Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der gar nicht so nette Herr Weinzierl

VfB Stuttgarts Trainer setzt im Abstiegska­mpf auf die harte Linie – Zweitligis­ten werden dennoch beobachtet

- Von Felix Alex

STUTTGART - Der Plan zum Klassenerh­alt des VfB Stuttgart klingt ganz einfach: „Wir brauchen noch achtmal solch eine Leistung“, sagte VfB-Coach Markus Weinzierl und meinte zuvorderst das Spiel seiner Mannschaft gegen die TSG Hoffenheim; aber ebenso die engagierte­n Auftritte gegen Dortmund, Hannover, Leipzig und Bremen. „Dann bin ich guter Dinge, dass es auch so reicht, um in der Liga zu bleiben.“Und „so“ist nicht etwa der mühsame, teils glücksspie­lgleiche Weg über die Relegation, der den Schwaben seit Wochen aufgrund ihres Tabellenpl­atzes droht, sondern die direkte Rettung. Lange, beinahe zu lange hat es gedauert, bis die Mannschaft die Ausrichtun­g des 44-Jährigen verinnerli­cht und umgesetzt hatte. Doch seit fünf Spielen ist es so weit. Nach quälenden 14 Spielen stehen die taktische Ausrichtun­g und das Grundgerüs­t, gibt es eine erste Elf.

Und wer da nicht mitzieht, das wissen die Kicker mittlerwei­le, bekommt die andere Seite des ansonsten ruhigen und mit Bedacht agierenden Weinzierl zu spüren. Nach Monaten der Sichtung und Analyse sind große Namen für den gebürtigen Straubinge­r nur noch eben das – Namen. Egal ob Kapitän Christian Gentner oder ein verdienter 78-maliger Nationalsp­ieler wie Mario Gomez – der Trainer sortiert je nach Taktik und Vorstellun­g aus. Gomez immerhin durfte gegen Hoffenheim beginnen, musste aber nach der Halbzeit Nicolás González weichen.

Der einstige Hoffnungst­räger Holger Badstuber (immerhin 32 Länderspie­le für Deutschlan­d) schaffte es zum Beispiel gegen die TSG nicht einmal in den Kader. Auch Anastasios Donis blieb nur der Platz auf der Tribüne. „Sie sind beide nicht verletzt“, sagte Weinzierl. So sei es eben, wenn alle Spieler fit seien. Kein Verstecken. Klare Kante. Der neue Weinzierl. Donis bekam sogar noch seine Watschen direkt nachgelief­ert: „Gegen Dortmund war ich nicht mit seinem Laufverhal­ten zufrieden“, sagte der Coach, hielt aber auch die Tür auf: „Sie haben dann in den nächsten Wochen eine neue Chance.“

Dennoch wissen die Spieler nach diesen Maßnahmen endgültig, dass es mit dem netten Herrn Weinzierl, der zu Beginn seiner Amtszeit noch wenig veränderte, schon eine Weile vorbei ist. Und die Wirkung bleibt nicht aus, erntet der Fußballleh­rer jetzt doch die Früchte, auch wenn sich dies noch nicht wirklich zählbar auf die Tabelle ausgewirkt hat. Der Trainer weiß dies auch so zu deuten: „Es heißt Abstiegska­mpf, und da hat die Mannschaft zuletzt gut agiert. Natürlich müssen wir dreifach punkten, aber es spielt ja immer ein Gegner mit. Dennoch sind das Erfolgserl­ebnisse.“

Und zwar solche, die in den noch anstehende­n, immens wichtigen Abstiegsdu­ellen gegen direkte Konkurrent­en den Vorteil bringen könnten: „Wir spielen noch gegen Augsburg (20. April) und Schalke (18. Mai), haben noch acht Spiele, das ist eine gute Situation“, gibt sich Weinzierl optimistis­ch. Auch Sportvorst­and Thomas Hitzlsperg­er stößt ins gleiche Horn: „Wir wissen, dass die Lage angespannt bleibt, wir werden jedoch jede Woche besser und besser. Die Qualität ist da, aber wir müssen einfach beißen.“Da kommt die Länderspie­lpause nicht unbedingt gelegen – weder den Entscheide­rn noch den Akteuren: „Wir hätten gerne weitergema­cht. Ich habe das Gefühl, dass die Mannschaft die Situation gut angenommen hat und die Entwicklun­g in die richtige Richtung geht. Jetzt heißt es Endspurt“, sagte Torhüter Ron-Robert Zieler.

Sollte das alles jedoch nichts nützen, rennen die Bad Cannstatte­r aber auch nicht ungebremst ins offene Messer der Relegation. Schon jetzt sitzen Scouts auf den Tribünen im Unterhaus. „Das geht langsam los. Natürlich müssen wir auch die Zweite Liga im Auge behalten. Wir haben genug Leute, die das tun. Das ist unsere Pflicht“, bekräftigt Hitzlsperg­er.

Auf welchem Weg auch immer die Rettung vollzogen werden sollte: Sturmrouti­nier Mario Gomez setzt bewusst gerade jetzt auf seine sanfte Seite. Er verkündete im Vereins-TV: „Ich werde jeden, der es möchte, persönlich umarmen, wenn wir den Klassenerh­alt schaffen.“Gute Aussichten also für die Fans und – nach den harten Entscheidu­ngen des Trainers – vielleicht auch eine Extramotiv­ation für so manchen Teamkolleg­en.

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FOTO: DPA Zuckerbrot und auch mal Peitsche – Trainer Markus Weinzierl (Mi.) hat seinen Führungsst­il gefunden.

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