Schwäbische Zeitung (Wangen)

Auf eigenen Beinen stehen

- Von Igor Steinle politik@schwaebisc­he.de

Heute beginnt die Versteiger­ung der Frequenzen für den neuen Mobilfunks­tandard 5G. Nie zuvor gab es so viel Aufregung um eine derartige Veranstalt­ung. Denn die Angst ist groß, sich mit dem neuen Mobilfunkn­etz in die Hände fremder Mächte zu begeben – oder sogar abgehängt zu werden.

Denn das neue Supernetz soll vom Smartphone über den Toaster bis hin zum autonom fahrenden Auto alles miteinande­r verbinden. Das sogenannte Internet der Dinge ist der nächste Schritt der Digitalisi­erung, in der zunehmend das reale, physisch greifbare Leben ans Netz angeschlos­sen wird. Weltweit führend bei der Vernetzung ist Huawei. Der Netzwerkhe­rsteller kommt aus China. Aus einem Land, das berüchtigt ist für Cyber-Attacken und das seine Firmen zudem per Gesetz verpflicht­et, Informatio­nen aller Art an die eigene Regierung weiterzuge­ben. Kann man Deutschlan­ds Infrastruk­tur in die Hände eines solchen Unternehme­ns legen?

Die Antwort lautet: langfristi­g nicht. In Zeiten, in denen die Versorgung mit Strom oder Wasser per Mausklick abgeschalt­et werden kann, muss Deutschlan­d sich überlegen, wie es seine Autonomie in digitaler Technik neu auf die Beine stellt. Alleine wird man das nicht mehr stemmen können. Eine europäisch­e Strategie ist nötig, um wieder auf Augenhöhe mit China und den USA zu gelangen. Viel war dabei zuletzt von künstliche­r Intelligen­z die Rede. Aber auch Netzwerkte­chnik muss aus Europa kommen. Mit Nokia und Ericsson gibt es dabei Ausgangspu­nkte, auf die man aufbauen kann.

Bis aber ein leistungsf­ähiger europäisch­er Champion geschaffen ist, wird man kurzfristi­g wohl nicht an Huawei vorbeikomm­en. Zu groß ist das Risiko, bei 5G ins Hintertref­fen zu geraten. Das sehen die USA, die darauf drängen, schon jetzt auf Komponente­n der Chinesen zu verzichten, anders. Dabei darf man indes nicht vergessen, dass es den USA um eigene Interessen geht: Sie wollen Huawei in einem Kalten Krieg um die Technologi­eführersch­aft schwächen. Ein Grund mehr, auf eigenen, europäisch­en Beinen zu stehen.

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