Es geht um den Zusammenhalt
Umfragen sollte man nie überbewerten. Oft sind sie so formuliert, dass der jeweilige Auftraggeber gut dabei wegkommt. Bei der Migrations-Studie der SPDnahen Friedrich-Ebert-Stiftung ist das etwas anders. Denn die Antworten der Befragten sind eine Fundamentalkritik an der Fähigkeit der Regierung, Probleme zu lösen.
Wenn zwei Drittel der Befragten äußern, dass die Koalition von CDU/ CSU und SPD keinen gemeinsamen Plan habe, wie mit Flüchtlingen künftig verfahren werden soll, dann ist das eine klare Ansage – und eine Tatsache. Weder auf europäischer Ebene noch innerhalb Deutschlands gibt es einen Konsens über diese Frage – nicht einmal in der Koalition. Zwar bastelt das Haus von Innenminister Horst Seehofer pausenlos an Gesetzen zur Verschärfung des Ausländerrechts. Aber um wichtige Fragen wie die Finanzierung der Integrationskosten wird zwischen Bund und Ländern ausgiebig gefeilscht. Das ist in Zeiten absehbar knapper werdender Kassen gängig, verstärkt allerdings den Eindruck, dass die Politik nicht zu Potte kommt.
Nicht nur dieser Befund muss Sorgen bereiten. Die Befürchtungen eines Großteils der Befragten vor einer Zunahme des Rechtsextremismus und gleichzeitig vor einem wachsenden Einfluss des Islams zeigen, dass sich einige Ängste nicht einfach dem traditionellen LinksRechts-Spektrum zuordnen lassen. Also müssen die Antworten anders ausfallen, als die eingeübten Rituale der politischen Auseinandersetzung.
Es geht um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, letztlich also um nichts anderes als eine Stärkung der verunsicherten Mitte der Gesellschaft. Das sind jene Menschen, die mit Blick auf die Flüchtlingsfragen und die Globalisierung zwischen dem Optimismus der Weltoffenen und dem Pessimismus der national Gesinnten schwanken. Sie benötigen Sicherheit und eine klare Wegbeschreibung, wo es mit Deutschland hingehen soll. So schwierig das auch ist, diesen Auftrag muss die Politik annehmen. Dann kann es gelingen, eine Abwanderung an die politischen Ränder einzudämmen.