigte. Einen Wertekanon auf der Bühne im Zunftwinkel transportieren sollen heuer die drei Stücke „Der zerbrochne Krug“, „Der Zauberer von Oz“und „All das Schöne“.
Mit einer Zuschauer-Auslastung von mehr als 90 Prozent und mit schwarzen Zahlen waren die Festspiele 2018 erneut ein Erfolg – auch wenn das Wetter zumindest für die Nachmittagsstücke fast schon zu gut gewesen ist. Und so halten der veranstaltende Festspielverein und dessen künstlerischer Leiter Peter Raffalt auch bei der neunten Auflage am bewährten Muster fest. Heißt zusammengefasst: vier Wochen, drei Stücke und eine tolle Atmosphäre an der Stadtmauer im Zunftwinkel.
Lustspiel voller Wortwitz
Nach zwei englischen Autoren im Vorjahr (Raffalt süffisant: „Die Briten treten sowieso aus der EU aus“) setzen die Verantwortlichen heuer mit dem Abendstück „Der zerbrochne Krug“von Heinrich von Kleist auf einen Klassiker der deutschen Literatur. Die Geschichte vom Dorfrichter Adam, der wegen eines sexuellen Übergriffs erst zum lügnerischen Amtsinhaber und am Ende zum bemitleidenswerten Helden wird, ist ein Lustspiel voller Wortwitz und bäuerlicher Derbheit. „Das Stück ist kein Schenkelklopfer wie das im Vorjahr, es fasziniert dafür bis heute durch die Zeichnung der Menschen und die tolle Sprache“, so Raffalt.
Neben dem Kleist-Stück über den Werteverfall geht es beim Familienstück „Der Zauberer von Oz“eher um die Suche nach Werten. Im Kinderbuch von Lyman Frank Baum geht es für die Hauptfigur Dorothy nicht nur darum, den Weg nach Hause zu finden, sondern auch um Eigenschaften wie Mut und Verstand zwischen Pubertät und dem Erwachsenwerden. „Eine Geschichte über Freundschaft und die Macht der Illusion“, sagt Peter Raffalt. „Ein rührendes, lustiges Stück mit viel Musik.“
Lustig, gar witzig, sei eigentlich auch das zeitgenössische Studiostück „All das Schöne“von Duncan Macmillan – auch wenn es bei der Geschichte um ein siebenjähriges Mädchen (gespielt von Stefanie Smailes) geht, das sich nach dem Selbstmordversuch seiner Mutter mit Depressionen auseinandersetzen muss und eine Liste mit Werten und Dingen schreibt, die die Welt schön machen. „Ein lebensbejahendes Stück über ein todernstes Thema“, meint Peter Raffalt. Und: „Die Zuschauer sollten sich darauf gefasst machen, dass sie mitspielen dürfen.“
Bereits zum dritten Mal ist Raffalt in Wangen künstlerischer Leiter und Regisseur in einer Person. Für diesen Festspielsommer setzt der Österreicher auf erfahrene Kräfte wie Elke Gattinger (Kostüme), Selina Nowack (Produktionsassistenz) oder die Schauspieler Magdalena Oettl, Lukas Kienzler, Steffen Happel und Lesley Jennifer Higl. Besucher im Zunftwinkel dürfen sich aber auch auf neue Gesichter wie Jenny Schleif (Bühnenbild) und Magdalena Mikisch (Regieassistenz) hinter den Kulissen und Dustin Smailes, Frank Deez, Dirk Hoffmann und Stefanie Smailes auf der Bühne freuen.
Kleist auch für Schulklassen?
Los geht es mit den Proben bereits Anfang Juni, Festspielstart ist am 25. Juli mit der Premiere von „Der zerbrochne Krug“, „Der Zauberer von Oz“beschließt am 25. August dann den Theatersommer im Zunftwinkel. Neu ist diesmal, dass es immer donnerstags eine Stunde vor dem Abendstück eine Einführung von Peter Raffalt geben wird. Es könnte diesmal auch sein, dass es vor den heuer später beginnenden Sommerferien in der Hauptprobenwoche eine Schülervorstellung des Kleist-Stücks gibt.
Das Gesamtbudget beträgt mittlerweile zwischen 250 000 und 300 000 Euro, es setzt sich zu jeweils einem Drittel aus Eintrittsgeldern, Zuschüssen von Stadt und Land sowie Sponsorengeldern zusammen. „Ohne diese drei Säulen würde gar nicht gehen“, sagt Festspielvereinsvorsitzender Manfred Wolfrum. Eine Kooperation mit Überlingen wie im letzten Jahr wird es diesmal nicht geben. „Die setzen dieses Jahr finanziell schon ganz den Fokus auf die Landesgartenschau 2020“, so der Festspielvereinsvorsitzende weiter. Die findet vier Jahre später bekanntlich in Wangen statt und könnte dann auch Besucher in den Zunftwinkel locken. Denn, wie OB Michael Lang bei der Programmvorstellung sagte: „Die Festspiele Wangen sind im Sommer längst auch ein touristisches Ereignis.“