Schwäbische Zeitung (Wangen)

Das Entwicklun­gsminister­ium fürchtet um sein Budget

Deutlich weniger Geld für Projekte geplant – Minister Müller nennt Scholz’ Pläne „zynisch und inakzeptab­el“

- Von Christoph Arens

BERLIN (KNA) - Im November hatte er noch gejubelt: Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) freute sich, dass der Haushalt seines Ministeriu­ms für 2019 um rund 800 Millionen Euro aufgestock­t wurde und damit erstmals über zehn Milliarden Euro (10,25 Milliarden Euro) lag. „Das ist ein deutliches Signal. Wir kommen damit unseren internatio­nalen Verpflicht­ungen nach“, erklärte er stolz.

Vier Monate später herrscht bei Gerd Müller Katzenjamm­er. Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) will den Haushalt des Entwicklun­gsminister­iums im Jahr 2020 bei 10,2 Milliarden Euro einfrieren und ab 2021 sogar absenken. Dann sind nur noch 9,3 Milliarden Euro eingeplant. Seit dem Wochenende macht der CSU-Politiker mobil. In mehreren Interviews warf er dem Kassenwart der Bundesregi­erung vor, die Arbeitsfäh­igkeit seines Ministeriu­ms zu gefährden. Anders als im Koalitions­vertrag vereinbart, werde der Etat des Entwicklun­gsminister­iums auch nicht parallel zu dem des Verteidigu­ngsministe­riums ansteigen.

Ungewöhnli­che Einmischun­g

Dass ein Minister noch kurz vor der Kabinettsb­efassung dem Haushaltse­ntwurf des Finanzmini­sters öffentlich widerspric­ht, ist nach Einschätzu­ng von Experten ziemlich ungewöhnli­ch. Müllers Beamte rechnen vor, dass allein im kommenden Jahr mehrere Hundert Millionen für die Afrika-Hilfe und den Klimaschut­z in den Entwicklun­gsländern fehlen. Insgesamt schätzt das Entwicklun­gsminister­ium die Lücke bis 2023 auf bis zu sieben Milliarden Euro.

Deutschlan­d werde seine internatio­nalen Verpflicht­ungen, insbesonde­re im Klimaberei­ch, nicht erfüllen können, wettert Müller. „Allein hier beträgt die Finanzieru­ngslücke 500 Millionen Euro“, sagte der CSU-Politiker dem „Handelsbla­tt“. „Ausgerechn­et in dem Jahr, in dem die UN einen Sonder-Klimagipfe­l plant, wäre ein solches Zeichen fatal.“

Für Empörung sorgt beim CSUPolitik­er auch, dass Scholz offenbar beim Haushalt des Verteidigu­ngsministe­riums zu einem Trick greifen will, um die Ausgaben für die Nato zu erhöhen. So sollen Mittel aus Müllers Etat, etwa für den Wiederaufb­au im Irak, der Nato-Quote hinzugerec­hnet werden. „Das ist ein schlimmer Etikettens­chwindel und ein Haushaltst­rick des Finanzmini­sters, der niemandem hilft“, sagte Müller dem „Handelsbla­tt“. „Humanitäre Projekte wie den Aufbau von Schulen und die Versorgung notleidend­er Menschen auf die Rüstungsqu­ote bei der Nato anzurechne­n ist zynisch und inakzeptab­el.“Dies zeuge von mangelnder Wertschätz­ung auch gegenüber der Arbeit der Entwicklun­gspartner wie Nichtregie­rungsorgan­isationen und Kirchen.

Müller bekommt Rückendeck­ung

Rückendeck­ung erhielt der Minister von Entwicklun­gsorganisa­tionen wie der Deutschen Stiftung Weltbevölk­erung (DSW), Oxfam Deutschlan­d, Plan Internatio­nal, Save the Children und World Vision. In einer am Montag verbreitet­en Erklärung heißt es, die Regierung müsse einen konkreten Plan vorlegen, wie sie ihre Verpflicht­ung erreichen wolle, 0,7 Prozent der Wirtschaft­sleistung in Entwicklun­gszusammen­arbeit zu investiere­n.

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