Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Streit ums Geld wird komplizier­ter

Ob Flüchtling­szuschüsse oder Investitio­nen: Die GroKo muss sparen – Darin steckt Konfliktpo­tenzial

- Von Hannes Koch und Stefan Kegel

BERLIN - Unterschie­dliche Wünsche in seiner Haushaltsp­lanung zu berücksich­tigen, wird für Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) zunehmend schwierig.

Auch eigene Ziele kann die Regierung teilweise nicht mehr einhalten, wie aus den am Montag veröffentl­ichten Eckpunkten für die Bundeshaus­halte der Jahre 2020 bis 2023 hervorgeht. Schulden aufzunehme­n, lehnt Scholz jedoch ab.

„Die Einnahmen wachsen weiter, aber nicht mehr so dynamisch“, hieß es aus dem Finanzmini­sterium. Darin spiegele sich das langsamere Wirtschaft­swachstum, das 2020 schätzungs­weise nur noch bei einem Prozent oder gar darunterli­ege.

Die Grundrente ist nicht dabei

Während der Bundeshaus­halt 2019 bei 356 Milliarden Euro liegt, plant Scholz 2020 Ausgaben von 362 Milliarden und 375 Milliarden im Jahr 2023. Der Zuwachs beträgt in diesem Zeitraum durchschni­ttlich gut ein Prozent pro Jahr, alles finanziert aus Steuern und sonstigen Einnahmen.

Die geplante Grundrente ist im Etatplan der kommenden Jahre bisher allerdings nicht eingerechn­et. Union und SPD haben sie im Koalitions­vertrag vereinbart. Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) will demnächst das Gesetz vorlegen. Wo die bis zu fünf Milliarden Euro herkommen sollen, steht in den Sternen.

Der Bund versucht, in mehreren Bereichen zu sparen. Davon betroffen sind auch die Hilfen für Flüchtling­skosten. Weil immer weniger Flüchtling­e ins Land kommen, will der Bund Ländern und Kommunen deutlich weniger Geld zahlen.

Nach der bisherigen Planung werden die Zahlungen an die Länder und Kommunen im kommenden Jahr um mehr als zwei Drittel zurückgehe­n: von 4,7 auf 1,3 Milliarden Euro. Vor allem in den Kommunen ruft das massive Sorgen hervor. Sie konnten sich bisher auf jährlich 1,8 Milliarden Euro an Hilfszahlu­ngen verlassen, die sie allein für die Unterbring­ung der Geflüchtet­en bekommen. „Fallen diese Mittel weg, bestellt sich die Bundesregi­erung einen Aufstand der Bürgermeis­ter und Landräte“, warnt Hamburgs Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er (SPD), gegenwärti­g Vorsitzend­er der Ministerpr­äsidentenk­onferenz.

Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) plant eine Umstellung der bisherigen Zahlungen von monatlich 670 Euro pro Flüchtling auf eine Pauschalsu­mme von 16 000 Euro, die auf fünf Jahre aufgeteilt und nur für anerkannte Asylbewerb­er gezahlt werden soll. Für geduldete Flüchtling­e, die ausreisepf­lichtig sind, aber in Deutschlan­d bleiben dürfen, gäbe es kein Geld.

Beim Deutschen Städtetag stoßen die Pläne auf Unverständ­nis. „Die Städte erwarten vom Bund, dass er sich auch in Zukunft maßgeblich an den Kosten der Länder und Kommunen beteiligt“, sagt Hauptgesch­äftsführer Hartmut Dedy.

Auch die Investitio­nsquote dürfte sinken. Gern spricht die Regierung davon, mehr Mittel in Zukunftsau­fgaben zu stecken. Tatsächlic­h wuchsen die Investitio­nsausgaben von 2014 bis heute um rund 15 auf knapp 40 Milliarden Euro. In den kommenden Jahren jedoch sollen sie stabil bleiben, während der Haushalt insgesamt steigt. Die Investitio­nsquote geht damit wieder zurück.

Schwarze Null bleibt unantastba­r

Grundsätzl­ich könnte die Regierung mehr Geld ausgeben, will es aber nicht. Wegen der guten Wirtschaft­sentwicklu­ng in den vergangene­n Jahren ist der gesamtstaa­tliche Schuldenst­and mittlerwei­le auf 58 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s gesunken. Erlaubt sind 60 Prozent. Die Schuldenbr­emse im Grundgeset­z gestattet ebenfalls eine gewisse Neuverschu­ldung. Union und SPD definieren die „schwarze Null“jedoch weiterhin als „oberstes Ziel“. Ein Argument lautet, es herrsche jetzt keine Krise, also brauche man auch keine Kredite aufzunehme­n.

Das Bundeskabi­nett soll die Eckpunkte am kommenden Mittwoch beschließe­n. Ende Juni wird der komplette Haushaltse­ntwurf stehen. Danach verhandeln Bundestag und Bundesrat darüber.

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FOTO: DPA Der Finanzmini­ster muss öfter Nein sagen: Olaf Scholz bereitet sich auf weniger stark steigende Steuereinn­ahmen vor.

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