Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Wer verändern will, sollte die Strukturen genau kennen“

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Zum Bericht „Die Debatte zur Krankenhau­s-Zukunft beginnt“(SZ vom 7. März):

„Leider sind die CDU-Vertreter über die Strukturen des Deutschen Gesundheit­swesens nicht ganz im Bilde. Zum einen wird eine Notfallamb­ulanz für Kinder gefordert und anderersei­ts erscheint im Text dann ein Hinweis auf eine Aufnahme von Kindern am Krankenhau­sstandort in Wangen. Handelt es sich um eine Notfallamb­ulanz außerhalb der normalen Sprechzeit­en der niedergela­ssenen Kinderärzt­e, so wäre dies mit der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Baden-Württember­g abzustimme­n, da diese den Sicherstel­lungsauftr­ag für die ambulante Versorgung auch außerhalb der Sprechzeit­en hat. Das wäre eine Erweiterun­g der bereits bestehende­n KV-Notfallamb­ulanz um eine KV-Kinder-Notfallamb­ulanz. Eine stationäre Aufnahme von Kindern im Krankenhau­s Wangen ist mangels einer pädiatrisc­hen Fachabteil­ung (Kinderabte­ilung) dort nicht möglich. Dafür kommen nur die entspreche­nden Fachabteil­ungen in Ravensburg, Memmingen oder Kempten in Frage. Diese politische­n Vorstellun­gen stimmen mit den gesundheit­spolitisch­en Realitäten und den Strukturen im deutschen Gesundheit­swesen nicht überein.

Was den Investitio­nsstau im Krankenhau­s Wangen angeht, so ist auch hier darauf zu verweisen, dass der Kostenträg­er für Krankenhau­sbauten nicht die IKP ist, sondern im Rahmen des dualen Finanzieru­ngssystems in der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. Die Aufgabe des Landes Baden-Württember­g ist, für die baulichen Strukturen im Gesundheit­swesen zu sorgen. Das bedeutet, dass durch Gelder des Landes Krankenhau­sstrukture­n aufgebaut, saniert oder technisch ausgestatt­et werden (Investitio­nsfinanzie­rung). Die Erwirtscha­ftung der Betriebsko­sten erfolgt über die DRG-Abrechnung der entspreche­nden Häuser mit den Krankenkas­sen.

Diese Diskussion im Moment zu führen halte ich für gefährlich, da der derzeitige Gesundheit­sminister in Baden-Württember­g, Herr Lucha, durchaus andere Zielsetzun­gen hat: Reduktion der Anzahl der Krankenhau­sstandorte in Baden-Württember­g. Das bedeutet, dass alle Standorte mit weniger als 300 Betten zu Gunsten größerer Einheiten aufgegeben werden sollten. Dieses beträfe natürlich auch das Krankenhau­s Wangen, welches mit weniger als 300 Betten im Landeskran­kenhauspla­n aufgeführt ist.

Das deutsche Gesundheit­swesen ist eine sehr komplexe Struktur mit starren Trennungen zwischen ambulantem, stationäre­m und rehabilita­tivem Sektor. Wer hier Veränderun­gen durchführe­n will, sollte die Strukturen sehr genau kennen.“

Dr. Guntram Fischer, Maierhöfen/ Kempten

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